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Inflation: Finanzminister Marterbauer will Lebensmittelpreise regulieren – wie weiß er noch nicht

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Marterbauer plant Maßnahmen gegen die Teuerungskrise

Markus Marterbauer

Die Teuerungskrise hätten jene Länder am erfolgreichsten bewältigt, die – wie etwa Spanien – in Preise eingegriffen haben, so der SPÖ-Politiker. Die Koalitionspartner ÖVP und NEOS zeigen sich zurückhaltend bis kritisch. Kritik kommt auch vom Lebensmittelhandel, Unterstützung von der Gewerkschaft.

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Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ) hat am Montag in den Salzburger Nachrichten mit Blick auf die Wirtschaftslage auf die Notwendigkeit zusätzlicher Maßnahmen hingewiesen, um die Teuerung wieder in den Griff zu bekommen. Dazu könnten laut dem Finanzminister auch Preiseingriffe bei den Nahrungsmittelpreisen zählen, wie er mit Verweis auf die hohe Inflation – der Abstand zur Eurozone beträgt 1,5 Prozentpunkte – sowie auf die steigende Arbeitslosigkeit sagte.

Die Teuerungskrise hätten jene Länder am erfolgreichsten bewältigt, die – wie etwa Spanien – in Preise eingegriffen haben, merkte der Finanzminister an. „Die unteren Einkommensgruppen geben die Hälfte für Wohnen, Haushaltsenergie und Nahrungsmittel aus“, so Marterbauer. „Da dürfen die Preise nicht in diesem Ausmaß steigen, sonst müssen wir überlegen, wie wir eingreifen. Ich sage jetzt nicht, dass ich das Modell für die Nahrungsmittelpreise schon konkret im Kopf hätte, aber wir werden darüber diskutieren müssen.“

Keine Mehrwertsteuersenkung

Auch am Dienstag ist er diesbezüglich nicht wesentlich konkreter geworden. Er habe „kein Modell im Kopf“, sagte er im Ö1-Mittagsjournal. Der Koalitionspartner NEOS reagierte ablehnend, die ÖVP schloss ein Eingreifen zumindest nicht aus. Was Marterbauer auf jeden Fall ausschließt, ist es, die Lebensmittelpreise über eine Mehrwertsteuersenkung zu drücken. Das gebe die aktuelle Budgetlage nicht her.

Wie bereits im Gespräch mit den Salzburger Nachrichten mit Hinblick auf Spanien angedeutet, erwähnt er auch im Ö1-Interview, dass er sich internationale Beispiele ansehen wolle. Darüber hinaus zeigte er sich zuversichtlich, dass mit den Koalitionspartnern ÖVP und NEOS gemeinsam eine Lösung gefunden werden könne. Seine Verantwortung als Finanzminister sei, auf die Gefahr der anziehenden Inflation hinzuweisen.

ÖVP zurückhaltend, NEOS kritisch

Vom größten Koalitionspartner ÖVP kam immerhin kein direktes Nein. „Wenn es aufgrund der aktuellen weltpolitischen Bedrohungslage zu stark ansteigenden Preisen kommt, treffen wir Gegenmaßnahmen“, las das ORF-Radio ein Statement aus der Parteizentrale vor. „Hohe Inflationsraten, wie wir sie aus der Vergangenheit kennen, belasten die Menschen und die Wirtschaft, und werden nicht akzeptiert.“

Wenig Freude haben hingegen die NEOS mit dem Vorschlag des Finanzministers. „Der wichtigste Eingriff der Politik in den Markt ist hier aus unserer Sicht, endlich für mehr Wettbewerb und Transparenz zu sorgen und den Reformmotor in den nächsten Gang zu schalten“, heißt es in einem Statement gegenüber der APA. „Staatliche Brotpreise werden dieses Problem nicht lösen können.“

FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz freute sich darüber, dass Marterbauer eine „langjährige freiheitliche Forderung“ aufgreift. Da aber noch kein konkreter Vorschlag des Finanzministers auf dem Tisch liegt, könne man diesen auch nicht beurteilen, so Schnedlitz: „Wenn er sinnvoll ist, werden wir uns einbringen.“ Wie so oft stecke aber der „Teufel im Detail“.

Handelsvertretungen dagegen

Im Lebensmittelhandel stößt die Idee, die andere EU-Länder in der Inflationskrise umsetzten, auf Ablehnung. Christian Prauchner, Obmann des Bundesgremiums Lebensmittelhandel in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) verweist in einer Aussendung auf Preissteigerungen „in der Landwirtschaft, der Verarbeitung, der Logistik sowie auf den internationalen Rohstoffmärkten“. Zudem würden staatliche Vorgaben und höhere Löhne die Kosten für die Supermärkte in die Höhe treiben, was sich wiederum in den Preisen spiegle.

Auch der Handelsverband sprach sich am Dienstag „vehement“ gegen staatliche Preiseingriffe aus. Die Umweltschutzorganisation WWF forderte hingegen Maßnahmen gegen die Verschwendung von Lebensmitteln, um gegen die Teuerung vorzugehen.

Unterstützung aus eigenen Reihen

Die Arbeiterkammer (AK) nannte den Vorschlag ihres frühen Chefökonomen Marterbauer „sinnvoll“ und fordert „eine Preisdatenbank, ein wirksames Preisgesetz und eine unabhängige Anti-Teuerungskommission“. Ähnlich wie Lebensmittelhandelsbranche und der Handelsverband wurde auch auf das Problem der sogenannten territoriale Lieferbeschränkungen hingewiesen. Diese von bestimmten großen Herstellern auferlegte Beschränkungen in der EU machen es Einzelhändlern schwer oder unmöglich, Produkte in einem Mitgliedsstaat zu kaufen und in einem anderen weiterzuverkaufen. Dies kann dazu führen, dass für das gleiche Produkt, in Österreich höhere Preise gefordert werden als beispielsweise in Deutschland.

ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian fordert eine „schlagkräftige Anti-Teuerungskommission. (…) Das würde den Staatshaushalt nicht belasten, wäre aber ein wirksames Mittel, um ungerechtfertigte Preiserhöhungen, die wir alle leider alltäglich beobachten müssen, zu verhindern“, so der Gewerkschaftschef am Dienstag via Aussendung. SPÖ-Niederösterreich-Chef Sven Hergovich begrüßte den „Vorstoß“ des Finanzministers ebenso in einer Stellungnahme. „Lebensmittel dürfen kein Luxus sein“, monierte Hergovich.

Marterbauer hatte im Interview mit der Zeitung Salzburger Nachrichten auf „stark gestiegene“ Nahrungsmittelpreise verwiesen. „Die unteren Einkommensgruppen geben die Hälfte für Wohnen, Haushaltsenergie und Nahrungsmittel aus. Da dürfen die Preise nicht in diesem Ausmaß steigen, sonst müssen wir überlegen, wie wir eingreifen“, wird der Minister von der Zeitung zitiert. Mit den Koalitionspartnern wolle er „gemeinsam diskutieren und schauen, wie wir zu Lösungen kommen“, die alle drei vertreten könnten.

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