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Der Brief ist auf den 9. August datiert. Er geht an EU-Kommissarin Teresa Ribera, in deren Zuständigkeit als Vize-Präsidentin und de facto Nummer zwei der EU-Kommission die Wettbewerbsagenden fallen.
Territoriale Lieferbeschränkungen (sogenannte Territorial Supply Constraints, kurz TSCs) sind von bestimmten großen Herstellern auferlegte Beschränkungen. Diese machen es Groß- und Einzelhändlern sehr schwer oder unmöglich, Produkte in einem Mitgliedsstaat zu kaufen und in einem anderen weiterzuverkaufen. Dies führt besonders in kleineren EU-Mitgliedstaaten im Supermarktregal zu Preisaufschlägen gegenüber größeren Nachbarstaaten wie Deutschland. Laut Zahlen der EU-Kommission entgehen europäischen Verbrauchern dadurch jährlich Ersparnisse von 14 Milliarden Euro.
Hattmannsdorfer und Harsdorf begrüßen in ihrem Brief, dass die EU-Kommission in ihrer im Mai vorgestellten Binnenmarktstrategie, Maßnahmen gegen territoriale Lieferbeschränkungen angekündigt hat. Sie bedauern aber, dass in der finalen Version der Strategie nicht mehr die Rede von einem Gesetzesvorschlag ist. Das kritisierten kürzlich bereits Gewerkschaft und Handelsverband. Die EU-Behörde will nurmehr bis Ende 2026 'Instrumente zur Bekämpfung ungerechtfertigter territorialer Lieferbeschränkungen' erarbeiten, um jene Praktiken zu erfassen, 'die über die vom Wettbewerbsrecht erfassten hinausgehen'.
In der Vergangenheit hatte die EU-Kommission bereits den Lebensmittelriesen Mondelez und den Getränkekonzern AB InBev wegen Lieferbeschränkungen zu Millionen-Strafen verdonnert und sich dabei auf das Wettbewerbsrecht gestützt. Dies sei aber bei großen Herstellern, die "keine marktbeherrschende Stellung im Sinne des Wettbewerbsrechts einnehmen", nicht möglich, argumentierte die Kommission in der EU-Binnenmarktstrategie.
Der "Österreich-Aufschlag" sorgt nicht zum ersten Mal für Aufregung. Jüngst war das Thema im Rahmen der von Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ) losgetretenen Diskussion über staatliche Eingriffe bei Lebensmittelpreisen ins Rampenlicht geraten.
Laut Berichten von "Standard" und ORF mahnten österreichische Vertreter des Wirtschaftsministeriums in einer EU-Ratsgruppe in Brüssel kürzlich allerdings eher zu Zurückhaltung bei Regulierungsmaßnahmen in der Thematik. Das Protokoll einer Sitzung der Ratsarbeitsgruppe Wettbewerb vom 16. Juni lasse es erscheinen, als wäre Österreich wenig an einer Verschärfung durch neue Instrumente gelegen, so die beiden Medien. Ein Hattmannsdorfer-Sprecher bestätigte der APA diese Sitzung, relativierte damit, dass man dabei eher darauf gepocht habe, bisherige Möglichkeiten tatsächlich auszuschöpfen. Der jetzige Brief nach Brüssel verdeutliche jedenfalls jenen Standpunkt, der herrsche.