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COP30: Was der UN-Klimagipfel in Belém entscheidet

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COP30 zu Klimafinanzierung, Wäldern und fossilen Energien: warum das Treffen in Belém trotz Chaos entscheidend ist und die USA trotzdem fern bleiben.

Die planetengrößte Klimakonferenz ist in Belém im brasilianischen Amazonasgebiet gestartet. Delegationen aus mehr als 190 Ländern ringen zwei Wochen lang um konkrete Schritte gegen gefährliche Erderwärmung. Nach einem Jahrzehnt beispielloser Hitze und Extremereignisse ist der Druck so hoch wie nie. COP30 soll liefern, wie das 1,5-Grad-Ziel praktisch erreichbar bleibt.

Was hinter COP30 steckt

Seit 1995 treffen sich die „Conference of the Parties“, die Vertragsstaaten der UN-Klimarahmenkonvention. Ein Meilenstein war 2015: In Paris einigten sich mehr als 190 Länder, die Erwärmung deutlich unter zwei Grad und möglichst auf 1,5 Grad gegenüber vorindustrieller Zeit zu begrenzen. Das Abkommen skizzierte Ziele, aber keinen detaillierten Fahrplan.

Diesen Fahrplan sollen nationale Klimapläne im Fünfjahresrhythmus liefern. Für COP30 waren neue Pläne bis 2035 fällig, die Frist im Februar verpassten jedoch mehr als 90 Prozent der Regierungen. Inzwischen haben die meisten Länder nachgereicht, einige große Emittenten wie Indien fehlen jedoch noch.

Warum der Gipfel umstritten ist

Belém wurde als Tor zum Amazonas bewusst gewählt, um den Schutz des Regenwaldes ins Zentrum zu rücken. Doch die Stadt mit rund 18.000 Hotelzimmern ist für den Andrang von etwa 50.000 Menschen schlecht gerüstet. Knappheit ließ Preise explodieren, Delegationen berichteten, sie seien aus Unterkünften und aus entscheidenden Räumen faktisch herausgedrängt.

Kritik provozierte auch Brasiliens jüngste Genehmigung von Probebohrungen nach Öl an der Amazonasmündung, nur wenige Hundert Meilen von Belém entfernt. Präsident Luiz Inácio Lula da Silva betont zwar den Kampf gegen Entwaldung und warb zum Gipfelauftakt eindringlich für mehr Klimaschutz. Zugleich unterstützt er die Ölförderung und weist den Vorwurf der Doppelmoral zurück.

Die Streitpunkte: Geld und fossile Energien

Entscheidend wird, wie viel Klimafinanzierung wohlhabendere Staaten ärmeren Ländern bereitstellen. In Aserbaidschan vereinbarten die Staaten, bis 2035 jährlich 300 Milliarden US-Dollar zu mobilisieren, mit der weitergehenden Ambition von 1,3 Billionen aus verschiedenen Quellen. Ein Fahrplan zur Aufstockung der Mittel liegt vor und wird nun zur Bewährungsprobe der Verhandlungen.

Mindestens ebenso heikel ist der Umgang mit fossilen Energien. Erst 2023 rief ein COP-Abschluss erstmals zum Übergang weg von Öl, Kohle und Gas auf. Inzwischen drängen jedoch mehrere Länder wieder auf mehr Förderung, und Petrostaaten sowie Ölkonzerne treten selbstbewusster gegen Formulierungen auf, die fossile Energien verantwortlich machen oder ihren Ausstieg festschreiben würden.

Wälder im Fokus: die „Amazonas-COP“

Brasilien will COP30 zum Waldgipfel machen. Präsident Lula wirbt für einen Fonds von 125 Milliarden US-Dollar, der Länder für den Schutz ihrer Wälder entlohnt. Der Ansatz soll Entwaldung stoppen und Biodiversität sichern, während zugleich lokale Wirtschaftsperspektiven entstehen.

Die Debatte über Waldschutz ist eng mit Klimafinanzierung verbunden. Ohne verlässliche Mittel für den Erhalt der Kohlenstoffsenken drohen Fortschritte zu verpuffen. Belém wird damit zum Lackmustest, ob Natur- und Klimaziele zusammengeführt werden können.

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Hat das 1,5-Grad-Ziel noch eine Chance?

Die Vereinten Nationen sehen das Ziel kurzfristig außer Reichweite, weil Staaten zu langsam gehandelt haben. Auf Basis aktueller Politiken steuert die Welt laut UN auf 2,8 Grad Erwärmung zu. Werden die neuen Zusagen vollständig erfüllt, sinkt die Projektion auf etwa 2,3 bis 2,5 Grad.

Das ist ein Fortschritt gegenüber früheren Vier-Grad-Szenarien, bleibt aber hochgefährlich. Ein solches Maß an Erwärmung erhöht das Risiko für Kipppunkte wie den Verlust von Korallenriffen oder das Abschmelzen großer Eisschilde. Eine spätere Unterschreitung nach einem Überschießen würde sehr viel CO2-Entnahme aus der Atmosphäre erfordern, Technologien dafür sind im großen Maßstab nicht erprobt.

Die Rolle der USA

Die US-Regierung schickt keine hochrangige Delegation nach Belém. Zuvor hatte Präsident Donald Trump die USA im Januar aus dem Pariser Abkommen herausgeführt und die internationale Klimapolitik wiederholt scharf kritisiert. Fachleute befürchten, die Abwesenheit des größten historischen Emittenten könnte anderen Ländern als Vorwand dienen, Ambitionen zu senken.

Andere sehen in der Abwesenheit eine Chance auf ruhigere Gespräche. In diesem Jahr hatte die US-Regierung bereits zwei globale Prozesse mit torpediert, darunter eine weltweite Plastikvereinbarung und eine Abgabe auf die Klimaverschmutzung der Schifffahrt. In Belém dürfte nun viel von Allianzen anderer Akteure abhängen.

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Was am Ende herauskommen kann

COPs entscheiden im Konsens, jedes Land kann also faktisch blockieren. Abschlusssitzungen verzögern sich daher oft um viele Stunden. Ziel von COP30 ist eine belastbare Handlungsroute für das kommende Jahrzehnt.

Der Abschluss könnte Zusagen zu Finanzflüssen, Anpassung an Klimafolgen, Naturschutz und zur sauberen Energiewende bündeln. Auch eine Sprache zum schrittweisen Rückfahren fossiler Energien steht im Raum, ist aber angesichts geopolitischer Gegenwinde schwer durchzusetzen.

Gründe für verhaltenen Optimismus

Jenseits der Verhandlungsräume schreitet die Energiewende schneller voran als erwartet. In der ersten Jahreshälfte 2025 überholten Erneuerbare, angeführt von Solar, erstmals weltweit die Kohle als wichtigste Stromquelle. Das ist ein Meilenstein mit Signalwirkung für Investitionen und Politiken.

Diese Dynamik kann Verhandlern Rückenwind geben. Doch ohne belastbare politische Entscheidungen und verlässliche Finanzierung wird auch der Markt allein die Lücke zum 1,5-Grad-Pfad nicht schließen.

Belém steht für die Gegensätze der Klimapolitik zwischen Waldschutz und Öl, zwischen Ambition und Realpolitik. COP30 muss diese Widersprüche nicht lösen, aber so ordnen, dass die nächsten Jahre planbar werden. Ob das gelingt, entscheidet sich an klaren Finanzzusagen, glaubwürdigen Plänen bis 2035 und daran, wie eindeutig die Weltgemeinschaft den Abschied von fossilen Energien formuliert.

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