Was jetzt gegen Inflation schützt

Trotz der jüngsten Kursabstürze an den Börsen schützt vor allem eines gegen Inflation: Aktien. NEWS hat sich angeschaut, was man mit 1.000 investierten Euro in den vergangenen zehn Jahren verdienen konnte und welche Veranlagungen die Kaufkraft erhalten.

von Geld - Was jetzt gegen Inflation schützt © Bild: Dieter Spannknebel/Getty Images

Eine Hiobsbotschaft jagt die andere: Wir haben die Covid-Pandemie nicht im Griff. Aggressor Wladimir Putin droht, den Krieg auszuweiten. Hohe Inflation. Energieknappheit. Warm anziehen, heißt es daher, und dies nicht nur im kommenden Winter. Alles wird teurer und das langfristig, warnt die Oesterreichische Nationalbank in ihrer jüngsten Prognose. Demnach bleibt die Inflation bis 2024 hoch. Für 2022 rechnet die OeNB für Österreich mit Preissteigerungen von satten 7,6 Prozent. Sie geht auch 2023 noch mit einer Inflationsrate von fünf Prozent aus. Selbst 2024 dürfte man mit einem Anstieg der Verbraucherpreise um 3,2 Prozent noch nicht das Inflationsziel der Europäischen Zentralbank von zwei Prozent wieder erreichen. Viele Experten gehen sogar davon aus, dass wir uns noch länger auf Inflationsraten von drei bis vier Prozent pro Jahr einstellen müssen.

Was kann man also tun, um sein sauer erspartes Vermögen nicht zu verlieren? NEWS hat sich dafür mit Stefan Bruckbauer, Chefökonom der Bank Austria, angeschaut, welche Veranlagungen in den letzten zehn Jahren in Österreich am besten vor Inflation geschützt haben (siehe Grafik). Das Ergebnis ist eindeutig: Hätte man sein Erspartes in globale Aktien gesteckt, hätte man am besten verdient. "Grundsätzlich sind natürlich die letzten zehn Jahre mit niedriger Inflation eine willkürliche Auswahl. Andere Zeiträume könnten ein anderes Bild geben", betont Stefan Bruckbauer. Doch auch die längerfristigen Analysen zeigten fast immer das gleiche Bild, so der Ökonom, "Reale Investitionen wie Aktien oder auch Immobilien bieten langfristig den besten Inflationsschutz. Allerdings bergen sie auch mehr Verlustrisiko. Daher ist eine Streuung besonders wichtig, was bei Aktien vor allem durch Fonds gelingen kann, bei Immobilien tatsächlich etwas schwieriger ist. Auch gibt es ein Bedürfnis nach Liquidität, die gerade bei Immobilien eingeschränkt ist, aber auch bei Aktien, also bei Unternehmensanteilen, nicht so gegeben ist."

NEWS hat einen Doppel-Check gemacht und auch bei Claudia Figl, Partnerin bei der Bank Gutmann AG, nachgefragt, was man mit 1.000 Euro in den letzten zehn Jahren je nach Investment verdient hätte. Sie kommt zum ähnlichen Ergebnis: Trotz der Rückschläge im ersten Halbjahr 2022 hätte man zum Stand 20. Juni mit globalen Aktien etwa 3.500 Euro im Depot. Mit Immobilien hätte man sein Vermögen durch die niedrigen Zinsen und damit günstigen Finanzierungskosten auf 2.000 Euro verdoppelt. Mit Gold und europäischen Anleihen (Messlatte Barclay's Euro Aggregate 1-10 Jahre) hätte man real zwar keinen nennenswerten Zuwachs erwirtschaftet, aber zumindest die Inflation reinverdient und somit die Kaufkraft erhalten. Mit Silber hätte man auch das nicht geschafft.

Was man oft vergesse, so Ökonom Stefan Bruckbauer, sei, dass neben den Sachwerten Aktien und Immobilien auch "Einzahlungen in das staatliche Pensionssystem in Österreich einen gewissen Inflationsschutz bieten, da die Pensionen meist an die Inflation angepasst werden."

