von
Der entsprechende "Umlaufbeschluss" fiel ebenfalls einstimmig, sagte Landesgeschäftsführerin Eva Steibl-Egenbauer in der Parteizentrale nach der eineinhalbstündigen Sitzung. Dornauer stehe die Möglichkeit offen, gegen den Ausschluss Einspruch bei einem Partei-Schiedsgericht einzulegen. Es war davon auszugehen, dass der 42-Jährige gegen den Ausschluss ankämpfen wird.
Dornauer habe "schwerwiegend gegen die Statuten und Regeln" der Partei verstoßen, erklärte SPÖ-Chef und Landeshauptmannstellvertreter Philip Wohlgemuth und geißelte seit Monaten laufende "Aktionen" seines Vorgängers. Das Fass zum Überlaufen habe das nunmehrige alleinige Einbringen eines Dringlichkeitsantrags gebracht, in der Dornauer die Rückführung von 170 Millionen Euro an "Übergewinnen" des Landesenergieversorgers Tiwag als Sonderdividende an die Bevölkerung verlangte. Das Ganze hatte seinen Ausgang im Sommer genommen, als Dornauer gegenüber der APA seinen Vorstoß formulierte.
Man habe über Monate versucht, die Konflikte mit Dornauer gemeinsam zu lösen, so Wohlgemuth: "Aber die andere Seite hatte daran kein ehrliches Interesse. Ich bedauere das zutiefst." Donnerstagmittag habe der 42-Jährige schließlich den Antrag für die Landtagssitzung nächste Woche eingebracht - "ohne Abstimmung" mit der eigenen Partei und dem Koalitionspartner. Dabei habe man zuvor noch einen Kompromiss mit dem Koalitionspartner ÖVP gefunden.
"Für Populismus ist unser Auftrag zu wichtig. Wir sind und bleiben paktfähig", betonte der Landeshauptmannstellvertreter. Die Tiroler SPÖ halte sich an das Regierungsprogramm und arbeite dies ambitioniert ab. All dies dürfe nicht gefährdet werden. Schließlich sei die SPÖ auch nach der nächsten Landtagswahl die einzige Garantie, dass die FPÖ nicht in eine Tiroler Landesregierung komme.
"Georg Dornauer hatte mehr Interesse an Provokationen als an Zusammenarbeit", griff indes Steibl-Egenbauer Dornauer scharf an. Der Ex-Parteichef habe "gegen die Ziele und Grundsätze der Partei" und "bewusst gegen die Linie" gehandelt. Zudem habe er auch gegen das Koalitionsabkommen mit der Volkspartei verstoßen. All dies falle unter jene Paragrafen, die zu einem Parteiausschluss führen müssten.
Zuvor hatte bereits der SPÖ-Landtagsklub Dornauer in einer Sitzung am späten Donnerstagnachmittag - wie zuvor angekündigt - aus diesem ausgeschlossen. Der Sellrainer teilte daraufhin der APA mit, "überrascht" von seinem Klubausschluss zu sein. Er wisse ehrlich gesagt auch nicht, "auf welcher Rechtsgrundlage diese Konsequenz nun getroffen wurde." Mehr werde er vorerst nicht sagen. Er wolle das nun erst einmal "ordnen und einordnen".
Der Konflikt zwischen Dornauer und der nunmehrigen SPÖ-Spitze war seit seinem unfreiwilligem Abgang aus Regierung und Parteispitze im vergangenen November stetig geschwelt. Nun kam es zur endgültigen Eskalation wegen des Tiwag-Vorstoßes, den Dornauer aus "Gründen der Gerechtigkeit" und sozialdemokratischer Werte machte, wie er selbst beteuerte.
Die SPÖ-Partei- und Klubspitze sah darin aber einen "Koalitionsbruch" bzw. einen Bruch des Koalitionsvertrages, wonach man bei Anträgen der Regierungsparteien und Abstimmungen bei Anträgen der Opposition gemeinsam vorgehe. "Der Landtagsklub der SPÖ Tirol wird Georg Dornauer ausschließen. Menschlich mögen wir eine solche Entwicklung bedauern, doch sie ist alternativlos, um unsere gemeinsame Arbeit für Tirol fortsetzen zu können", erklärte Klubobfrau Elisabeth Fleischanderl am Nachmittag.
