von
APA: Sie leiten heuer zum ersten Mal die "Sommergespräche". Haben Sie sich in der Vergangenheit schon gefragt, wann es endlich so weit sein wird?
Klaus Webhofer: Ich habe damit gerechnet, dass man mir die Frage irgendwann stellen wird - spätestens seitdem ich Innenpolitikchef bin. Aber ich habe nicht darauf hingearbeitet. Ich lasse die Dinge auf mich zukommen.
APA: Für Sie war dann sofort klar, es zu machen?
Webhofer: Nein. Sofort klar war es nicht. Ich bin schon einmal gefragt worden, da habe ich nicht zugesagt. Heuer hat es aber gepasst, weil das Ressort, das ich vor eineinhalb Jahren übernommen habe, gut aufgestellt ist.
APA: Sie haben schon angekündigt, mit den Spitzen der Parlamentsparteien "in Ruhe" zurück und nach vorne blicken zu wollen. Lässt sich das in solch bewegten Zeiten, in denen ein Aufreger den nächsten jagt, überhaupt bewerkstelligen?
Webhofer: Das "Ruhe" war mehr auf die Länge des Interviews bezogen. Über 50 Minuten ist eine lange Zeit. Das Interview wird natürlich auch aktuelle Themen aufgreifen, aber diese aufgrund der Dauer tiefer behandeln. Für mich ist auch der Rollenwechsel spannend, den alle fünf Gästen auf die eine oder andere Art hinter sich haben. Beate Meinl-Reisinger (NEOS) und Andreas Babler (SPÖ) sind aus der Opposition in die Regierung gewechselt. Christian Stocker (ÖVP) ist plötzlich Kanzler. Leonore Gewessler (Grüne) ist jetzt Parteichefin. Herbert Kickl (FPÖ) hatte die Chance, in die Regierung zu kommen, was aber nicht geklappt hat.
APA: Von welchem der fünf Gespräche erwarten Sie sich, dass es besonders ergiebig wird? Wo erwarten sie mehr Konfrontation?
Webhofer: Das kann ich wirklich nicht sagen. Ich habe schon mit allen fünf Interviews geführt. Niemand ist neu für mich. Es hängt wohl von der Situation ab, was gerade los ist oder wie die Gäste in Stimmung sind. Wahrscheinlich denkt sich jeder, dass es bei Herbert Kickl konfrontativ werden könnte. Natürlich muss man bei ihm darauf gefasst sein, dass etwas zum ORF kommt. Aber wer weiß? Meine Prognose geht nicht so weit.
APA: Wirkt es sich auf Ihre Gesprächsführung aus zu wissen, dass Herbert Kickl den ORF auf einen "Grundfunk" zusammenstutzen möchte?
Webhofer: Ich habe nicht vor, in den Interviews über den ORF zu sprechen, sondern darüber, wofür die jeweiligen Gäste stehen. Man kann aber nie verhindern, dass das eigene Haus zum Thema wird. Damit muss man umgehen können.
APA: Immer mehr Leute vermeiden gezielt Nachrichten, wie nicht zuletzt der Reuters Digital News Report zeigt. Viele fühlen sich erdrückt von der schieren Masse oder auch niedergeschlagen von den vielen Negativschlagzeilen. Ist das nur achselzuckend hinzunehmen oder kann man hier gegensteuern - evtl. auch im Rahmen der "Sommergespräche"?
Webhofer: Die Quoten sagen uns eigentlich das Gegenteil. Immer, wenn etwas los ist, dann konsumieren die Leute Medien. Die "Sommergespräche" sind die Chance in einer an sich politikarmen Zeit, die Politik am Rotieren zu behalten. Wir werden sehen, wie die Quoten sind. Ich bin da recht gelassen.
APA: Zur Nachrichtenvermeidung trägt womöglich auch bei, dass Politikerinnen und Politiker häufig dazu neigen, Fragen auszuweichen, möglichst vage zu bleiben und Stehsätze von sich zu geben. Hand aufs Herz: Aus wie vielen Interviews gehen Sie heraus und denken sich, der Erkenntniswert war überschaubar?
