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Neue Hilfe gegen Hitzewallungen auch ohne Hormonersatz

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Medikament gegen Wechselbeschwerden in Sicht
©APA, dpa, Marcus Brandt
Eine neue Klasse von Arzneimitteln könnte in Zukunft die Probleme vieler Frauen in der Menopause lindern. Hemmstoffe von bestimmten Neurotransmittern (Neurokinin) scheinen die Häufigkeit von Hitzewallungen stark zu reduzieren. Das hat sich jetzt auch in einer Studie mit Brustkrebspatientinnen unter antihormoneller Behandlung gezeigt.

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"Elinzanetant hat das Potenzial, eine gut verträgliche und wirksame, nicht hormonelle Behandlungsoption darzustellen. Es könnte bisher nicht zufriedenstellend beeinflussbare gesundheitliche Bedürfnisse vieler Frauen mit mittelschweren bis schweren vasomotorischen Symptomen in den Wechseljahren abdecken", schrieben Ende August vergangenen Jahres JoAnn Pinkerton, Gynäkologin an der George Washington University (Washington), und ihre Co-Autoren in der Zeitschrift der amerikanischen Ärztegesellschaft (JAMA). Dort wurden gleich zwei große angelegte Wirksamkeitsstudien zu dem potenziellen Medikament gegen Wechselbeschwerden inklusive Hitzewallungen, Schlafstörungen etc. publiziert.

Der Hintergrund: Frauen im Wechsel berichten zu rund 80 Prozent über Hitzewallungen als sogenannte vasomotorische Symptome. Etwa 60 Prozent haben Schlafstörungen. Als medikamentöse Mittel dagegen standen bisher der ehemals wegen Krebsverdachts in Verruf gekommene Hormonersatz und Antidepressiva in Verwendung. Auch wenn mittlerweile die Hormonsubstitution wieder häufiger propagiert wird, akzeptieren viele Frauen diese Möglichkeit nicht - ähnlich wie die sonst bei psychiatrischen Erkrankungen eingesetzten Medikamente.

Hier könnten in Zukunft Wirkstoffe wie Elinzanetant eine Rolle spielen. Die Substanz hemmt die Rezeptoren für zwei Neurobotenstoffe (Neurokinin-1 und Neurokinin-3) im Gehirn. Diese Rezeptoren sind entscheidend für die Regulierung der Körpertemperatur. Unter Östrogenmangel, wie er mit der Menopause auftritt, führen Verschiebungen im Gleichgewicht der beteiligten Botenstoffe im Gehirn zu den teilweise extrem häufig auftretenden Hitzewallungen, was oft sieben bis neun Jahre lang anhält.

In den im August 2024 veröffentlichten Studienergebnissen zeigte sich bei mehr als 600 Probandinnen im mittleren Alter von rund 55 Jahren und mittelschweren bis schweren Symptomen eine gute Wirkung bei einmal täglicher Einnahme des Medikaments (120 Milligramm Elinzanetant in Kapselform): Hatten die Teilnehmerinnen vor Beginn der Studie täglich rund 15 Hitzewallungen gehabt, so sank diese Frequenz unter dem Medikament binnen zwölf Wochen um etwa 65 Prozent. In den Placebo-Gruppen der beiden Untersuchungen lag die Verringerung bei etwa minus 40 Prozent. Auch die Stärke der Symptome nahm ab. Gleichzeitig wurde eine Verbesserung der Schlafstörungen im Vergleich zu dem Scheinmedikament beobachtet.

Elinzanetant wurde deshalb vom deutschen Pharmakonzern Bayer in den USA und in der EU für die Zulassung eingereicht. "Es sind zwar noch weitere Studien erforderlich, um das volle Potenzial dieser Medikamente zu erforschen, doch scheinen wir in eine neue Ära eingetreten zu sein, in der die Behandlung der Menopause individuell auf die Symptome, die persönliche und familiäre Krankengeschichte, Nebenwirkungen und persönliche Vorlieben zugeschnitten werden kann", hatten zu den Studienergebnissen Stephanie Faubion und Chrisandra Shufelt, Internistinnen mit dem Schwerpunkt Frauengesundheit an der Mayo Clinic in Jacksonville im US-Bundesstaat Florida, laut der deutschen "Pharmazeutischen Zeitung" festgestellt.

Jetzt ist im "New England Journal of Medicine" (DOI: 10.1056/NEJMoa2415566) auch im Druck eine neue Wirksamkeitsstudie mit Elinzanetant erschienen. Dabei ging es um die Beeinflussung von "Wechselbeschwerden" bei Brustkrebspatientinnen unter antihormoneller Behandlung. "70 Prozent aller Mammakarzinomerkrankungen sind Hormonrezeptor-positiv (Tumor wachstumsabhängig von Östrogen; Anm.). Die Behandlungsleitlinien empfehlen für diese Frauen für fünf bis zu zehn Jahre eine antihormonelle Therapie (Antiöstrogen wie Tamoxifen oder Aromatasehemmer) (...). Vasomotorische Symptome (auch bekannt als Hitzewallungen) sind die häufige Nebenwirkung dieser Therapie und können speziell bei jüngeren Frauen schwerer sein als während des natürlich eintretenden Wechsels (...)", schrieben Fatima Cardoso (Brustzentrum an der Champalimaud-Stiftung in Lissabon) und ihre Co-Autoren.

De facto bedeutet die antihormonelle, "endokrine" medikamentöse Therapie im Anschluss an die Operation wegen eines Mammakarzinoms einen "künstlichen Wechsel". Somit lautete die Frage, ob der neue Wirkstoff nicht auch hier eine Hilfe sein könnte. In die klinische Studie wurden Brustkrebspatientinnen mit einem Hormonrezeptor-positiven Karzinom im Alter zwischen 18 und 70 Jahren und mittelschweren bis schweren vasomotorischen Symptomen aufgenommen. 316 von ihnen nahmen per Zufall bestimmt 52 Wochen lang täglich eine Kapsel mit dem Wirkstoff ein. 158 Probandinnen bekamen zwölf Wochen lang ein Placebo, darauf dann das echte Medikament für die weiteren 40 Wochen.

Im Mittel hatten die Teilnehmerinnen an der Studie pro Tag 11,4 Hitzewallungen gehabt. Unter dem echten Medikament verringerte sich die Zahl unter Elinzanetant um durchschnittlich 7,8 solcher Episoden pro Tag. In der Placebogruppe waren es im Mittel 3,4 Hitzewallungen pro Tag weniger. Das Nebenwirkungsspektrum und die Häufigkeit unerwünschter Effekte waren in beiden Gruppen ähnlich, so die Studienautoren.

02.07.2025, Hamburg: Eine Frau kühlt sich mit einem Handventilator unter Sonnenschirmen auf einem Balkon in der Mittagssonne ab. Die Hitzewelle in Deutschland sorgt auch im Norden für schweißtreibende Temperaturen. Foto: Marcus Brandt/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

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