Ohne Risiko geht nichts

Was leider Fakt ist: Wer nichts riskiert, kann heute sein Vermögen nicht mehr schützen. Um die Chance auf einen Ertrag zu haben, der über der Inflationsrate liegt, muss man ein Verlustrisiko eingehen. Denn mit als sicher geltenden Werten wie österreichischen oder deutschen Staatsanleihen verliert man leider Geld. Bei deutschen Bundesanleihen wird derzeit eine Rendite von 1,2 bis 1,3 Prozent geboten - bei der aktuellen Inflation ein Mega-Verlustgeschäft. Qualitätsaktien sind da der bessere Inflationsschutz. Dafür muss man zwischenzeitlich bei Unternehmensanteilen - nichts anderes sind Aktien - hohe Wertschwankungen verkraften.

»Einzahlungen in das staatliche Pensionssystem bieten auch einen gewissen Inflationsschutz. Pensionen werden meist an die Inflation angepasst«

"Überprüfen Sie daher den eigenen Risikoappetit", rät Privatkunden-Betreuerin Claudia Figl, "habe ich Risiko in mein Portfolio genommen, mit dem ich mich nicht mehr wohlfühle? Sind die Anlagen zu spekulativ?" Wenn man nicht mehr gut schlafen kann, kann das nämlich daran liegen, dass man zu viel oder die falschen Wertpapiere im Portfolio hat. Dann sollte man sein Depot durchforsten, eventuell mit einem versierten Finanzberater. Wichtig ist in jedem Fall, das Verlustrisiko nicht nur auf verschiedene Aktien, sondern auch auf verschieden Anlageformen zu streuen, selbst wenn derzeit fast alles nach unten zu gehen scheint. Also nicht alles nur in Aktien, nur in Immobilien, nur in Anleihen oder nur in Gold zu investieren.

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Einen Plan haben

Wichtig ist sich jetzt, sich den Überblick über seine Vermögenswerte zu verschaffen und nicht die Augen vor den Verlusten zu verschließen. Ein typischer Anlegerfehler ist da, die aktuellen Kurse mit den Kaufkursen zu vergleichen und entsprechend eine Kauf-und Verkaufsentscheidung zu fällen. Die richtige Frage wäre hier: Würde ich die Aktie oder Anleihe heute nochmals kaufen oder nicht. Wenn nicht, sollte man an einen Verkauf denken. Wer sich schwer tut, beim Anlegen zu disziplinieren, tut sich am leichtesten mit Sparplänen, in die man regelmäßig die gleiche Summe in die gleichen Anlageprodukte einbezahlt und jetzt vor allem nicht aufhört, einzuzahlen. Denn bei niedrigen Kursen bekommt man ja für dasselbe Geld mehr Anteile.

Welche Anlageformen wie gegen die Inflation schützen - ein Überblick:

Vermögensfresser Sparkonten

Nicht erst seit dem massiven Anstieg der Inflationsraten in den letzten Monaten, sondern schon in den vergangenen Jahren haben Sparer massiv ihre Ersparnisse vernichtet, ohne etwas dagegen zu unternehmen. Umso tragischer, als das Sparbuch gerade in Österreich zu den beliebtesten Sparformen zählt. Es wird einfach überschätzt, was man wirklich als "eiserne Reserve" für den Notfall an täglich fälligen Einlagen benötigt. Die Denkfabrik Agenda Austria hat berechnet, dass die Österreicherinnen heuer rund 6,2 Milliarden Euro innerhalb eines Jahres auf ihren Sparbüchern verlieren, weil die Verzinsung unter der Inflationsrate liegt. Bei Girokonten könnten es sogar 13,6 Milliarden sein. Wenn die Inflation so hoch bleibt, werde sich der Wert der Sparguthaben der Österreicher um fast sieben (!) Prozent verringern. Fazit: Kein guter Inflationsschutz und dennoch liegen laut Oesterreichischer Nationalbank rund 93 Milliarden Euro auf den Sparbüchern und weitere 202 Milliarden Euro auf anderen Konten.

