von
Schon jetzt höre man manchmal davon, dass Kinder statt ihrem Wunschstandort einer Brennpunktschule zugeteilt werden, um in den Pflichtschulen (v.a. Volks- und Mittelschulen) für eine bessere Durchmischung zu sorgen, kritisiert Paul Haschka vom Dachverband der Elternvereine gegenüber der APA. "Wir wollen keine Zwangszuteilung von Kindern, sondern gute Schulen für alle."
Die Elternvertretung sei dafür, dass auch Kindern aus bildungsfernen Familien eine gute Bildung ermöglicht werde. "Das darf aber nicht dazu führen, dass Kinder in unbeliebte Schulen, die sie nicht wollten, zugeteilt werden."
Stattdessen sollten Standorte, die wegen ihres besseren Angebots (gute Ganztagsbetreuung, Begabtenförderung, freundliche Leitung und Lehrpersonen etc.) besonders beliebt seien, mehr Kinder aufnehmen dürfen. Dafür könnten diese vor allem in den Städten Räumlichkeiten von Schulen nutzen, die in direkter Nähe, aber weniger nachgefragt sind. "Die beliebtere Schule bekommt zwei bis drei Klassen mehr und wächst, die unbeliebte Schule hat zwei bis drei Klassen weniger und gibt Räume ab", so Haschkas Vorschlag. Er plädiert für die Unterstützung und Erweiterung von gut funktionierenden Lehrerteams und für rasch umsetzbare Neuerungen.
Derzeit entscheidet grundsätzlich der Wohnort darüber, in welche Pflichtschule ein Kind kommt. Man kann zwar einen Wechsel des Schulsprengels beantragen, hier müssen aber die zugeteilte- und die Wunschschule bzw. die betreffenden Gemeinden als Schulerhalter zustimmen. In größeren Gemeinden können mehrere Schulen zu einem Sprengel zusammengefasst werden, Städte wie Wien, Klagenfurt und Linz etwa sind ein einziger Schulsprengel. Gibt es an der Wunschschule mehr Anmeldungen als Plätze, wird üblicherweise nach Kriterien wie Geschwisterkindern an der Schule und Entfernung vom Wohnort gereiht. In der Praxis führt das u.a. zu Scheinummeldungen von Kindern, um die Chancen auf die Wunschschule zu verbessern, wie eine Studie für Wien gezeigt hat.
Dass Eltern durch ihren intensiven Einsatz für den Wunschschulplatz das Entstehen von Brennpunktschulen befördern könnten, weist Haschka zurück. Eltern würden ihre Kinder immer an jenem Standort anmelden, der ihnen am besten für ihr Kind geeignet scheine. Das System der beliebten und unbeliebten Schulen werde vielmehr durch das System verfestigt, weil Kinder, deren Eltern sich nicht so gut mit den Schulen auskennen und jene, die keinen Platz mehr an ihrer eigentlichen Wunschschule bekommen, von der Bildungsdirektion oder Gemeinde einer unbeliebteren Schule zugeteilt werden.
Der von der Bundesregierung geplante "Chancenbonus" sollte daher nur in Verbindung mit mehr Wahlfreiheit umgesetzt werden. Über diesen sollen Schulen, an denen besonders viele Kinder und Jugendliche nicht gut Deutsch sprechen und Eltern mit niedrigem Bildungsabschluss haben, mehr Geld bekommen. Wenn Schulen bisher keine attraktiven Angebote geschaffen hätten, durch die der Standort beliebt würde, "wird auch mit etwas mehr Geld nicht viel erreicht".
Außerdem sei bei einer Brennpunktschule nicht die Schule benachteiligt, sondern der betreffende Schüler, der aus einer bildungsfernen oder sozial benachteiligten Familie komme. Der "Chancenbonus" sollte deshalb nicht an den Standort, sondern das Kind gekoppelt sein und jede Schule für Kinder aus bildungsfernen Familien etwas mehr Mittel bekommen, fordert Haschka.
Zuletzt (Schuljahr 2022/23) fiel im von der Arbeiterkammer (AK) entwickelten Sozialindex, an dem sich die Regierung bei ihrem "Chancenbonus" orientieren will, fast jeder siebente Schüler in Stufe 7 mit "sehr hohem Förderbedarf". Berücksichtigt man auch Schüler auf den Stufen 6 und 5, braucht fast ein Drittel der Kinder und Jugendlichen intensivere Unterstützung der Schule. Kinder aus benachteiligten Familien landen in der Praxis besonders oft in Schulen mit vielen anderen Kindern mit hohem Förderbedarf.
Eine Studie des Instituts für Höhere Studien hat jüngst gezeigt, dass Kinder aus einem benachteiligten Umfeld von einer besseren Durchmischung der Schulen deutlich profitieren: Ihre Chance auf eine Matura steigt, das Risiko eines Bildungsabbruchs sinkt. Je unvorteilhafter allerdings die soziale Durchmischung an einem Standort, desto schlechter sind die Bildungschancen aller - auch von Leistungsstarken oder Akademikerkindern. Jugendliche aus privilegierten Familien sind dabei jedoch laut Studie auch an Schulen mit hohem Sozialindex deutlich öfter erfolgreich.