Alle Abgeordneten der Regierungsparteien müssten sich an die entsprechenden Regeln für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit halten, so Fleischanderl. Ein Abweichen von dieser Vereinbarung mit der ÖVP würde wichtige Projekte des Regierungsprogramms gefährden. Wer diesen "konstruktiven Weg der Zusammenarbeit" verlasse, könne nicht mehr Teil des SPÖ-Klubs sein. Die Klubchefin erinnerte auch daran, dass Dornauer im Jahr 2022 bei den Verhandlungen über die Koalition diese Vereinbarungen "persönlich ausgehandelt und unterschrieben" habe.
Zuletzt hatte es hinter den Kulissen Gespräche und Verhandlungen nach Dornauers Tiwag-Vorstoß gegeben. Im SPÖ-Klub zeigte man sich mit Dornauers Begehren weiter nicht einverstanden, somit brachte der frühere Landesparteichef den Antrag alleine ein. Die Oppositionsparteien FPÖ, Liste Fritz und Grüne, die auch eigene Anträge einbringen wollen, signalisierten Zustimmung. Eine Mehrheit hätten diese inklusive Dornauer naturgemäß trotzdem nicht gehabt.
Der Koalitionspartner ÖVP wollte den Ausschluss Dornauers lediglich "zur Kenntnis" nehmen, sagte Klubobmann Jakob Wolf zur APA. "Das ist die Angelegenheit des SPÖ-Landtagsklubs", meinte er. Die ÖVP setze weiterhin auf eine "vertrauensvolle" Zusammenarbeit in der Koalition. Den jüngst eingegangenen Antrag Dornauers zur Tiwag wollte sich Wolf erst einmal anschauen. Ein eigener Antrag der Koalition sei indes nicht geplant, nachdem Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP) daran arbeite, dass die Tiwag-Dividende diesmal höher ausfallen solle.
Für die FPÖ waren durch den Rausschmiss Dornauers indes "Chaos-Tage inmitten der Krise" angebrochen. Landesparteiobmann Markus Abwerzger zeigte sich "schockiert" über das "politische Desaster", das Mattle und "seine sozialdemokratischen 'Schrumpf-Koalitionspartner'" anrichteten. "Die Tirolerinnen und Tiroler haben Stabilität und eine Wende zum Positiven verdient, statt Stillstand, Streit und Eigennutz", hielt er fest und verwies etwa auf die "extremste Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten, eine unvorstellbare Hyperinflation" sowie eine "dramatisch steigende Rekordarbeitslosigkeit".
Für die Liste Fritz sagte der Klubausschluss Dornauers wiederum viel über den "Zustand" der Landesregierung sowie der SPÖ aus. Insbesondere letztere sei "im Selbstbeschäftigungsmodus", wurde Parteiobfrau Andrea Haselwanter-Schneider in einer Aussendung zitiert. Landeshauptmann Mattle müsse "jetzt offenbar bei der SPÖ intervenieren, damit die Koalition nicht auseinanderbricht". "Stabilität sieht anders aus", resümierte die Landtagsabgeordnete.
Die Koalitionsmehrheit wird auch in Zukunft wegen eines baldigen "wilden" bzw. freien Abgeordneten Dornauer jedenfalls nicht gefährdet sein. ÖVP und SPÖ verfügen derzeit im Landesparlament über 21 von 36 Mandaten und stellen somit eine deutliche Mehrheit. Mit einem Mandatar weniger wäre diese nur geringfügig beeinträchtigt.
Der nunmehrige Knalleffekt markierte den Schlusspunkt unter einer seit längerem andauernden Entfremdung. Dornauer und die Parteispitze hatten sich intern nicht mehr viel zu sagen, es herrschte de facto Eiszeit. Der Sellrainer, der der Partei von 2019 bis 2024 vorstand, konnte Landeshauptmannstellvertreter und Landesparteichef Philip Wohlgemuth und Getreuen seinen erzwungenen Abgang in Folge eines Jagdausfluges, in dessen Umfeld auch René Benko zugegen war, nie verzeihen. Er fühlte sich von seinen früheren Vertrauten verraten, fallengelassen und schoss fortan zunehmend quer. Und machte gleichzeitig deutlich, dass er nicht daran denke, sich politisch gänzlich zurückzuziehen. Zum Missmut der Parteioberen. Großes Engagement in Klubsitzungen, in den Ausschüssen sowie im Plenum des Landtags ließ er wiederum vermissen, wurde von der "Gegenseite" geunkt.