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Rohstoffe für den Wiederaufbau: USA und Ukraine schließen brisantes Abkommen

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Donald Trump und Wolodymyr Selenskyj


©IMAGO / ZUMA Press Wire

Die Ukraine und die USA haben sich auf ein milliardenschweres Rohstoffabkommen geeinigt. Es soll beim Wiederaufbau helfen – und den Vereinigten Staaten privilegierten Zugang zu wertvollen Ressourcen sichern. Sicherheitsgarantien? Fehlanzeige.

Was über den Deal bekannt ist

In einer entscheidenden Phase des Ukraine-Kriegs und der Friedensverhandlungen mit Russland haben Washington und Kiew ein Abkommen unterzeichnet, das ebenso strategisch wie wirtschaftlich brisant ist: Ein gemeinsamer Wiederaufbaufonds soll nicht nur Kapital für die Sanierung der zerstörten Infrastruktur bringen, sondern den Vereinigten Staaten auch bevorzugten Zugang zu den begehrten Rohstoffen der Ukraine sichern. Politisch pikant: Konkrete Sicherheitsgarantien gegen weitere russische Angriffe bleiben im Vertrag unerwähnt.

Ein Fonds, viele Fragen

Unterzeichnet wurde die Vereinbarung am Mittwochabend in Washington von US-Finanzminister Scott Bessent und der ukrainischen Vizeregierungschefin Julia Swyrydenko. Der Vertragstext ist bislang nicht veröffentlicht, doch die Eckpunkte wurden bekannt: Die USA und die Ukraine wollen gemeinsam Investitionen in die Förderung von Mineralien, Öl und Gas tätigen. Die Gewinne des Fonds – in den ersten zehn Jahren nicht ausschüttungsfähig – sollen zunächst reinvestiert werden. Erst danach dürfen Mittel auch unter den Partnern aufgeteilt werden.

Laut Swyrydenko werde die Ukraine ihren Anteil nicht aus bestehenden Rohstoffprojekten beisteuern, sondern aus künftigen Förderlizenzen. Eine Reaktion auf Befürchtungen, wonach das Land seine Ressourcen „verscherbelt“. Swyrydenko betont: „Die Ukraine behält die Kontrolle über ihre Ressourcen.“

Zugang zu strategischen Rohstoffen

Für die USA ist das Abkommen ein wirtschaftlicher Coup. Die Ukraine gilt als eines der rohstoffreichsten Länder Europas. Rund 20 Prozent der weltweiten Graphitvorkommen befinden sich auf ukrainischem Boden, dazu kommen bedeutende Reserven an Mangan, Titan und Lithium – allesamt unerlässlich für Hochtechnologien wie Elektroautos oder Windkraftanlagen. Auch sechs Vorkommen Seltener Erden wurden laut ukrainischen Angaben identifiziert. Ein Vorkommen bei Nowopoltawske soll sogar zu den größten weltweit zählen.

Finanzminister Bessent sprach von einem „klaren Signal an die russische Führung“, dass die USA langfristig an einem stabilen und prosperierenden Nachkriegsstaat interessiert seien. Präsident Donald Trump wiederum ließ erkennen, dass er das Abkommen als Deal mit Gegenwert versteht: „Die USA bekommen mehr zurück, als sie investiert haben.“

Sicherheitsgarantien? Nur rhetorisch

Was auffällt: Die von der Ukraine ersehnten Sicherheitsgarantien gegen Russland finden im Vertrag keinen Niederschlag. Zwar heißt es, man unterstütze die Bemühungen um Sicherheitszusagen – rechtlich bindende Verpflichtungen enthält das Abkommen jedoch nicht. Auch über künftige Waffenlieferungen wird nichts Konkretes gesagt.

Trump, der die Ukraine zuletzt mehrfach zum raschen Friedensschluss gedrängt hatte, gab sich gegenüber US-Medien lapidar: Er habe Selenskyj geraten, das Abkommen zu unterzeichnen, „weil Russland viel größer und viel stärker ist“. Ein Satz, der in Kiew wohl ebenso für Ernüchterung sorgen dürfte wie das Fehlen einer militärischen Schutzklausel im Vertrag.

Symbolpolitik mit Substanz?

In der Ukraine ist man bemüht, den Deal als wirtschaftliche Chance zu verkaufen. Premierminister Denys Schmyhal versicherte, dass keine nationale Souveränität über Ressourcen angetastet werde. Swyrydenko ergänzte, das Abkommen sei „keine Rückzahlung für bisherige Militärhilfen“ – eine Sorge, die insbesondere durch die kompromisslose Rhetorik Trumps geschürt wurde.

Tatsächlich bleibt unklar, in welchem Ausmaß das Abkommen über die wirtschaftliche Ebene hinauswirkt. Zwar ist der Zugang zu Rohstoffen für die USA auch geopolitisch motiviert, doch eine echte Sicherheitsarchitektur für die Ukraine wird damit nicht geschaffen. Vielmehr scheint Washington auf wirtschaftliche Präsenz statt militärischer Rückendeckung zu setzen.

Ein Deal mit Signalwirkung

Ob der Vertrag am Ende mehr Stabilität oder mehr Abhängigkeit schafft, wird sich zeigen. Klar ist: Die USA sichern sich Einfluss in einem strategisch bedeutsamen Land – in einer Weise, die wirtschaftliche Interessen offen in den Vordergrund stellt. Und die Ukraine? Die darf hoffen, dass der versprochene Wiederaufbau nicht nur Investoren, sondern auch tatsächliche Perspektiven bringt. Vorausgesetzt, das Parlament in Kiew ratifiziert den Deal.

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