Christoph Wenisch: Infektiologe und Impf-Experte [Porträt]

Der Infektiologe Christoph Wenisch gehört zu jenen Wissenschaftlern, die durch die Corona-Pandemie einer breiten Öffentlichkeit bekannt wurden. Wer ist der fünffache Vater und begeisterte Triathlet?

von Christoph Wenisch © Bild: imago images/SEPA.Media

Steckbrief Christoph Wenisch

  • Name: Christoph Wenisch
  • Geboren: 1967 in St. Pölten
  • Beruf: Virologe; Leiter der Infektionsabteilung der Klinik Favoriten
  • Familienstand: verheiratet, fünf Kinder

Am 27. Dezember 2020 erhielt Christoph Wenisch als einer der ersten Österreicher seine 1. Impfung gegen das Corona-Virus. Das Bild seiner Siegerfaust zierte zahlreiche Zeitungsartikel. Wenisch schaffte es damit sogar auf die Titelseite der "New York Times". Es war ein Bild der Euphorie, der Leiter der Infektionsabteilung der Klinik Favoriten, auch bekannt als Kaiser-Franz-Josef-Spital, machte seither immer wieder Werbung für die Impfung, was ihm sogar Morddrohungen einbrachte, wie er im Herbst 2021 in einem Interview mit "Wien heute" verriet.

Rückzug aus der Öffentlichkeit

Christoph Wenisch zog sich daraufhin vorübergehend aus der Öffentlichkeit zurück. "Das war ein Drohbrief mit einer Collage, einer wollte mir den Kopf abschneiden. Das ist schon grauslich, so ein Bild wirkt ja immer auch nach", meinte der Infektiologe im "Wien heute"-Gespräch mit Patrick Budgen. Die Polizei nahm die Drohung ernst, auch die Staatsanwaltschaft habe ermittelt. "Ich bin dann erst einmal in die Versenkung gegangen, auch auf Empfehlung der Polizei", so Wenisch. Zum Glück kamen keine weiteren Drohungen, "da dürfte sich wohl jemand gekränkt haben durch meine Äußerungen. Das wollte ich nicht", meint er.

Christoph Wenisch und der 1. Corona-Tote

Mit Beginn der Corona-Pandemie stand plötzlich auch Christoph Wenisch im Fokus der Öffentlichkeit. Als Leiter der Infektionsabteilung der Klinik Favoriten kam er bereits im Jänner 2020, noch bevor man das Virus in Österreich wirklich ernst nahm, erstmals mit Covid-Patient:innen in Kontakt. Am 12. März 2020 hatte seine Station den ersten Corona-Toten Österreichs zu beklagen. Ein 69-Jähriger starb an Multiorganversagen. Es sollten noch tausende weitere Menschen folgen.

Infektiologe mit hervorragendem Ruf

Christoph Wenisch leitet seit mehr als einem Jahrzehnt seine Abteilung in der Klinik Favoriten. Als Infektiologe genießt er einen hervorragenden Ruf, mit der Pandemie wurde er auch außerhalb der Fachwelt bekannt und berühmt. Immer wieder ist er aufgrund seines nicht nur kompetenten, sondern auch charmanten und humorvollen Auftretens gern und oft gesehener Gast in TV-Sendungen.

Keine Angst vor klaren Worten

Dabei hat Wenisch keine Angst vor deutlichen Worten. Im September 2021 fand er etwa als Gast im ORF-"Report" klare Worte gegen FPÖ-Chef Herbert Kickl, der gemeint hatte, er habe "ein intaktes Immunsystem, das mache die Menschen stark gegen das Virus mit all den Mutationen, die von irgendwelchen Leuten entdeckt worden sind." Ohne Kickl konkret zu nennen, konterte Wenisch: "Ein Politiker ist ein Politiker, und ein Arzt ist Arzt. Er sollte sich nicht in medizinische Kontexte hineinverlieren, weil er das nicht gelernt hat. Das ist ein totaler Blödsinn. Das ist sowas von widerlegt und falsch."

»Wenn ich mich nicht auskenne, muss ich den Mund halten«
Christoph Wenisch
© imago images/SEPA.Media Christoph Wenisch ist ein Mann klarer Worte.

Wenisch weiter: "Medizinisch ist es ohne Substanz. Er würde, wenn er bei mir Student wäre, einen Fünfer bekommen und müsste nachlernen." Beim Fußball würde man Leute auf die Bank setzen, damit sie keine Eigentore schießen. "Wenn ich mich nicht auskenne, muss ich den Mund halten", so Wenisch.

