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Große Bühne für kleinste Teilchen: Quantenjahr-Event im Rathaus Wiens

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Heute gilt Österreich als ein international anerkannter Standort für Quantenforschung
Die Theorien zur atomaren und subatomaren Welt und ihre mysteriösen Phänomene gelten als eher schwere Kost der Wissenschaft. Im "Internationalen Jahr der Quantenwissenschaft" setzte man am Donnerstagabend im Wiener Rathaus bewusst einen Kontrapunkt: Hochrangige Institutionsvertreter des Exzellenzclusters "Quantum Science Austria", etablierte Forschende, Nachwuchswissenschafter und auch die Komiker Dirk Stermann und Christoph Grissemann trugen zu "Willkommen Quantenwelt" bei.

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Anlass für die Ausrufung eines der Quantenwissenschaft und -technologie gewidmeten "Internationalen Jahres" war für die Vereinten Nationen die Formulierung der Quantenmechanik vor 100 Jahren. Heute gilt Österreich als ein international anerkannter Standort für Quantenforschung. Große Förderschienen wie das mit 107 Millionen Euro bis 2026 dotierte "Quantum Austria", der vorerst auf fünf Jahre Laufzeit anberaumte, rund 35 Mio. Euro schwere und sechs Partnerinstitutionen vereinende FWF-Exzellenzcluster "Quantum Science Austria" (quantA), die in den jüngeren Jahrzehnten aufgebauten rund 60 Arbeitsgruppen oder auch der Physik-Nobelpreis für Anton Zeilinger im Jahr 2022 stehen für Erfolg. Auch die für Wissenschaft zuständige Stadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ) und Bundesministerin Eva-Maria Holzleitner (SPÖ) unterstrichen in ihrer Begrüßung die Relevanz des Feldes. Man habe in diesem Bereich "Tradition und Innovation bestens verbinden können", so Holzleitner.

"Wir haben es bei diesem Thema in Österreich geschafft, uns zu koordinieren", formulierte es Sebastian Schütze, Rektor der Universität Wien, die neben den Universitäten Innsbruck und Linz, der Technischen Universität (TU) Wien, dem Institute of Science and Technology Austria (ISTA) und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) am Exzellenzcluster beteiligt ist. Innsbruck werde wohl eher mit Skifahren und Bergen verbunden - "aber wir können auch mehr", so Veronika Sexl, die Rektorin der Tiroler Universität. Sie verwies auf den Mut, den es zum Ausbau des Feldes gebraucht habe, wie auch die Kommunikation über die Felder hinweg.

Physiker Gregor Weihs, Direktor von "Quantum Science Austria", verriet: Die Frage "Wie funktioniert das?" habe ihn zur Quantenphysik gebracht. Das Feld stehe heute noch vor einigen großen Fragen: etwa, wie es sein könne, dass man über die Quantenverschränkung nicht kommunizieren kann. Zugleich erlaube die "gute Kontrolle über Quantensysteme" auch eine Suche nach neuen Materialien, die man mit herkömmlichen Computern nicht finden könne.

An erster Stelle stand aber beim heimischen Abschlussevent des "Quanten-Jahres" die Unterhaltung des voll besetzten Festsaals: So luden Stermann und Grissemann - Langzeitbetreiber der Late-Night-Satire-Sendung "Willkommen Österreich" im ORF - an diesem Abend zur Talk-Runde "Willkommen Quantenwelt" und forderten ihre wissenschaftlichen Gäste - Thomas Juffmann (Uni Wien), Markus Huber (TU Wien) und Francesca Ferlaino (Uni Innsbruck, ÖAW-IQOQI) - mit launigen Fragen zur Forschung, aber auch zum "privaten Wissenschafter" heraus. "Das Beste, was ich in der Physik hatte, war eine Vier - und das auch nur ein Mal", so Stermann zur persönlichen Herausforderung mit dem Thema.

"Quantenmechanik ist eine andere Art zu denken", so die aus Italien stammende Ferlaino. Sie und ihre Kollegen stellten sich den vom Komiker-Duo aufgebrachten Themen rund um Erklärungsversuche zu Quanten und ihrer Verschränkung, Wissenschaftsskepsis sowie vor dem US-Präsident "flüchtende" Forschende. Es ging aber auch darum, warum Ferlaino als kleines Mädchen schon mit Fußballstar Diego Maradona dinierte (ihr Vater war lange Zeit Präsident des italienischen Fußballklubs SSC Neapel), warum Huber eine Vorliebe für den Gang auf Zehenspitzen hat ("man kann in der Wohnung herumschleichen") oder auch - an Juffmann adressiert -, wer von den Dreien wohl der bedeutendste Forschende sei.

Teil des Programms waren zudem vier Performances von Forschenden im Rahmen von Science Slams: "Laser Cooling" wurde getanzt und gesungen, zu Quasi-Teilchen und anderen Phänomenen aus der Quantenwelt locker und spritzig vorgetragen.

"Es hat sich sehr viel getan, wir sind sehr gewachsen. Es gibt heute mehr als 60 Forschungsgruppen - das ist enorm", so der deutsche Physiker Markus Arndt von der Universität Wien, der seit rund 25 Jahren in Österreich tätig ist. Es habe auch renommierte Preise und Förderungen, wie etwa des Europäischen Forschungsrates, gegeben. "Wir sind nun nur eine so große Gruppe, dass die Basisfinanzierung jetzt zu knapp wird." Auch würden die Experimente immer teurer. In anderen Regionen der Welt, etwa in China, gebe es doch nochmals ganz andere Größenordnungen von Förderungen und Investitionen in diesen Bereich. Der Exzellenzcluster sei toll, aber stoße mit seiner Laufzeit und Ausstattung dann doch auch an Grenzen, um ein großes Forschungsprogramm durchzuziehen. "Es ist leider immer das Geld. Wo das herkommen soll, da suchen und denken wir noch", so der Forscher gegenüber der APA.

"Wissenschaftlich gesehen stehen wir an einem Punkt, an dem sich das Paradigma ändert. Vom Verständnis der Quantenmechanik, dem 'Proof of Principle', gehen wir mehr in Richtung komplexerer Situationen. Zunächst nutzen wir einfachere Atome, nun komplexere - das eröffnet neue Möglichkeiten. Die grundlegenden Noten unserer Musik sind nun da, jetzt beschäftigen wir uns mit den Lyrics", so Physikerin Ferlaino zur APA. Aber das brauche Zeit - "vielleicht brauchen wir dafür nicht einen gigantischen Boost der Förderung, aber etwas Stabiles". Es gebe heute einen enormen Druck, den Quantencomputer oder Produkte für den Gebrauch zu liefern, "wir arbeiten daran und haben auch schon einige technologische Geräte entwickelt, aber es ist ein langer Weg", so die Forscherin, die sich zugleich auch mit einer Initiative namens "Atom*innen" für einen höheren Anteil von Frauen in der Wissenschaft einsetzt.

WIEN - ÖSTERREICH: FOTO: APA

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