Was Sie beim Gebrauchtwagenkauf beachten müssen [Tipps]

Was gilt es beim Kauf eines Gebrauchtwagens zu beachten? Welche Gebrauchtwagen verkaufen sich am besten? Experten geben Antworten.

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Im vergangenen Jahr sind in Österreich, laut Statistik Austria, 841.196 Gebrauchtwagen zugelassen worden. Doch der Kauf eines Gebrauchtwagens birgt Risiken. "Für den Laien sind manche Mängel nicht erkennbar, dann kann aus dem vermeintlichen Schnäppchen eine Kostenfalle werden", weiß Nikolaus Authried, Leiter der ÖAMTC-Rechtsberatung für Wien, Niederösterreich und das Burgenland.

Was gilt es beim Kauf eines Gebrauchtwagens zu beachten? Wo sollte man einen Gebrauchtwagen kaufen? Und gibt es günstige Zeitpunkte um einen Gebrauchtwagen zu kaufen? News.at hat die Experten vom ÖAMTC rund um das Thema befragt.

Inhaltsverzeichnis:
Was gilt es beim Kauf eines Gebrauchtwagens zu beachten?
Grundsätzlich zu beachten
Von Außen zu beachten
Im Innenraum zu beachten
Bei der Probefahrt zu beachten
Wo sollte man einen Gebrauchtwagen kaufen?
Was ist wichtiger beim Kauf: Baujahr oder Kilometerstand?
Gibt es günstige Zeitpunkte um einen Gebrauchtwagen zu kaufen?
Welche Gebrauchtwagen verkaufen sich am besten?
Was gilt es bei der Bezahlung zu beachten?

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Was gilt es allgemein beim Kauf eines Gebrauchtwagens zu beachten?

ÖAMTC-Jurist Nikolaus Authried sagt dazu

  • Kein Fahrzeug kaufen, das man nicht selbst besichtigt hat und probegefahren ist
  • Privatkauf: Eigentümernachweis und Identität prüfen (Kaufvertrag)
  • Alles mündlich Besprochene schriftlich festhalten
  • Ankaufstest, beispielsweise beim ÖAMTC, machen
  • Bei Inseraten/Anzeigen diese zur Vergleichsmöglichkeit und später als Nachweis aufheben
  • Die Zustandsbeschreibung im Kaufvertrag mit dem – soweit erkennbar – tatsächlichen Zustand vergleichen: nicht unterschreiben, wenn das Fahrzeug im Vorfeld hochgelobt worden ist und dann „nur“ als gerade noch pickerltauglich oder gar als „Bastlerfahrzeug“ beschrieben wird.

ÖAMTC-Techniker Steffan Kerbl sagt dazu

Grundsätzlich

  • Nehmen Sie einen Begleiter mit zur Besichtigung; vier Augen sehen mehr als zwei und Sie werden nicht so leicht eine voreilige Entscheidung treffen.
  • Besorgen Sie sich vor Besichtigung des Fahrzeugs Informationen und Bildmaterial, wenn Sie auf eine Autotype wechseln, die sie noch nicht kennen.
  • Informieren Sie sich bei ÖAMTC, Werkstätten oder Konsumentenschutzorganisationen, über allenfalls bekannte Stärken und Schwächen des Fahrzeugmodells.
  • Wer nicht technisch versiert ist, sollte einen Ankaufstest, beispielsweise beim ÖAMTC, machen lassen.

Von Außen

  • Wagen immer bei Tageslicht und nicht in nassem Zustand besichtigen – so können Unterschiede in der Lackqualität, Kratzer und Steinschläge leichter erkannt werden.
  • Achten Sie auf den Verlauf der Spalten zwischen Türen, Motorhaube und Karosserie, sie sollten gleichmäßig verlaufen, andernfalls könnte das Fahrzeug nach einem Unfall unsachgemäß repariert worden sein.
  • Spezielles Augenmerk auf die Radkästen, diese rosten meist zuerst.
  • Auch bei den Scheiben- und Türdichtungen findet sich auch Rost.
  • Wie sehen die Felgen aus? Kratzer sind zulässig, Dellen und Risse nicht.
  • Achten Sie auf die Reifen! Es müssen zumindest je Achse Reifen der gleichen Type montiert sein.
  • Sind die Scheinwerfer in Ordnung? Sie dürfen keine Sprünge oder Risse aufweisen und sollten nicht innen feucht sein.

