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Die Rückkehr der Wildnis: Wenn die Natur verlorenes Land zurückerobert

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©Unsplash / Matias Luge

Während jahrhundertelang immer mehr Wälder und Wiesen der Landwirtschaft weichen mussten, zeigt sich nun ein gegenläufiger Trend: Weltweit werden Acker- und Weideflächen aufgegeben, die Natur kehrt zurück. Warum das 21. Jahrhundert zum Wendepunkt für unseren Planeten werden könnte.

Es gibt nicht nur schlechte Nachrichten, wenn es um Umwelt und Natur geht. Während sich Anbauflächen für Nahrungsmittel und Viehzucht bis zum 20. Jahrhunderts alle paar Jahrzehnte verdoppelten, beobachtet die UN Food and Agriculture Organization (FAO) seit dem Jahr 2000 eine Umkehr der Entwicklung. Global betrachtet wird mehr Ackerland und werden mehr Weideflächen aufgegeben als neu gerodet. Sie verändern sich zu Grasland, Wald oder Buschland, und die freie Natur breitet sich aus.

Durch Wiederaufforstung in Europa und Nordamerika, frei werdende Weideflächen in Australien, Süd-Amerika und Zentralasien, und stillgelegte Tabakplantagen in China und Brasilien verringern sich die Flächen für die Nahrungsmittelproduktion. Weiters steigern verbesserte Bewässerungssysteme, moderne Dünger und Pestizide die Produktivität der Agrarwirtschaft – es wird mehr erwirtschaftet auf weniger Raum. Landwirtschaftliche Nutzflächen verringerten sich seit 1960 weltweit um ein Gebiet von 35-mal der Fläche von Spanien.

Aus Weideflächen werden Naturgebiete

Wolle und Baumwolle wurden teilweise durch synthetische Fasern ersetzt. Heute wird 25 Prozent weniger Wolle als vor 50 Jahren verarbeitet. Große Areale, einst Weideflächen für Schafe, sind neue Naturgebiete. Die 70.000 Hektar große Schaffarm White Wells in Australien beherbergt das Charles-Darwin-Reservat mit 700 verschiedenen Pflanzen- und 230 Tierarten. Die ehemalige Chacabuco-Farm in Argentinien ist ein Naturschutzgebiet, in dem der seltene Ñandú lebt.

Der Fleischkonsum steigt zwar, Konsumenten wechseln jedoch von Rind- und Lammfleisch zu Schwein und Geflügel, deren Zucht weniger Land beansprucht. Das veränderte Konsumverhalten gab in den letzten Jahren eine Fläche von rund 20 Millionen Hektar frei – etwa die Größe von Spanien. In Bezug auf Getreide lag der Korn­ertrag 1960 bei einer Tonne pro Hektar – heute sind es mehr als vier Tonnen.

Die große Unbekannte Klimawandel

Die große Unbekannte im Modernisierungsprozess der Landwirtschaft bleibt der Klimawandel. Extreme Temperaturen und veränderte Niederschläge könnten die geplanten Erträge gefährden. Die Forschung arbeitet an der Entwicklung klimaresistenter Pflanzen und mikrobiell erzeugten Ersatzstoffen für natürliche Öle, Fette, Kaffee, Tee, Kakao und Tierfutter. Der Bedarf an Acker- und Weideflächen würde damit weiter gesenkt werden.

Ein weiterer Forschungsbereich ist die Herstellung von Laborfleisch, derzeit noch im Anfangsstadium und extrem teuer. Vor zehn Jahren kostete ein Kilo künstliches Fleisch über eine Million Dollar. 2030 könnte sich der Preis auf sechs Dollar reduzieren.

21. Jahrhundert als Wendepunkt

Was bringt die Zukunft? Neben synthetischer Herstellung von Lebensmitteln bringen neue Technologien der Landwirtschaft und Viehzucht wie Gewächshaus-Produktion und vertikale Produktionssysteme eine Vervielfachung der Erträge bei geringerem Flächenbedarf. Gelingt der Übergang zu teilweise flächenlosen Ernährungssystemen, wäre das 21. Jahrhundert ein Wendepunkt – vielleicht das erste Jahrhundert in dem wir den Planeten mit mehr Natur zurücklassen, als wir ihn vorgefunden haben.

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Dieser Beitrag ist ursprünglich in der News-Printausgabe Nr. 41/2025 erschienen.

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