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Amoklauf in Graz: Kritik an zu wenig psychischer Betreuung an Schulen

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©APA, ROBERT JAEGER
"Auf jeden Fall zu wenig" psychosoziale Betreuung an heimischen Schulen ortet die Psychotherapeutin Béa Pall, Präsidiumsmitglied im Bundesverband für Psychotherapie (ÖBVP). Die "Finanzierung fehlt", das Interesse der Schulen sei aber da, sagte sie im Gespräch mit der APA. Die vorhandenen Unterstützungsnetze seien von Schule zu Schule sehr unterschiedlich. Neben Schulärzten gebe es an manchen Support-Teams, Jugend-Coaches, Sozialarbeiter, Psychologen und Psychotherapeuten.

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Von diesem Personal brauche es "sowohl als auch, weil der Bedarf hoch ist", erläuterte Pall. Psychotherapie könne und sollte in schulischen Kontexten niederschwellig zugänglich sein, wie das Projekt fit4SCHOOL zeige. Psychotherapeutische Beratung in der Schule, Kooperationen mit niedergelassenen Kollegen sowie die Anbindung an ambulante Einrichtungen ermögliche einen frühzeitigen Zugang zur Unterstützung. "Der große Vorteil ist, dass diese Person einmal in der Woche am Standort ist, ein Zimmer zur Verfügung hat und Beratungen durchführen kann", sagte Pall, die Verantwortliche für fit4SCHOOL, die selbst als Schulpsychotherapeutin tätig war.

Ziel sei es, das Projekt flächendeckend auszubauen, Problem ist die Finanzierung und die Umsetzung gehe nur langsam. Zunächst müsste der weitere Bedarf dafür erhoben werden, sagte Pall. Das Projekt mit schulpsychotherapeutischer Beratung sei von Schuldirektoren ausgegangen, weil viele gesagt hätten, wir brauchen dieses Personal, weils sich die Situation verschlechtert habe, das könnten die Lehrer nicht abdecken.

Es handle sich um kurze Beratungen von zehn Minuten bis zu einer halben Stunde, wenn mehr Kapazität vorhanden sei, auch bis zu einer Stunde, berichtete Pall. Es brauche aber auch den niedergelassenen Bereich. "Die Therapie kann nicht in der Schule stattfinden." Ganz wichtig sei die Prävention, nicht jede Krise müsse in einer "wahnsinnigen Eskalation" enden, wie bei dem Amoklauf in Graz. Es gehe darum, Schüler, die akut eingeengt sind, "abzufangen, zu klären, Entlastungsgespräche zu führen". Die oder der Betroffene habe Sicherheit durch die Anlaufstelle und könne in der kommenden Woche noch einmal hingehen.

Es gebe genügend Psychotherapeuten, "die stehen in den Startlöchern" und seien "wirklich gut ausgebildet", verwies Pall auf die Zusatzausbildung im Bereich Kinder und Jugendliche. "Ich glaube, dass es einen Ausbau braucht", sagte sie. Der Amoklauf könne ein "trauriger Anlassfall" dafür sein. Es sei "schon seit der Corona-Pandemie viel getan worden", betonte sie. "Aber es ist bei weitem nicht ausreichend."

Angesprochen auf den Schulabbruch des Täters vor drei Jahren, sagte Pall, es komme darauf an, "wie man aus der Schule ausscheidet" - ob freiwillig oder unfreiwillig. Möglicherweise sei jemand für eine bestimmte Schulform nicht geeignet. Die Personen könnten begleitet werden, Gespräche geführt und eine Beziehung aufgebaut werden. Der Person könne zugesprochen werden: "Das ist eine schwierige Situation für dich." Es gelte, andere Möglichkeiten im Leben zu finden und möglicherweise zu sagen, "da braucht es weitere Betreuung".

Die Ermittler hatten am Donnerstag auch bekanntgegeben, dass der Täter online Ego-Shooter spielte. Hier könnten normalerweise Menschen zwischen Fiktion und Realität unterscheiden, betonte Pall. Bei dem Amokläufer liege mit hoher Wahrscheinlichkeit auch eine Persönlichkeitsstörung vor sowie "nicht verarbeitete Kränkungen, fehlender Umgang mit Wut, Aggression und Frustration", sagte sie.

(S E R V I C E - Beratungsangebote:

fit4SCHOOL-Hotline +43-5-125-617-34

Schulpsychologie-Hotline (österreichweit): 0800-211-320

Rat auf Draht: Tel. 147 (ohne Vorwahl)

Telefonseelsorge: Tel. 142 (ohne Vorwahl)

"Reden wir!" - Steirisches Hilfetelefon: 0800-20-44-22

PsyNot - Psychologische Akut-Hotline: 0800-44-99-33)

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