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Luxus war gestern: Wie Führungskräfte heute mit Zurückhaltung punkten

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©Getty Images

Understatement statt Luxus-Show: Immer mehr wirtschaftlich erfolgreiche Menschen verabschieden sich von klassischen Statussymbolen wie teure Uhren oder Anzüge. Stattdessen setzen sie auf eine reduzierte Optik. Denn: Was früher als Zeichen von Erfolg galt, kommt heute nicht immer gut an. Experten sagen: Wer zu viel protzt, verliert an Vertrauen.

Rolex, Diamantring, Chanel-Tasche? Für viele Führungspersonen sind das No-Gos, zumindest im Büro. Immer mehr Menschen, die wirtschaftlich erfolgreich sind, zeigen bewusst weniger. Statt der üblichen Insignien des Reichtums dominiert zunehmend Understatement: und das nicht nur in puncto Kleidung.

Wertewandel statt Effekthascherei

Im beruflichen Kontext wirkt offener Wohlstand nicht mehr nur unzeitgemäß, sondern kann das Vertrauen der Belegschaft untergraben. Gerade in wirtschaftlich unsicheren Zeiten können offensichtliche Luxusgüter Neid und Frust auslösen. Expertinnen und Experten warnen: Führungspersönlichkeiten sollten sensibel mit ihrer Außendarstellung umgehen.

„Ich erkenne auf jeden Fall einen Wertewandel in der Gesellschaft, der sich gleichermaßen auf sichtbare Statussymbole auswirkt“, sagt Vera Stei­n­­­­­­häuser, Business Coach und Gründerin des Female Leadership Program. „Statussymbole, die eine protzige Haltung des Trägers oder der Trägerin ausstrahlen, werden immer kritischer gesehen und daher tritt eine neue Schlichtheit in den Vordergrund, die sehr subtil ist, aber dennoch sehr viel über die Person aussagt.“

Die COVID‑Pandemie hat diesen Trend beschleunigt: „Das hat vor allem damit zu tun, dass wir uns durch den kollektiven Schock, den wir durch die Lockdowns erlitten haben, auf wesentliche Kernwerte rückbesinnt haben. Gesundheit, Zeit, Familie, Verbundenheit, Sicherheit – all diese Werte, die in einer hedonistischen, egozentrischen Gesellschaft in den Hintergrund rücken, wurden plötzlich zu unverrückbaren Instanzen.“

Vermögen verschweigen

Auch mit der gesellschaftlichen Debatte über soziale Gerechtigkeit, Chancengleichheit und Besteuerung der Ultrareichen wächst der Druck auf wohlhabende Menschen, ihren Reichtum nicht offen zur Schau zu stellen.

Rob Henderson, US-Autor und Sozialkommentator, analysiert in seinem 2024 erschienenen Buch „Troubled: A Memoir of Foster Care, Family, and Social Class“, dass materielle Statussymbole heute deshalb an Bedeutung verlieren, weil sie für weite Teile der Gesellschaft zugänglich geworden sind. Wer heute zur Elite zählt, demonstriert diese Zugehörigkeit eher über Haltung statt über Besitz.

Soft Skills statt Hardliner

Auch wenn es um den Führungsstil geht, werden Qualitäten wie Haltung, Bescheidenheit, Offenheit, Ehrlichkeit, Teamfähigkeit und gute Kommunikationsfähigkeit – also sogenannte „Soft Skills“ – immer wichtiger, erklärt Vera Steinhäuser. „Empathie, kommunikative Kompetenz und Toleranz sind die Skills, die die Arbeitswelt von heute braucht. Diese sind längst die neuen ‚Hard Skills‘ geworden. Und hier sind Frauen ultrarelevant in den Führungsetagen, da sie nachgewiesenermaßen genau diese Skills mitbringen.“

Studien zeigen, dass der Führungsstil „Humble Leadership“ Teams motiviert, Innovationen forciert und die Mitarbeiterbindung steigern kann. „Was mir an diesem Ansatz gut gefällt, ist, dass er eine Vertrauensbasis zwischen Führungskräften und deren Teams voraussetzt“, so Steinhäuser. „Ferner ist nach diesem Leadership-Stil die Führungskraft bereit, sich selbst zu reflektieren und an sich zu arbeiten. Auch das ist etwas, was ich als Erfolgsfaktor unterstreichen kann.“

Generell hat die Generation der Start-up-Unternehmer dafür gesorgt, dass es neue Codes für Erfolg gibt

Vera SteinhäuserKommunikations- und Unternehmensberaterin
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 © Theresa Kaindl

Echtheit statt Inszenierung

Bescheidenheit und Zurückhaltung sind weit mehr als nur Modetrends. Bescheidenheit ist auch längst kein Zeichen von Verzicht mehr, sondern ein strategisches Signal für moderne Werte, Empathie und Führungsstärke in einer zunehmend reflektierten Arbeitswelt. „Generell hat die Generation der Start-up-Unternehmer, hauptsächlich im Tech-Bereich, dafür gesorgt, dass es neue Codes für Erfolg gibt. Wir denken an schwarze Rollkragenpullover, T-Shirts und Nerd-Brillen. Wo in der traditionellen Konzernwelt der dreiteilige Anzug als Code eingesetzt wird, ist es in der Start-up-Welt der Hoodie“, erklärt Steinhäuser.

Doch auch diese neue Form der Schlichtheit birgt Risiken: „Wenn Bescheidenheit als reine Inszenierung dient und dahinter keine Haltung steht, handelt es sich um eine reine Fassade, die nur einer gewünschten Selbstoptimierung dienen soll“, so die Business-Expertin. Ob Understatement zum echten Fortschritt wird, entscheidet sich also nicht allein am Outfit, sondern vor allem an der gelebten Kommunikations- und Unternehmenskultur.

Dieser Beitrag ist in der News-Printausgabe Nr. 30+31/25

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