Webhofer: Ja, das gibt es und gar nicht so selten. Sie wollen ihre Botschaften unterbringen und nutzen die Interviewbühne oft nicht dazu, etwas Neues zu sagen. Wir können nur immer wieder versuchen, mit Fragen mehr rauszubekommen. Politikerinnen und Politiker sind der Bevölkerung Rechenschaft schuldig. Es ist daher wichtig, dass es freie Medien gibt, die hinterfragen. Sie sollten keinesfalls nur ihre eigenen Kanäle bedienen, was ohnehin immer mehr wird. Dort kommt nur das vor, was die Politikerinnen und Politiker sagen oder zeigen wollen. Wir müssen dazu ein Korrektiv sein.
APA: Haben Sie das Gefühl, dass das Verständnis vonseiten der Politik für kritischen Journalismus geschrumpft ist?
Webhofer: Nein. Ich würde das so allgemein nicht sagen. In Österreich ist es schon noch so, dass die Bedeutung der Medien als Korrektiv gesehen wird - zwar nicht von allen im gleichen Ausmaß, aber grosso modo schon.
APA: Wie muss das Gespräch laufen, dass Sie danach sagen: Ja, so hat es laufen sollen, so habe ich mir das vorgestellt?
Webhofer: Wenn man etwas aus den Gesprächen mitnehmen kann, man den Menschen etwas besser kennengelernt hat oder auch eine neue Position erklärt bekommen hat, dann ist das eh schon viel. Natürlich sind wir Journalisten auch immer darauf aus, Neuigkeiten zu produzieren. Das ist der Idealfall. Aber da ist man den Gästen etwas ausgeliefert, ob sie bereit sind, so etwas zuzulassen oder nicht.
APA: Man kennt sie primär aus dem Radio. In Ihrer langen ORF-Karriere haben sie unzählige Radiointerviews geführt. Fühlen Sie sich mittlerweile auch vor der Fernsehkamera wohl?
Webhofer: Mittlerweile habe ich mich daran gewöhnt. Aber es ist jedenfalls anders. Im Radio ist alles auf die Sprache fokussiert, auf das Wort. Im Fernsehen gibt es aber zusätzlich noch viele weitere Ebenen. Es kommt darauf an, wie man sitzt, wie man schaut, wie die Gestik ist. Diese verschiedenen Ebenen muss man gleichmäßig bedienen und unter Kontrolle haben. Aber auch Fernsehen kann man lernen.
APA: Heuer kehrt man nach 2022 zur Austragung der Gespräche wieder auf den ORF-Mediencampus zurück. Warum?
Webhofer: Ich finde es total in Ordnung, so wie man die Moderatorinnen und Moderatoren wechselt, auch die Locations zu wechseln. Jetzt waren wir zwei Jahre draußen, nun kehren wir auf den Küniglberg zurück. Das finde ich stimmig.
APA: Ich nehme an, der Kostenaufwand ist so geringer?
Webhofer: Das wird so sein. Ich bin nicht der Kaufmann des Hauses, aber ich denke mal ja (lacht).
APA: Der ORF muss nicht zuletzt aufgrund von Gesetzesänderungen gehörig sparen. Merkt man das schon in der täglichen Arbeit im Newsroom?
Webhofer: Natürlich merkt man es. Es geht auch an uns nicht spurlos vorüber, wenn Posten nicht nachbesetzt werden. Wir leben von der großen Motivation unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die täglich die beste Arbeit abliefern. Aber sicher werden die nächsten Jahre nicht einfacher. Wir sind es aber schon etwas gewöhnt, weil wir seit zehn, fünfzehn Jahren jedes Jahr Sparpakete schnüren. Arbeiten im Sparmodus: Das kennen wir. Natürlich wäre es uns aber lieber, wenn wir mehr hätten.
APA: Sie sind seit den frühen 90er-Jahren im ORF beschäftigt. Hat es Sie nie gereizt, auch in andere Medienhäuser hineinzuschnuppern?
Webhofer: Doch, natürlich. Aber andererseits ist der ORF sehr groß. Es gibt hier viele verschiedene Möglichkeiten, um sich weiterzuentwickeln. Daher ist es letztlich nie dazu gekommen. Ich war immer happy hier.
(Das Gespräch führte Lukas Wodicka/APA)
ORF-"Sommergespräche"-Moderator Klaus Webhofer am Montag, 16. Juni 2025, im Rahmen eines Interviews mit der APA - Austria Presse Agentur in Wien.