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Anne Aubrunner: „In nichts investieren, was einen nicht interessiert“

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Anne Aubrunner

©Dragan Dok

FMTG-Invest-Chefin Anne Aubrunner erklärt im Interview mit News.at, wie der Investmentarm der Falkensteiner Michaeler Tourismus Group (FMTG) sein Modell zwischen Tourismus, Finanzierung und Community-Beteiligung positioniert – und warum Anleger bei einem Hochrisiko-Investment besonders genau hinschauen sollten.

Sie leiten jetzt seit 3,5 Jahren die FMTG Invest. Ursprünglich kommen Sie aus dem Bankensektor. Was konnten Sie aus Ihrer früheren Tätigkeit mitnehmen und wie hat sich Ihr berufliches Selbstverständnis mit dem Andocken an die Tourismusbranche geändert?

Ich habe viele Jahre lang neue Geschäftsmodelle aufgebaut und sogar einen Master in Innovationsmanagement gemacht – vieles davon bleibt im Studium allerdings theoretisch. Als ich zur FMTG Invest kam, war ich plötzlich mitten in der Praxis. Ich komme aus der Regulatorik, die stark geprägt ist von Sicherheitsaspekten und fand mit dem Tourismus ein völlig neues kulturelles Gegenüber.

Die Herausforderung bestand darin, beides zusammenzuführen. Auf der einen Seite muss das Investment sauber, korrekt und strukturiert abgewickelt werden. Auf der anderen Seite braucht es das Verständnis für das Hotelgeschäft – und klare Grenzen, wo die „Chinese Wall“ verläuft. Gleichzeitig war es wichtig, den Kolleginnen und Kollegen zu vermitteln, warum bestimmte Prozesse so strikt sind und sein müssen, gerade im Sinne der Investoren.

Für mich war das eine seltene Gelegenheit: das, was ich jahrelang theoretisch gelernt habe, in einem neuen Umfeld praktisch anzuwenden. Und ich glaube, auch die Hotelseite hat davon profitiert, unseren strukturierten Zugang besser zu verstehen.

Falkensteiner hat mit der FMTG Invest praktisch ein neues Businessmodell für den Tourismus entwickelt. Wie ist das Feedback dazu aus der eigenen Branche und was können

Im Immobiliensektor ist dieses Modell ja keineswegs neu – dort war es sogar früher präsent als im Tourismus. In unserer Branche werden wir derzeit aufmerksam und durchaus positiv beobachtet. Viele fragen sich, ob ein ähnlicher Ansatz auch für ihre Betriebe funktionieren könnte. Dafür gibt es entsprechende Plattformen, die solche Modelle unterstützen. Auch wir arbeiten mit einem externen Plattform-Partner zusammen.

Für kleinere Unternehmen kann eine standardisierte Plattform eine sehr gute Lösung sein. Wenn man – wie wir – die Investments jedoch unter der eigenen starken Marke abwickeln möchte, sucht man sich eher einen White-Label-Partner, der gleichzeitig als Vermittler fungiert. Spannend wird es ab dem Moment, in dem man sich fragt: Lohnt es sich, das häufiger zu machen, um den Unternehmens- und Markenwert weiter zu stärken? Oder geht es eher um eine einmalige Finanzierung, etwa für einen Zubau?

Wenn man in andere Bereiche schaut, etwa in den Fußball, sieht man, dass die Idee, das eigene Ökosystem in die Unternehmensentwicklung einzubeziehen, bereits Schule macht. Dieses Momentum spüren wir auch im Tourismus.

Für Investorinnen und Investoren ist entscheidend, dass sie sich mit der Risikokategorie wohlfühlen. Man sollte dafür keinesfalls den letzten Spargroschen einsetzen

Anne Aubrunner

Wo liegen die Risiken, wenn man als Unternehmen auf das Modell Crowdinvest setzt?

Grundsätzlich bringt das Modell eine zusätzliche unternehmerische Verantwortung mit sich. Kapital einzusammeln ist das eine – Zinsen zweimal jährlich auszuzahlen und das Darlehen am Ende der Laufzeit verlässlich zurückzuführen, ist die andere, sehr wesentliche Pflicht. Darauf muss die gesamte Mittelfristplanung abgestimmt sein.

Für Investorinnen und Investoren ist entscheidend, dass sie sich mit der Risikokategorie wohlfühlen. Man sollte dafür keinesfalls den letzten Spargroschen einsetzen, sondern bewusst entscheiden: Interessiert mich der Tourismus? Habe ich die Risikotragfähigkeit dafür? Bin ich mir darüber im Klaren, dass ich in ein Unternehmen investiere und dass auch steuerliche Pflichten damit verbunden sind?