Im Innenraum

  • Kilometerstand überprüfen, notieren und später mit dem Eintrag am §57a-Gutachten vergleichen.
  • Überprüfen Sie in aller Ruhe alle Schalter und Regler. Hier ist ein Begleiter besonders hilfreich, da er von außen gleich die Funktion der Beleuchtungsanlage prüfen kann.
  • Sind Teile der Stoff- oder Kunststoffverkleidungen locker deutet dies auf vormalige Reparaturarbeiten hin.
  • Ist das Lenkrad stark abgegriffen und die Pedalgummis verschlissen, wurden entweder viele Kilometer abgespult oder viel im Stadtgebiet gefahren.
  • Hat das Armaturenbrett Risse von der Sonne oder die Instrumente Kratzer?
  • Schließlich sollten Sie noch prüfen ob das Fahrzeug vollständig ausgestattet ist, also Bedienungsanleitung, Bordwerkzeug, Ersatzreifen/Pannenset etc. besitzt.

Bei der Probefahrt

  • Fahrverhalten prüfen: der Wagen darf nicht zu einer Seite hin ziehen, beim Überfahren von Bodenwellen oder Kanaldeckeln etc. darf keine Reaktion in der Lenkung spürbar sein und der Wagen darf nicht nachschaukeln, sonst sind die Stoßdämpfer fällig.
  • Bremsen prüfen: an einer geeigneten geraden Stelle führen Sie mehrmals hintereinander starke Bremsungen durch und halten das Lenkrad dabei locker. Das Fahrzeug darf beim Bremsen nicht nach einer Seite ziehen. Wie fühlt sich der Pedaldruck an und sind metallische Geräusche hörbar? Die Bremsen könnten am Verschleißlimit sein oder Luft ist in den Leitungen.
  • Wie lassen sich die Gänge schalten? Besonders beim Runterschalten müssen die Gänge problemlos und ohne Schergeräusche einzulegen sein.
  • Der Motor sollte vor Beginn der Fahrt kalt sein, so kann das Startverhalten besser beurteilt werden und auch durch Verschleiß oder defekte Teile hervorgerufene Geräusche hört man deutlicher.
  • Wie schnell springt der Motor an? Wie stark hört sich der Starter an? Im Normalfall springt jeder intakte Motor spätestens nach dem zweiten Startversuch an.
  • Der Leerlauf muss gleichmäßig und ohne Drehzahlschwankungen sein.
  • Funktionieren die Instrumente wie Tachometer, Kilometerzähler, Drehzahlmesser Motorkontrollanzeigen etc.?
  • Funktioniert die Heizung?

Grundsätzlich gilt: Nichts übereilen! Eine Kaufentscheidung sollte nie voreilig getroffen werden. Bei Verkäufern, die mit Verweis auf andere Interessenten auf einen schnellen Abschluss drängen, gilt es besonders kritisch zu sein. Das trifft gerade bei vermeintlichen "Schnäppchen" zu.

Wo sollte man einen Gebrauchtwagen kaufen? Welche Vor-Nachteile haben Internetseiten, Privatverkäufe etc

Sowohl beim Kauf eines Gebrauchtwagens vom Händler als auch von Privat gilt es, mit Bedacht vorzugehen. "Rechtlich besser gestellt ist man jedenfalls beim Kauf von einem Händler, da dieser die Gewährleistung nicht gänzlich ausschließen kann. Ist ein Fahrzeug vor über einem Jahr zugelassen worden, ist jedoch eine Reduktion der Gewährleistung von zwei Jahren auf eines möglich" erläutert der ÖAMTC-Experte. Allerdings bedeutet das nicht, dass der Verkäufer für alle Mängel einstehen muss – es kommt vielmehr darauf an, was vereinbart ist. Ein Privater hingegen kann die Gewährleistung beim Verkauf weitgehend ausschließen.

