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Produktion und Vertrieb von Textilien stehen seit geraumer Zeit ob ihrer sozialen und ökologischen Auswirkungen im Visier. Vor allem Billigprodukte, also die sogenannte Fast Fashion, werden kritisiert. Hier scheint der Trend keineswegs gebremst zu sein, im Gegenteil: Immer mehr wird über Onlineportale aus Fernost gekauft. Ein Besuch in einem Shop auf einer Einkaufsstraße erscheint im Vergleich dazu inzwischen fast wie ein Akt der Nachhaltigkeit.
Als solcher ist jedenfalls die MUT-Tauschinitiative zu verstehen. In regelmäßigen Abständen öffnet die Vereinszentrale in der Nähe des Naschmarkts ihre Pforten und legt in einem Zimmer im Hinterhof Stapeln unterschiedlichster Klamotten auf. Hosen, Oberteile, Kleider oder Röcke sind dort genauso zu finden wie das eine oder andere Accessoire oder Schmuck. Besucherinnen und Besucher müssen nichts bezahlen und sich auch nicht anmelden, wie Sprecherin Katharina Zedlacher der APA erläuterte.
Und auch wenn die Bekleidung kostenlos abgegeben wird, sind die Tauschveranstaltungen nicht ausschließlich als Obdachlosenhilfe gedacht. Bedürftige Personen können sich beim Verein zwar ebenfalls Sachspenden abholen, dafür gibt es jedoch auch eigene Aktionen. Trotzdem ist der Andrang für den Charity Swap rege, beim Eingang bildet sich vor Beginn sogar eine kleine Schlange. Dass man selbst Altkleidung mitbringt, ist übrigens nicht nötig.
Viele haben aber sehr wohl selbst Gewand zum Abgeben mit dabei, oft auch in größeren Mengen. Dieses wird aber nicht sofort auf den Tischen ausgebreitet, sondern zuerst gesichtet. Das geschieht nicht zuletzt, um hygienisch problematische Stücke auszusortieren. Akzeptiert wird prinzipiell nur gewaschene Kleidung. Mitunter finden sich laut Verein aber auch Mitbringsel darunter, die dieses Kriterium nicht erfüllen.
Pro Termin kommen rund 100 Personen, berichtete Zedlacher. Schon auf den ersten Blick fällt auf, dass nicht wenige Gäste schon beim Eintreffen gut gekleidet sind. Viele der Anwesenden sind jung und dürften eher auf der Suche nach Vintage-Stücken sein und sich nicht aus Geldnot durch das Angebot wühlen. Zugleich nehmen sie aber auch an einem Umwelt- und Klimaprojekt des Vereins teil.
Im Visier steht dabei der Umgang mit den Produkten. Entsprechende Fakten werden online (https://verein-mut.eu/) oder auf Plakaten, die im Tauschzentrum affichiert sind, dargeboten. Man verweist etwa darauf, dass rund die Hälfte der Kleidung laut Statistik weniger als vier Mal im Jahr oder gar nicht getragen wird. Allein in Österreich würden mehr als 200.000 Tonnen Textilien im Müll landen. Auch die oft langen Transportwege werden kritisiert. Das belaste Geldbörse genauso wie Umwelt, betont man.
Auch hätten allein 35 Prozent des Mikroplastiks in den Ozeanen ihren Ursprung darin, das häufig von gewaschener Kleidung stammt. Als problematisch gilt auch die Erzeugung. Etwa 9.000 Liter Wasser werden zur Herstellung der Kleidung jeder EU-Bürgerin bzw. jedes EU-Bürgers im Jahr verbraucht, rechnet man vor.
Färbung und Veredelung der Textilien würden rund 20 Prozent der weltweiten Wasserverschmutzung verursachen, wird beklagt. Empfohlen wird, auf weniger belastende Naturfasern zu setzen oder seine Kleidung lange zu tragen bzw. gebraucht kaufen - oder eben zu tauschen.
WIEN - ÖSTERREICH: FOTO: APA/GEORG HOCHMUTH