Wer fünf Jahre in ein Unternehmen investiert, verfolgt dessen Entwicklung meist auch aufmerksamer. Daher gilt – wie bei allen Veranlagungen: nicht in etwas investieren, das einen nicht interessiert. Nur wer bereit ist, sich mit allen Aspekten auseinanderzusetzen, wird sich mit einem solchen Investment langfristig wohlfühlen.

Der Immobilienmarkt befindet sich in einer angespannten Situation. Je nachdem, wem man zuhört, heißt es das Schlimmste sei schon hinter uns, während andere den großen Krach noch prophezeien. Wie ist die Situation im touristischen Immobiliensegment?

Vorsichtig ausgedrückt würde ich sagen, dass sich der Tourismus aktuell ein bisschen leichter tut, da sich die Lage im touristischen Immobiliensegment derzeit etwas entspannter zeigt. Der Tourismus ist zahlenmäßig wieder auf dem Niveau vor der Pandemie, und wir sehen in Europa einen klaren Trend: Viele machen lieber in einer intakten, politisch stabilen Region Urlaub – und bleiben damit in Europa. In den relevanten Segmenten läuft der Tourismus daher gut, teilweise sogar sehr gut. Natürlich kann man das nicht pauschal für alle Bereiche sagen, aber wir sehen auf unserer Seite eine durchgehend positive Entwicklung.

Vorsicht bleibt dennoch notwendig. Auch für uns gilt das klassische Prinzip: Lage, Lage, Lage. Die Qualität eines Projekts muss stimmen, genauso wie seine Passfähigkeit für unser Portfolio und die langfristige Strategie. Das prüfen wir sehr sorgfältig. Was uns zugutekommt, ist unsere jahrzehntelange Erfahrung in der Entwicklung touristischer Objekte, insbesondere in unseren Kernmärkten Kroatien, Österreich und Italien. Mit diesem Hintergrund können wir sehr klar einschätzen, welche Projekte langfristig sinnvoll sind und welche nicht.

Die letzten Jahre waren einerseits von sehr hohen Zinsen und einer überdurchschnittlich hohen Inflation geprägt. Wie hat sich das auf Ihre Projekte und auf das Anlageverhalten der Investoren ausgewirkt?

Wir bewegen uns bei der Verzinsung natürlich mit dem Markt. Als alternatives Investment braucht es einen angemessenen Risikoaufschlag, und den passen wir entsprechend an. Wenn man etwa auf die aktuelle EZB-Entwicklung blickt, deutet vieles auf eine Seitwärtsbewegung hin – und mit den Zinsen, die wir derzeit anbieten, liegen wir gut im Markt.

Die hohe Inflation geht natürlich an niemandem spurlos vorbei, auch nicht an unseren Investoren. Gleichzeitig sehen wir aber, dass ein qualitativ hochwertiger Urlaub für viele Menschen weiterhin eine sehr hohe Bedeutung hat. Wer Geld ausgibt, möchte sich gut aufgehoben fühlen, planbare Qualität haben und eine Infrastruktur, auf die man sich verlassen kann. Dieses Bedürfnis zahlt stark auf unser Geschäftsmodell ein.

Trotzdem betrifft uns die allgemeine Kostenentwicklung genauso wie andere Branchen. Energiepreise bleiben Energiepreise. Wir konnten die Preissteigerungen bislang aber moderat und sehr transparent weitergeben, was auch unsere Zahlen zeigen.

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 © Patrick Schuster

Das Crowdfunding ist für Sie auch ein wichtiges Kundenbindungsprogramm. War das von Anfang an so geplant oder war das ein erfreulicher Nebeneffekt, der sich im Laufe der Zeit herauskristallisiert hat?

Die Idee, das Crowdfunding auch als Instrument zur Kundenbindung zu nutzen, war grundsätzlich von Anfang an da – aber, dass es sich so stark entwickeln würde, war zunächst nicht absehbar. In den letzten dreieinhalb bis vier Jahren hat dieser Aspekt enorm an Bedeutung gewonnen. Das liegt vor allem daran, dass wir die Strukturen und Serviceeinheiten geschaffen haben, die es ermöglichen, Kundinnen und Kunden persönlich zu begleiten – sei es bei Fragen zu Hotelbuchungen oder bei der Nutzung der Investorenvorteile.