© Shutterstock/4 PM production

ÖAMTC-Jurist Nikolaus Authried sagt dazu

  • Als Käufer ist man bei einem Händler jedenfalls besser abgesichert – der Händler muss für die Verkehrs- und Betriebssicherheit einstehen und Gewährleistung geben.
  • Kfz beim Kauf vom Privaten tendenziell günstiger (Steuer- und Zwischenhändleraufschlag entfällt)
  • Texte von Anzeigen/Inseraten sind u.U. relevant für Vertragsauslegung oder mögliche Anfechtung
  • Nicht auf Online-Tricksereien reinfallen (vgl. https://www.watchlist-internet.at/kleinanzeigen-betrug/ ) – sowohl als Käufer als auch als Verkäufer.
  • Seriosität des Händlers prüfen (Online-Recherche, Meinungen, etc.)

ÖAMTC-Techniker Steffan Kerbl sagt dazu

Der Händler ist Gewährleistungspflichtig, die Privatperson kann das im Kaufvertrag ausschließen. Oft sind Gebrauchtfahrzeuge beim Händler auch nicht viel teuer, es gibt Finanzierungsmöglichkeiten und sollte doch ein Mangel auftreten, wird ein Händler, der auch über eine Werkstatt verfügt, eher in der Lage sein den Mangel zu beseitigen. Wer technisch versiert ist und das Risiko eines Mangels eingehen kann, spart sich aber beim Privatkauf ein paar Euro.

Was ist wichtiger beim Kauf: Baujahr oder Kilometerstand?

ÖAMTC-Techniker Steffan Kerbl sagt dazu

Ein Fahrzeug verschleißt sowohl zeitlich bedingt als auch durch die Nutzung. Manche Komponenten altern auch ohne Nutzung - etwa Bremsen und Beläge, Dichtungen, Kunststoffteile; allgemein Teile, die der Sonne ausgesetzt sind. Andere Komponenten leiden eher durch den Betrieb: Lichtmaschine, Motor, Kupplung, Antrieb und alle Komponenten, die benutzt werden: Etwa Bedienelemente, Licht, Pedale, Sitze. Der Wertverlust eines Fahrzeugs ergibt sich also aus dessen Alter und der zurückgelegten Kilometer (wenn die Anzeige stimmt!). Selbst ein Top-restaurierter Oldtimer muss erneut überarbeitet werden, wenn er nur lange genug gestanden ist.

© Shutterstock/Bacho

Gibt es „günstigere Zeitpunkte“ um einen Gebrauchtwagen zu kaufen? Bspw. im Frühsommer; ändern sich hier die Preise?

ÖAMTC-Techniker Steffan Kerbl sagt dazu

Als die Online-Verkaufsportale noch nicht so dominant den Markt bestimmten, waren im Frühjahr und Herbst auffällige Unterschied bemerkbar. Im Frühjahr haben viele einen Neuwagen bestellt und erhalten und dann mussten auch die Gebrauchten weg, im Herbst gab es dann noch Aktionen und nochmal einen Anstieg der Aktivitäten. Aus meiner Sicht gibt es keine Saison mehr, es werden das ganze Jahr über neue Fahrzeugmodelle vorgestellt, die Leute bestellen und dementsprechend fallen 'neue' Gebrauchtwagen an. Viele Autos bleiben auch sehr lange inseriert, damit ist immer ein Angebot da.

Welche Gebrauchtwagen verkaufen sich am besten?

Der Online-Automarkt "AutoScout24" hat in seinem Auto Report 2020 die Top Modelle aufgelistet. Welche Modelle waren auf ihrer Seite am beliebtesten und welche wurden am meisten angeboten?

Für Österreich

Nachfrage:

  • #1 VW Golf 4,93%
  • #2 BMW 3er 4,82%
  • #3 BMW 5er 3,30%
  • #4 Audi A4 3,27%
  • #5 BMW X-Reihe 3,21%

Angebot:

  • #1 VW Golf 5,65%
  • #2 BMW 3er 2,94%
  • #3 Audi A4 2,63%
  • #4 VW Passat 2,41%
  • #5 Skoda Octavia 2,27%

Was gilt es bei der Bezahlung zu beachten? Wo liegen die Unterschiede zwischen Barzahlung & Überweisung?

ÖAMTC-Jurist Nikolaus Authried sagt dazu

  • "Bei Überweisung besteht das Problem, dass einer der Vertragspartner mit Vertrauen in Vorleistung treten muss.
  • Barzahlung für beide Seiten am sichersten.
  • Bei Barzahlung den Erhalt des Betrages quittieren lassen – auch, wenn ein Fahrzeug in Tausch gegeben wurde."

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