Aktien schützen vor Inflation

In der Vergangenheit hatte man mit Aktien die besten Chancen, langfristig eine reale Rendite zu erwirtschaften. Wie die aktuellen Verluste an der Börse jedoch zeigen, kann man mit Aktien kurzfristig aber massive Verlust einfahren. Deshalb ist es ja so wichtig, einen langen Anlagehorizont bei Beteiligungen an börsenotierten Unternehmen zu haben und das Risiko auf unterschiedliche Aktien von soliden Unternehmen zu streuen. Das geht bei einem moderaten leichter mit dem Kauf von Fondanteilen. Fonds investieren in einen Strauß von Aktien, an denen man dann indirekt beteiligt ist. Exchange Traded Funds, sogenannte ETFs verzichten auf einen aktiven Fondsmanager, kaufen einfach die Zusammensetzung eines Index nach und können so deutlich spesengünstiger sein. Für sein Kerninvestment, wo man nicht gleich in sehr spezialisierte Einzelunternehmen oder sehr eng gefasste Themenfonds investieren sollten, sind breit gestreute ETFs ein guter Start. Am beliebtesten sind hier ETFs, die den bekannten MSCI World nachbilden, womit man mit dem Kauf von ETF-Anteilen gleich in 1.600 Aktien aus 23 Industriestaaten investiert. Wer in die ganze Welt, also auch in die aufstrebenden Schwellenstaaten, den Emerging Markets, investieren möchte, kann einen ETF wählen der den MSCI All Country World-Index abbildet und sich damit knapp 3.000 Aktien aus 23 Industriestaaten und aus 24 Schwellenstaaten ins Portfolio holen. Damit ist man auch zu einem beträchtlichen Anteil in China veranlagt.

»Überprüfen Sie Ihren eigenen Risikoappetit«

Es ist allerdings nicht so, dass gerade eine langfristig hohe Inflation nicht auch dem Aktienmarkt schadet, zumal sie an den Margen der Unternehmen knabbert, weil auch die Löhne und die Rohstoffe steigen. Deshalb ist gerade jetzt Qualität so wichtig, also in Aktien von preismächtigen Unternehmen zu investieren, betont Stefan Kerschbaumer, Wealth Planing Schöllerbank Bank AG. Das sind vor allem Hersteller jener Markenartikel, für die die Konsumenten ohne mit der Wimper zu zucken auch mehr bezahlen: Marken-Handys, -Lebensmittel, Luxusmarken und Gesundheits-Güter und Dienstleistungen, aber auch beliebte, an sich preiswerte Gastro-Ketten. Auch Energieversorger bieten in der Regel einen besseren Inflationsschutz.

Verlierer der hohen Teuerung sind vor allem die jüngsten Investorenlieblinge, die Technologiewerte. Was allerdings nicht heißt, dass innovative Unternehmen mit guten Geschäftsmodellen, einer wertvollen Marke und genügend Cash in den Büchern langfristig bei den derzeit günstigen Einstiegspreisen nicht auch ein guter Inflationsschutz sein können. Genannt werden häufig Microsoft, Amazon oder Google. Es ist nur so, dass Technologie-Aktien viel in Innovation investieren, die erst in der Zukunft Erträge erzielen und deren Gewinne jetzt bei steigenden Zinsen höher abdiskontiert werden -und die somit weniger positiv zu Buche schlagen.

Anleihen schützen jetzt nicht vor Inflation

Langsam steigende Zinsen sind Gift für Anleihen. Denn den Ertrag einer Anleihe macht ja nicht nur der Zinskupon, sondern auch der Kurs der Aktie aus. Steigen die Zinsen, fallen die Kurse von den bereits verkauften Anleihen, die noch geringer verzinst sind. Das gibt in Summe weniger Rendite. Und je länger die Restlaufzeit ist, desto negativer wirken sich Zinserhöhungen auf die Kurse der Anleihen aus. Vorsicht! Die gerne angepriesenen inflationsgeschützten Anleihen sind derzeit kein gutes Investment. Bei ihnen steigt die Verzinsung mit der Teuerungsrate und trotzdem ist damit nicht unbedingt ein Inflationsschutz garantiert. Dies, weil sie momentan nur teuer zu haben sind. Denn ihr Preis hängt nicht von der tatsächlichen Inflation, sondern von der vom Markt erwarteten zukünftigen Teuerungsrate ab, die aktuell deutlich höher ist. Die Inflationserwartungen sind schon zurückgekommen, aber immer noch zu hoch, wie viele Experten meinen. Deshalb kauft man "Inflation-Linker" jetzt noch zu teuer.

