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SOS-Kinderdorf kündigt nach Vorwürfen Evaluierung an

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++ ARCHIVBILD ++ Von 2008 bis 2020 soll es zu den Übergriffen gekommen sein
©APA, dpa, Julian Stratenschulte
Nach schweren Vorwürfen gegen das SOS-Kinderdorf in Moosburg bei Klagenfurt hat die Institution am Mittwoch eine "externe Evaluierung der Aufarbeitungsprozesse" angekündigt. Die Wiener Wochenzeitung "Falter" hatte am Dienstag über schwere Vorwürfe gegen die Einrichtung berichtet: So sollen Kinder und Jugendliche über Jahre hinweg misshandelt, eingesperrt und nackt fotografiert worden sein, die Causa sei unter den Teppich gekehrt worden.

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Die Vorwürfe, die auf die Jahre 2008 bis 2020 zurückgehen, wurden in einer Studie festgehalten, die SOS-Kinderdorf selbst in Auftrag gegeben hatte. Die Ergebnisse wurden aber bis heute nicht veröffentlicht. Der "Falter" zitiert aus der Studie, dass ein Pädagoge etwa Nacktfotos von Kindern auf seinem privaten Laptop hatte. Eine Kinderdorf-Mutter soll ein Mädchen drei Jahre lang jede Nacht in einem Zimmer eingesperrt haben, Kinder sollen mit Essens- und Wasserentzug bestraft worden sein. Beim Duschen beobachtete die Pädagogin die Kinder, "um heimliches Saufen zu verhindern", zitiert der "Falter" aus der Studie.

Die wehrlosen Minderjährigen sollen demnach auch gebissen und geschlagen worden sein. Ein Kinderdorf-Leiter soll über die Vorgänge informiert gewesen sein, diese auch dokumentiert haben. Doch statt den Minderjährigen zu helfen, war er ihnen gegenüber laut der Studie selbst gewalttätig.

SOS-Kinderdorf wies am Mittwoch erneut Vorwürfe zurück, dass man die Vorfälle unter den Teppich gekehrt habe: "Nach Bekanntwerden der Vorwürfe im Jahr 2020 wurde eine umfassende Bearbeitung eingeleitet." Man habe sich von Führungskräften getrennt und die Vorwürfe "mit Hilfe externer Unterstützung umfassend aufgearbeitet". Am Standort habe es 2020 einen Aufnahmestopp gegeben, der im Dezember 2020 offiziell wieder aufgehoben worden sei.

Dass Fehler passiert seien, stehe "außer Frage": "Das Leid, das die jungen Menschen in der Betreuung von SOS-Kinderdorf erfahren haben, macht uns tief betroffen und wir wollen uns aufrichtig dafür entschuldigen." Einige Betroffene hätten Opferschutzverfahren durchlaufen und "Entschädigungszahlungen sowie die Finanzierung von Therapieeinheiten" zuerkannt bekommen.

Außerdem wurden weitere Schritte angekündigt: "Der Aufsichtsrat wird zeitnah eine externe Evaluierung der Aufarbeitungsprozesse zur Sicherstellung der institutionellen Verantwortung beauftragen", hieß es von SOS-Kinderdorf. Dabei soll überprüft werden, ob die nach Bekanntwerden der Vorwürfe gesetzten Maßnahmen auch gegriffen haben. Weiters heißt es von der Institution: "Alle Betroffenen, denen durch SOS-Kinderdorf Unrecht widerfahren ist, können sich bei den externen unabhängigen Ombudsstellen melden", auch über eine Whistleblowing-Plattform von SOS-Kinderdorf könnten Fehlverhalten oder Missstände gemeldet werden.

Reaktionen aus der Kärntner Landespolitik blieben nicht aus: "Die öffentlich gewordenen Enthüllungen über systematische Misshandlungen im SOS-Kinderdorf Moosburg sind zutiefst verstörend und moralisch in höchstem Maße verwerflich", reagierte Team Kärnten-Chef Gerhard Köfer, es brauche nun "nicht nur eine lückenlose strafrechtliche Aufarbeitung, sondern auch die schonungslose Aufklärung institutioneller und behördlicher Versäumnisse".

Die stellvertretende NEOS-Landessprecherin Iris Glanzer sagte, die Vorwürfe rund um das SOS-Kinderdorf würden sie zutiefst erschüttern: "Jeder einzelne Hinweis auf Missbrauch muss mit größter Ernsthaftigkeit behandelt und lückenlos aufgeklärt werden." Und Grünen-Landessprecherin Olga Voglauer fordert eine "umfassende Aufklärung und Aufarbeitung", noch immer werde "kollektiv weggeschaut". Sie sieht auch das Land Kärnten in der Pflicht.

(S E R V I C E - Link zur Ombudsstelle: https://go.apa.at/k6m02AMK )

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