Wichtig ist dabei: Wir sind kein klassischer Finanzdienstleister, sondern raisen ausschließlich für unsere eigenen Unternehmen. Das heißt, für uns steht der Kunde im Mittelpunkt. Wer in ein Hochrisikoinvestment einsteigt, prüft sehr genau, wem er sein Geld anvertraut. Wenn wir diesen Weg gemeinsam gehen, dann ist es unser Anspruch, das gegebene Vertrauen zu rechtfertigen – durch Verlässlichkeit, Transparenz und Service.

Viele Investorinnen und Investoren entscheiden sich etwa dafür, ihre Zinszahlung in Form von Gutscheinen zu erhalten. Das bedeutet, sie verbringen über fünf Jahre regelmäßig ihren Urlaub bei uns. Entsprechend eng ist die Beziehung, und wir bekommen sehr direktes Feedback – ob positiv oder kritisch. Diese Rückmeldungen sind für uns enorm wertvoll, weil wir so unmittelbar reagieren können. Neben dem laufenden Servicekanal sind auch unsere Investorenkongresse ein wichtiger Austauschpunkt. Und natürlich sind unsere Hotels selbst die sichtbarsten Botschafter unserer Arbeit: Wenn ein neues Haus eröffnet wird, in das Investorinnen und Investoren Jahre zuvor eingezahlt haben, sehen sie ganz konkret, was mit ihrem Geld entstanden ist.

Und wie ist das grundsätzlich als Mitspracherecht der Investoren? Können die schon in der Projektentwicklung ihren Input geben oder definiert die FMTG die Projekte klar vor?

Bei diesem Produkt ist ein Mitspracherecht nicht vorgesehen – dafür bräuchte es ein Equity-Modell. Unsere Anleger geben uns ein nachrangiges Darlehen für eine definierte Laufzeit, und damit ist die Rollenverteilung klar. Was wir aber sehr ernst nehmen, ist die Informationspflicht. Und natürlich kommt zusätzlich viel Feedback über einen ganz anderen Kanal: Viele unserer Kunden sind regelmäßig in unseren Hotels – sei es für den Urlaub, für Veranstaltungen oder, im Fall von Unternehmensinvestoren, sogar für Firmenfeste. Da entsteht automatisch ein direkter Austausch.

In diesem Zusammenhang muss ich unsere ‚Ambassador‘-Investoren erwähnen: Ab 70.000 Euro Investment laden wir dieses Segment zu einem exklusiven Event mit den Eigentümern ein, zusätzlich genießen sie einen erweiterten Service-Status. Wir sehen, wie stark uns dieses Klientel mit größeren Beträgen unterstützt – das ist äußerst vertrauensstiftend. Und ein guter Teil dieser Ambassadors sind tatsächlich Unternehmen.

Wie hoch ist der Anteil der Unternehmen unter den Investoren insgesamt?

Mehr als zehn Prozent unserer Investoren sind Unternehmen – und darauf bin ich wirklich stolz. Ich fördere diesen Bereich auch ganz bewusst, weil diese Anleger häufig größere Tickets zeichnen können und unsere unternehmerische Entwicklung mit besonderem Interesse verfolgen. Dieser Austausch ist für uns enorm wertvoll und wirkt in vielerlei Hinsicht befruchtend.

Urlaub ist ein emotional positiv besetztes, sehr greifbares Thema – und genau das spricht viele Frauen besonders an

Sie haben, laut eigenen Angaben, einen überdurchschnittlich hohen Anteil an weiblichen Investorinnen und Investoren. Wie hoch ist er konkret und worauf führen Sie das zurück?

Frauen gelten bei Investmententscheidungen oft als risikoaverser und grundsätzlich vorsichtiger – umso mehr freut es mich, dass rund 30 Prozent unserer Investorinnen und Investoren weiblich sind. Damit liegen wir deutlich über dem Marktdurchschnitt, den ich eher bei etwa 15 Prozent verorten würde. Ein Grund dafür ist sicher, dass unsere Rendite nicht nur abstrakt auf dem Papier steht, sondern tatsächlich erlebbar wird. Urlaub ist ein emotional positiv besetztes, sehr greifbares Thema – und genau das spricht viele Frauen besonders an.

Sie setzen auf ein Modell, bei dem sich die Investoren die Rendite in Gutscheinform ausbezahlen lassen können. Was ist es, was Ihre Investor:innen primär anzieht – Rendite, emotionale Bindung oder vielleicht auch Sicherheit, weil Falkensteiner eine bekannte, etablierte Marke ist?

Den Begriff „Sicherheit“, so wie man ihn von Sparanlagen kennt, würde ich in Verbindung mit einem alternativen Investment wie unserem nicht verwenden. Da bin ich sehr klar, denn es handelt sich um ein Investment in der höchsten Risikokategorie. Was wir aber zweifellos bieten können, ist eine starke Marke und die damit verbundene Kompetenz. Falkensteiner ist seit fast 70 Jahren am Markt, die Bekanntheit in Österreich ist enorm – und diese Verlässlichkeit als Touristiker in einem planbaren Umfeld spielt eine große Rolle.