Werber für die Corona-Impfung

Nicht erst seit er selbst geimpft wurde, machte Christoph Wenisch vor allem auch Werbung für die Corona-Impfung. Aufgrund der relativ hohen Anzahl an Impfverweigerern sowie der Delta- und Omikron-Variante ließ die nach dem ersten Stich herbeigesehnte Normalität noch lange auf sich warten, doch der Infektiologe war sich sicher, dass die Pandemie nur durch die Impfung besiegt werden könne. Dementsprechend sprach er sich auch explizit für die Impfpflicht aus. Als Experte war er auch Teil des Rundes Tisches zur Impfpflicht, zu dem Bundeskanzler Karl Nehammer und Verfassungsministerin Karoline Edtstadler im Herbst 2021 geladen hatten.

Christoph Wenisch
© imago images/SEPA.Media November 2021: Christoph Wenisch spricht nach dem Runden Tisch zur Impfpflicht

Christoph Wenisch warnt auch immer wieder vor dramatischen Langzeitfolgen einer Covid-Erkrankung. Zwölf Prozent der Corona-Intensivpatienten, die vor der Erkrankung arbeiten konnten, können das danach aufgrund kognitiver Defizienzen nicht mehr, erklärte Wenisch im Sommer gegenüber Ö1. Sie sind lebenslang arbeitsunfähig, denn "das Gehirn funktioniert nicht mehr so", berichtete Wenisch. "Da werden Existenzen zerstört."

Impfpflicht: "Mir tut das leid"

Seine Meinung zur Impfpflicht hat Christoph Wenisch inzwischen geändert. Im September 2023 war der Infektiologe erneut in der "Wien heute"-Interviewreihe "Bei Budgen" zu Gast. Wer zur Risikogruppe gehöre, dem gebe er eine ganz klare Impf-Empfehlung, alle anderen "können wenn sie wollen", so Wenisch. "Wenn ich weiß: Meine Corona-Infektion ist ein Halskratzen, dann kann ich mir die Impfung schenken. Wenn ich weiß, die macht mich eine Woche krank, dann werde ich sie mir gönnen", führte er weiter aus.

»Ich glaube, dass ich mich mehr noch gegen die Impfpflicht hätte wehren sollen«

Die - später wieder zurückgenommene - Impfpflicht bezeichnet Christoph Wenisch als seinen größten Irrtum bezüglich der Pandemie. "Ich glaube, dass ich mich mehr noch gegen die Impfpflicht hätte wehren sollen", gesteht er. Er hätte zwar darauf hingewiesen, dass die Übertragung dadurch nicht gestoppt werde, hätte das aber noch klarer und verständlicher kommunizieren müssen. "Mir tut das sehr leid, dass man hier nicht alle Register gezogen hat, diesen Irrweg, der kurzzeitig gewesen ist und der uns jetzt nachhängt, dass wir uns den erspart hätten", so Wenisch gegenüber Budgen.

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Scharlach weckte den Arzt-Wunsch

Dass er einmal Arzt werden möchte, war Christoph Wenisch schon als Kind klar. 1973 erkrankte er an Scharlach und sei deshalb wochenlang im Spital gewesen, wie er sich im Herbst 2020 bei Claudia Stöckl in "Frühstück bei mir" zurückerinnerte. Seine Eltern konnte der damals Sechsjährige bloß durch eine Glaswand sehen. So etwas wollte er anderen in Zukunft ersparen, dachte er sich. Es habe damals zwar bereits Antibiotika gegeben, "nur der Amtsschimmel hat nicht vertraut und lieber noch Schulen zugesperrt", meinte Wenisch gegenüber der "Wiener Zeitung". Er hingegen "wollte immer, das alles am besten mit Medikamenten weggeht".

Arbeit in Feldlazarett im Irak

Nach dem Medizinstudium arbeitete Christoph Wenisch im Jahr 1991 für einige Zeit in einem Feldlazarett im Irak. Während einer Typhusepidemie konnte er erstmals Menschenleben retten. Ein erhebendes Gefühl.

Christoph Wenischs Nahtod-Erfahrung

Christoph Wenisch hat nicht nur als Arzt, sondern auch als Patient Erfahrung mit dem Tod. In "Frühstück bei mir" berichtete er von einer Nahtod-Erfahrung nach einem schweren Autounfall: "Tunnel und Licht - ich habe das alles gesehen. Das war gar nicht so schlecht." Wenisch war damals 23 Jahre alt, mit dem Lenker von damals, der früher sein bester Freund war, konnte er sich erst vor kurzer Zeit versöhnen, wie er erzählte.

Fünffacher Familienvater und Triathlet

Mit Claudia Stöckl plauderte Christoph Wenisch auch über sein Privatleben. Er ist verheiratet und Vater von fünf Kindern. Auch über seine Leidenschaft für den Triathlon sprach er. Alle fünf Jahre nimmt er am Wettbewerb in Klagenfurt teil. 3,8 Kilometer Schwimmen, 180 Kilometer Radfahren und 42,2 Kilometer Laufen. Dass die Corona-Pandemie oftmals mit einem Marathon verglichen wurde, habe ihn als Sportler geärgert.