Immobilien als Inflationsschutz

Neben Aktien sagt man Immobilien nach, dass sie sehr gut gegen Inflation schützen. Weil sie nicht beliebig und rasch vermehrbar sind und Mieteinnahmen in der Regel inflationsgesichert sind. Vorausgesetzt man hat Mieteinnahmen! Deshalb sind drei Dinge beim Immobilien-Kauf ja so wichtig: Lage, Lage, Lage. Daneben spielen Preis und Zustand des Objekts eine Rolle. Es braucht jedenfalls eine gute Beratung, damit die Mieteinnahmen auch die Finanzierungskosten übersteigen. Die sind sogar bereits vor der Zinserhöhung durch die EZB deutlich gestiegen. In den letzten Jahren ist der Immobilienmarkt heiß gelaufen. Die Mieten sind zwar gestiegen, aber nicht mehr so stark wie die Kaufpreise. Grundsätzlich sollte man sich eine Immobilie als Wertanlage suchen, in die man selbst auch einziehen würde. Doch das beste Immo-Investment ist die eigengenutzte Immobilie. Damit erspart man sich die Miete, die bei Inflation auch steigt. Allerdings sind Immobilien, wie der Name schon sagt, immobil. Da könnte der hochverschuldete Staat bei Vorsorgewohnungen auf die Idee kommen, Abgaben und Steuern zu erhöhen.

»Genau dort zu investieren, wo die Preise am stärksten steigen«

Gold schützt nicht zwingend

Gold wird nachgesagt, ein guter Inflationsschutz zu sein. Dass dem kurzfristig nicht so ist, zeigt der aktuell vergleichsweise noch niedrige Goldkurs. Denn einerseits gilt Gold bei den Anlegern als "sicherer Hafen". Andererseits tun dem Goldpreis steigende Zinsen nicht gut, weil Gold ja keinen Zins oder Ertrag abwirft. Bei steigenden Zinsen ziehen die Anleger daher wieder verzinste Investmentalternativen dem Gold vor. Dass der Goldpreis in Euro aktuell dennoch vergleichsweise stabil ist hängt auch mit dem hohen Dollar und den Währungsgewinnen bei Gold für Europäer zusammen. Denn Gold und andere Metalle notieren in der Regel in Dollar.

Metalle - Investieren in die Preistreiber

"Ein pragmatischer Schutz gegen Inflation ist, genau dort zu investieren, wo die Preise am stärksten steigen, beispielsweise in jene strategischen Rohstoffe, die man für die Energiewende benötigt, etwa für die nachhaltige Stromerzeugung", empfiehlt Benjamin Louvet von der größten französischen Fondsgesellschaft OFI. Da Investments in Rohstoffe aber diffizil, schwankungsanfällig und intransparent sind, weil man nicht direkt in die Rohstoffe investiert und sie dann im Keller bunkert, sondern Kontrakte kauft, die man immer neu abschließen muss, sollte man in Rohstoffe insgesamt, Gold und Silber inbegriffen, nur fünf bis zehn Prozent seines Anlagevermögens stecken.

Versicherungen sind keine Vermögensgarantie

Klassische Versicherungen zählen bei steigender Inflation zu den Verlierern. Da sie die Einzahlungssumme plus einen minimalen Zins garantieren müssen, befinden sich im Anlagetopf, sprich Deckungsstock, einer Er-und Ablebensversicherung zum großen Anteil Anleihen. Mit den Erträgen ist es schwierig, alleine die Versicherungssteuer, Abschluss- und Verwaltungskosten abzudecken, so die Schöllerbank AG. Wer sich dennoch mit einer Versicherungslösung wohler fühlt und sicher nicht frühzeitig das Geld braucht, dem sind fondsgebundene Lebensversicherung zu empfehlen, die zwar keinen Betrag garantieren. Dafür bieten sie die Chance, die Inflation zu schlagen. Denn Fondsgebunde veranlagen einen Großteil des Vermögens auch in Fonds und ETFs.

Fixzins-Kreditnehmer als Inflationsgewinner

Kreditnehmer, das sind nicht nur die privaten Haushalte, sondern auch Unternehmen und Staaten, die Anleihen, das sind Schuldverschreibungen begeben, gewinnen bei steigenden Inflationsraten. Denn der in der Zukunft fixierte Rückzahlungsbetrag verliert an Kaufkraft. Mit der Inflation wird alles teurer, aber nicht die Kreditschuld. Deshalb haben zuletzt auch Unternehmen sich noch mit günstigen Kreditlinien eingedeckt. Doch Vorsicht: Kredite, bei denen man eine variable Verzinsung beim Abschluss vereinbart hat werden natürlich mit steigenden Zinsen teurer. Eine Umschuldung auf einen Fixzinssatz bringt dann meist auch nur noch Kosten.

Ob variabel oder fix verzinst: Am Ende des Tages muss man seine Schulden zurückzahlen können.

Der Beitrag erschien ursprünglich im News 31+32/2022.