Interessant ist auch das Verhalten unserer Investorinnen und Investoren: Etwa die Hälfte entscheidet sich für die Rendite in Form von Gutscheinen, die andere Hälfte lässt sich die Zinsen in Cash auszahlen. Das hängt stark davon ab, womit sich jemand wohler fühlt. Bei einem Investment von 10.000 Euro gibt es zusätzlich einen 1.200-Euro-Hotelgutschein – damit sieht der Kunde das Produkt jedenfalls einmal in der Praxis.

Das aktuelle Funding-Projekt der FMTG Invest – das mittlerweile fünfzehnte – läuft noch bis 22. November 2025. Die Fundingschwelle von 300.000 Euro wurde schon deutlich überschritten, das Fundingziel von 8 Millionen Euro aber noch nicht ganz erreicht. Was bedeutet es für Sie in der Umsetzung eines Projektes, wenn das Fundingziel nicht komplett erreicht wird?

Wir haben die Möglichkeit, unsere aktuelle Kampagne um bis zu 28 Tage zu verlängern – das ist von Anfang an Teil unserer Planung. Daher wird die 15. Fundingrunde tatsächlich bis kurz vor Weihnachten laufen. Gleichzeitig könnten wir das Fundingziel theoretisch auch noch erhöhen, da unser Kapitalmarktprospekt bis zu 18 Millionen Euro erlaubt. So weit werden wir aber nicht gehen. Realistisch ist, dass wir – ähnlich wie im Vorjahr – insgesamt rund 14 Millionen Euro erreichen werden. Wir rechnen ja Österreich und Deutschland immer zusammen und was am Ende herauskommt, kommt heraus.

Wichtiger als die exakte Summe ist für uns die strategische Zielrichtung. Wir haben in den letzten Jahren viele neue Projekte umgesetzt – etwa in Sizilien, am Gardasee oder durch den Rückkauf von Punta Skala. Jetzt geht es darum, die dahinterliegenden Prozesse technisch zu optimieren und über Ländergrenzen hinweg zu harmonisieren. Die Mittel aus dem aktuellen Kapitalmarktprospekt fließen daher vor allem in Technologieinvestitionen: Prozessautomatisierung, ein neues Property-Management- und CRM-System sowie KI-basierte Lösungen im Kundenservice. Unser Ziel ist es, dass durch diese Automatisierung mehr Zeit für den persönlichen Gästekontakt bleibt.

Parallel bauen wir unser IT-Team weiter aus – nicht nur im Bereich Analyse, sondern auch in der Software-Entwicklung. Das ist ein langfristiger Entwicklungsprozess. Ob wir am Ende 13, 14 oder 15 Millionen Euro erreichen, ändert an dieser Strategie nichts. Vielleicht verschiebt sich die letzte Ausbaustufe um ein paar Wochen, aber insgesamt bleibt der Kurs klar. Wir investieren gezielt in Systeme, Prozesse und Strukturen, die unsere zukünftige Entwicklung tragen sollen – inklusive eines neuen, benutzerfreundlicheren Investportals für unsere Anleger:innen.

Gibt es bereits konkrete Pläne für Kampagne Nr. 16?

(lacht) Nein, konkrete Pläne für die nächste Kampagne gibt es noch nicht – let’s cross that bridge when we get there. Wir bleiben aber natürlich dran. Im kommenden Herbst wird es wieder eine Rückführung geben und diese Phasen eignen sich erfahrungsgemäß sehr gut für Reinvestments. Mehr als die Hälfte unserer Investorinnen und Investoren nutzt die Gelegenheit, ihr Kapital weiter anzulegen und von den Vorteilen der nächsten fünf Jahre zu profitieren.

Ob die nächste Kampagne dann im Frühjahr oder erst im Frühsommer startet, ist aktuell noch offen. Zuerst wollen wir die laufende Runde sauber abschließen – inklusive pünktlicher Zubuchung aller Vorteile – und anschließend auch den deutschen Markt finalisieren. Dort sind wir ebenfalls aktiv, allerdings dauert der Aufbau etwas länger. In Österreich haben wir bereits eine starke Markenbekanntheit, in Deutschland müssen wir diese noch weiter ausbauen. Die Mittel aus dem deutschen Funding fließen übrigens konkret in das neue Falkensteiner Resort auf Sizilien – inklusive umfassender Mittelverwendungskontrolle.

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