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Die junge Frau muss sich einem Deradikalisierungsprogramm bei der Beratungsstelle Extremismus unterziehen. Per gerichtlicher Weisung wurde sie außerdem verpflichtet, eine psychotherapeutische oder klinisch-psychologische Behandlung in Anspruch zu nehmen. Bewährungshilfe wurde angeordnet.
Die aus Afghanistan stammende Angeklagte war im Alter von vier Jahren mit ihren Eltern nach Österreich gekommen. Diese sind gemäßigte Schiiten, womit sie irgendwann Probleme hatte, wie die 19-Jährige einem Schöffsenat schilderte, vor dem sie in traditioneller muslimischer Kleidung - einem bodenlangen Tschador und einem farblich abgestimmten Hidschab - erschien: "Ich hab' mich in der Religion nicht wohl gefühlt." Ohne Wissen ihrer Eltern wandte sie sich zunächst dem Sunnismus zu, um im Sommer 2022 binnen weniger Wochen beim Gedankengut des IS zu landen, nachdem sie sich auf TikTok in einschlägigen Kanälen verloren hatte. Mit ausschlaggebend dafür dürfte ein in Albanien lebendes Mädchen gewesen sein, mit dem sich die in Wien-Donaustadt gemeldete Schülerin rege austauschte.
Statt im Schulorchester weiter Tuba und Trompete zu spielen, konsumierte die damals noch Jugendliche nun Clips des deutschen Salafisten und Jihad-Predigers Denis Cuspert und die Inhalte weiterer sattsam bekannter Hass-Prediger. Musik war ihr nun verboten. An Stelle ihrer Blechblasinstrumente widmete sie sich zu Hause dem Koran in einer äußerst radikalen Auslegungsform und betätigte sich ab Juli 2022 als IS-Propagandistin. Sie verbreitete einschlägige Videos und Fotos, die sie nicht nur übernahm, sondern gekonnt bearbeitete und mit Nasheeds (islamischen Sprechgesängen, Anm.) unterlegte. Via WhatsApp verschickte sie auch Nachrichten an Gleichgesinnte. "Die Ungläubigen müssen getötet werden, ob jung oder alt. Alle müssen getötet werden" oder "Kill the kuffar" (Ungläubige, Anm.) geiferte sie. Homosexuellen sprach sie die Existenzberechtigung ab. Den Terror-Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 bejubelte sie.
Im Vorjahr flog dann das Treiben der jungen Frau auf. An ihrer Adresse wurde eine Hausdurchsuchung durchgeführt, Datenträger mit belastendem Material wurden sichergestellt. "Ich bin schuldig, ich streite es nicht ab", sagte die 19-Jährige, die von der Sozialhilfe lebt, nun im Grauen Haus zu den Vorwürfen der Anklagebehörde. "Sie sieht heute diese Ideologie komplett differenziert und kann mit den Inhalten dieser Ideologie nicht mehr mit. Sie ist bereit, an sich zu arbeiten, um sich von dem Gedankengut zu lösen, sofern das noch in Resten vorhanden ist", bekräftigte ihr Verfahrenshelfer.
"Ich hatte damals starke Depressionen. Damals war es schlimmer als heute", gab die Angeklagte zu Protokoll. Auf die Frage, warum sie in ihrer Lage dann psychisch belastende Enthauptungsvideos von IS-Geiseln abgespeichert und dieses Material weitergeleitet hätte, wusste sie keine Antwort. Zu Ausreiseplänen nach Syrien, die laut Anklage im Raum standen, verweigerte sie eine Stellungnahme: "Darüber möchte ich nicht reden." Als der Richter zur Sprache brachte, dass sie mit 16 eine Ehe nach islamischem Recht eingegangen war, wurde sie bockig: "Ich hab' einfach so geheiratet. Weil ich ihn geliebt habe. Es war eine dumme Idee." Die Beziehung habe "zwei bis drei Monate" gehalten.
Abschließend versicherte die 19-Jährige hinsichtlich ihrer angeblichen Abkehr von ihrer radikalen Gesinnung, sie werde "da nicht mehr reinrutschen". Sie spreche jetzt "mit meinen Cousinen über meine Probleme", Kontakte zu IS-Sympathisantinnen gebe es nicht mehr: "Als die Polizei bei mir zu Hause war und mich mitgenommen hat, hab' ich gemerkt, wie extrem die Ansichten waren, die ich damals vertreten habe."