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Nach einem Auftritt beim Showcase-Festival South by Southwest in Texas besuchte Bacher vor einigen Jahren einen nach Mexiko City umgesiedelten Freund und war vom Vibe der Stadt sofort angetan. "Das war dann überhaupt kein Urlaub, sondern voll ein Eintauchen in diesen Ozean dort", erinnerte er sich im APA-Gespräch an Sessions mit lokalen Musikern, die ziemlich spontan, aber dafür umso ergiebiger ausgefallen sind. Das Feuer war entfacht, ein längerer Aufenthalt musste her. "Durch Zufall bin ich in diese Kreativszene reingedropt worden und war total begeistert. Ich wollte direkt dort bleiben."
Im Winter 2022/23 folgte dann der nächste Abstecher, diesmal für einige Monate. "Es war eine Mischung aus Urlaub, neuer Stadt entdecken, netzwerken und jeden Tag einen Sketch machen. Das war gar nicht mit dem Anspruch, ein Album zu machen." Doch genau das ist passiert, allerdings unter lockeren Vorzeichen. "Das sind ja die besten Phasen, wie du sie als Musiker haben solltest: Aufstehen in der Früh, ein bisschen Sport machen, frühstücken und dann eine Idee umsetzen", betonte Bacher. "Dabei ist es egal, ob die dann total den Kreativstrudel auslöst oder man nur einen Hip-Hop-Beat macht und der nach einer halben Stunde erledigt ist."
Die beständige Arbeit jeden Tag mache das Material jedenfalls Stück für Stück besser. "Irgendwann kristallisiert sich heraus, wo der Interessensfokus liegt. Und dann, nach zwei, drei Monaten, könnte man was machen." Zurück in Wien, ging Bacher mit dem Output zu seinen beiden Freunden Oliver Johnson (Dorian Concept) und Paul Movahedi (The Clonius). "Ich war ja der Auffassung, dass das alles zu kurz ist und keine Nummern sind. Aber von ihnen kam das Feedback: Nein, es ist alles da! Man muss es nur ein wenig schlau arrangieren."
Gesagt, getan: Die 12 fertigen Tracks stehen zwar durchaus in der Tradition von Cid Rims vielgestaltiger Elektronik, die sich zwischen Clubsounds und Hip-Hop-Party bewegen, aber bieten noch viel mehr. Sommerliche Attitüde, ein ungemein spielerischer Gestus und zwingende Kopfnicker-Beats vermengen sich auf "Sprint" zu einem Gebräu, das in jeder Phase mundet. Vom luftigen "Thunderstruck" über die Hochgeschwindigkeitsrepetition "Yes" bis zum atmosphärisch feinen "Aurora Projects" gibt es alles, was für eine durchtanzte Nacht oder den sonnendurchfluteten Roadtrip gebraucht wird. Kein Füller, keine Sekunde Langeweile, stattdessen eine halbe Stunde eintauchen in Bachers Gedankenwelt.
Johnson und Movahedi seien jedenfalls wichtige Partner in diesem Prozess gewesen. "Es war eine coole Koproduktion, ich habe sie beide quasi als Rick Rubins genutzt, als Ideengeber", verwies Bacher auf den legendären US-Produzenten. Die Vorgabe für ihn sei gewesen: "Was passiert, passiert. In dem Mindset habe ich mir auch viel leichter getan, Feedback anzunehmen und Vorschläge umzusetzen. Ich war froh, wenn ich nicht jedes Detail auf die Waagschale legen musste, sondern die Sachen im Fluss rausgekommen sind. Es wurden mir teils Entscheidungen abgenommen. Das war sicher ein Öffnungsprozess, den ich total spannend und angenehm fand."
Als zentrale musikalische Referenz kann der Big Beat der 1990er genannt werden: Fatboy Slim, The Prodigy und Co. "Ich warte seit ungefähr 22 Jahren, dass Big Beat zurückkommt", grinste der Musiker. "Und es ist immer noch nicht passiert. Aber ich will es machen!" Über viele Songs von Künstlern jener Richtung sei er auf ältere Progrock-Sachen gekommen, die darin gesampelt wurden. "Etwa 'The Kettle' von Colosseum." All das habe ihn geprägt, "aber ich habe das nie verarbeitet". Jetzt habe die Zeit gepasst. "Ich fände es sehr cool, wenn das tatsächlich wiederkommen würde. In der elektronischen Musik ist ja irgendwie alles ein bisschen enger geworden. Aber wer weiß, was noch passiert."
Noch stärker als auf dem Vorgänger "Songs For Vienna" tritt Bacher übrigens als Sänger auf. Wobei die Quintessenz seiner Texte auf der Platte relativ simpel sei: "Einfach Ja sagen! So wie im Song 'Yes', da passiert das ungefähr 264 Mal hintereinander", grinste er. "Über den eigenen Schatten springen, lebensbejahend sein. Ich wollte auf die naivste oder direkteste Art und Weise etwas Positives sagen. Und Ja ist nun mal das Gegenteil von Nein, das Gegenteil von Angst und schlecht." Kollege Dorian Concept habe das ihm gegenüber als "fast schon sturen Optimismus" beschrieben. "Das hat mir sehr gut gefallen, das passt zu mir."
(Das Gespräch führte Christoph Griessner/APA)
(S E R V I C E - Cid Rim live: 31. Oktober Porgy & Bess Wien; www.cidrim.com)
WIEN - ÖSTERREICH: FOTO: APA/APA/LuckyMe/Luis Ramone/Luis Ramone