von
Noyb zweifelt an der Aussagekraft der Daten. So habe der im Oktober 2022 verstorbene Dietrich Mateschitz laut Abfrage von Noyb bei der Kreditauskunftei CRIF danach noch gelebt. Und der zu Lebzeiten reichste Österreicher kam zuletzt auf einen Credit Score von 540 Punkten und war damit in puncto Kreditwürdigkeit unter dem Durchschnitt der Österreicher, so das Ergebnis einer Abfrage der Datenschutzorganisation. Ein 19-jähriger Zivildiener wurde hingegen hoch bewertet.
Die Folge einer schlechteren Bewertung kann sein, dass ein Handy- oder Strom-Vertrag abgelehnt, ein Kredit nur mit einem Risikoaufschlag gewährt oder einem beim Online-Händler die Zahlung auf Rechnung verwehrt wird. Denn zu den Kunden der Kreditauskunftei zählen etwa Mobilfunkunternehmen wie Magenta und Drei, Versorger wie der Verbund, die Volksbank oder der Online-Händler Zalando. Diese bezahlen für die Informationen von CRIF - ohne zu wissen, welche Daten und Informationen in die Bewertung der Kunden eingeflossen sind.
Rund 90 Prozent der Bewertungen würden laut Noyb auf allgemeine Daten wie Wohnort, Alter und Geschlecht beruhen. "Die CRIF hat eine Art privates Melderegister mit den Daten fast aller Leute in Österreich aufgebaut", sagte Max Schrems, Vorstandsvorsitzender von Noyb, vor Journalisten. "Aus diesen Daten wird dann ein höchst fragwürdiger 'Score' zu jedem Menschen berechnet und an andere Unternehmen verkauft." Und für Personen, die nicht in der Datenbank der Kreditauskunftei sind, wird anhand der Daten in der Anfrage ein Score ermittelt. Wer sich aus der Datenbank löschen lassen will, könnte daher eine schlechtere Bewertung erhalten.
Daher bezweifelt die Datenschutzorganisation nicht nur im Fall Mateschitz die Aussagekraft des von CRIF ermittelten Scores, dessen Skala von 250 bis 700 Punkten reicht. Vor allem der Wohnort dürfte bei der Bewertung der Kreditwürdigkeit eine große Rolle spielen. Bei Zustelladressen in Salzburg und Wien für die gleiche Person ergaben sich Unterschiede von 150 Punkten. Frauen sowie ältere Personen schneiden zudem besser ab als Männer und jüngere Personen, führte Schrems aus.
Daher sucht Noyb aktuell Personen, die einer Datenabfrage bei CRIF zustimmen. Der von CRIF mitgeteilte Credit Score wird dann mit der tatsächlichen Einkommenssituation der Freiwilligen verglichen und die Daten aller Teilnehmer in Zusammenarbeit mit einer Universität wissenschaftlich ausgewertet. Dadurch soll festgestellt werden, wie aussagekräftig die Credit Scores tatsächlich sind.
Kritisiert wird aber nicht nur, wie die Credit Scores erstellt werden, sondern auch, wie CRIF zu den Daten kommt. Denn ein großer Teil der Daten stammt - so Noyb - vom Adressverlag AZ Direct, der diese nur für Marketingzwecke weitergeben dürfte. Dennoch bezog CRIF diese Daten für 100.000 Euro pro Jahr für ihre Zwecke.
Die österreichische Datenschutzbehörde kam 2023 zum Ergebnis, dass ein Großteil der Datenbank der Kreditauskunftei illegal ist, allerdings hat CRIF ein Rechtsmittel gegen die Entscheidung der Datenschutzbehörde eingebracht. Eine höchstgerichtliche Entscheidung steht noch aus. CRIF betonte damals, dass ihr Vorgehen regelkonform sei und die Verifizierung Unternehmen wie Verbraucher schütze. "Darüber wie CRIF Daten verarbeitet, klärt CRIF jederzeit und transparent in ihrer Datenschutzerklärung auf", hieß es 2023 in einer Stellungnahme.
Neben der wissenschaftlichen Auswertung der Daten will Noyb prüfen, ob CRIF gegen die Datenschutzverordnung verstößt. "Es gibt bereits mehrere Entscheidungen und Urteile, die rechtswidriges Verhalten der CRIF festgestellt haben", sagte Schrems. "Auch wenn diese Fälle noch nicht final entschieden sind, ist das eine gute Basis für eine Sammelklage." Man hoffe, noch heuer eine Klage einbringen zu können. "Eine Sammelklage gegen CRIF und ihre Partner wäre vermutlich die größte Sammelklage, die es in Österreich bisher gab." Betroffenen, die sich der Sammelklage anschließen, könnten laut Noyb Schadenersatzzahlungen von 200 Euro bis 1.000 Euro pro Person zugesprochen werden.