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"Das war ein Polizeieinsatz außer Rahmen und ohne Augenmaß", sagte der Botschafter. Er könne nicht glauben, dass so etwas heute in der Europäischen Union möglich sei. Man brauche "nicht über beide Seiten sprechen", die Verantwortung liege klar bei der Polizei. Antworten erhoffte sich Geržina zuallererst vom Innenministerium und der Kärntner Landesregierung. So wie der Einsatz abgelaufen sei, müsse es eine "längerfristige Planung" mit entsprechender Dokumentation gegeben haben. Ein Kommissionsbericht Ende September sei "bei Weitem zu spät".
Der konservative slowenische Ex-Premier Lojze Peterle zeigte sich "sprachlos" über den Polizeieinsatz. "Das ging über alles hinaus, was wir in den letzten Jahrzehnten auf beiden Seiten der Karawanken unternommen haben, um die Schatten und Ängste der Vergangenheit zu überwinden", so Peterle in einer Stellungnahme gegenüber der APA. "Was war das Problem? Die Tatsache, dass die Versammlung dem Antifaschismus gewidmet war, oder dass es sich um Slowenen handelte? Nur eine Machtdemonstration oder ein Rückfall in den Kalten Krieg? Auf jeden Fall riecht hier etwas faul, was mehr als nur eine Erklärung erfordert", so der Ex-Premier.
Dass sich Landespolizeidirektorin-Stellvertreter Markus Plazer nur bei einer Einzelperson entschuldigt habe, bedauere Geržina "zutiefst", wie er zu Ö1 sagte. Darüber hinaus forderte er eine bessere Umsetzung der Sprachenrechte für die slowenische Minderheit.
Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) bemühe sich intensiv, die Dialogbereitschaft auch zu Slowenien aufrechtzuerhalten, hieß es in einer Reaktion aus dessen Büro. Kaiser warne, den Vorfall parteipolitisch zu missbrauchen. "Selbstverständlich ist alles zu tun, damit das verantwortliche Innenministerium den Vorfall lückenlos aufklärt. Vorverurteilungen, egal von welcher Seite, sind jedenfalls fehl am Platz. Es geht um die sich so mühsam verbessert habenden Beziehungen zwischen den Volksgruppen und zu Slowenien, und um die internationale Reputation Kärntens und Österreichs!"
Landeshauptmann-Stellvertreter Martin Gruber (ÖVP) wies die Kritik des slowenischen Botschafters in einer Aussendung zurück. Eine Vorverurteilung der Polizei, auch durch Diplomaten, sei inakzeptabel. "Noch liegen nicht alle Fakten am Tisch. Wer nun pauschale Schuldzuweisungen in Richtung Polizei macht, ignoriert den Rechtsrahmen", so Gruber. Der Peršmanhof sei als Ort des Gedenkens mit größtem Respekt zu behandeln, allerdings müsse auch die Veranstaltung korrekt eingestuft werden. Die "Antifa-Szene" sei als linksextreme Bewegung bekannt, wer von einem "harmlosen Jugendcamp" spreche, bewerte die Situation nicht objektiv. Auch hier möchte Gruber eine vollständige Aufklärung.
Vor dem Gebäude der Kärntner Landesregierung kamen am Freitagnachmittag 300 bis 400 Menschen zu einer Demonstration zusammen. Familien mit kleinen Kindern waren ebenso gekommen wie junge Erwachsene und ältere Menschen. "Hände weg vom Peršmanhof", war auf einem Transparent zu lesen und "Wir sind alle Peršman". Gefordert wurden Aufklärung über den Einsatz, disziplinarrechtliche Konsequenzen für die Verantwortlichen und eine Entschuldigung der Behörden bei Museumsbetreibern, Camp-Teilnehmern sowie Hinterbliebenen der von den Nazis am Peršmanhof Ermordeten.
Mira Gabriel vom "Klub slowenischer Student*innen in Wien" warf in ihrer Ansprache auf Slowenisch Fragen auf: Warum sollten alle Teilnehmer des Antifa-Camps am Peršmanhof identifiziert werden? Was oder wen wollten die Beamten finden? Die Campteilnehmer handelten im Einklang mit der Verfassung, sie stellten keine Bedrohung dafür dar, sagte sie. "Lassen wir nicht zu, dass man uns auf eine Stufen mit Identitären und Neonazis stellt!" Der Schriftsteller Andreas Pittler ortete Gesetzesbrüche bei der Einsatzleitung.
Die Kärntner Grünen-Sprecherin Olga Voglauer freute sich am Rande der Demo über die "breit getragene Solidarität". Die Verantwortung könne man nicht nur auf die Polizei abschieben, auch die Bezirkshauptmannschaft war involviert, damit trage auch die Landesregierung Verantwortung. Landeshauptmann Kaiser müsse sich bei den Betroffenen entschuldigen. Die Erklärungen der Polizei hätten sich mehrfach geändert. "Zuerst war es ein spontaner Einsatz, dann war es ein sorgfältig geplanter." Die Aufklärung müsse rasch gehen. "Es kann nicht sein, dass es bis September dauert, bis wir wissen, wer diesen Einsatz in Auftrag gegeben hat." Es werde weitere parlamentarische Anfragen zu Kosten und zur Frage Slowenisch als Amtssprache geben. Auch Valentin Inzko vom Rat der Kärntner Slowenen fordert als Demo-Teilnehmer Aufklärung. "Wer hat den Einsatz in Auftrag gegeben?"