Mit dem U-Ausschuss zum „Fall Pilnacek“ und zur Corona-Politik will der FPÖ-Chef den Anspruch aufs Kanzleramt erneuern und die Vorstellung von einem „tiefen Staat“ stärken, der zerschlagen gehört.
ANALYSE DER WOCHE
Der Bogen, den Herbert Kickl und die FPÖ in ihrem Verlangen auf einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss spannen, wirkt weit und ist es doch nicht. Es soll um „ÖVP-Machtmissbrauch“, den „Fall Pilnacek“ und Corona-Politik gehen. Im Zentrum steht jedoch dies: Kickl versucht, mit seinen Leuten die Erzählung weiterzuspinnen, wonach es einen „tiefen Staat“ gebe. Einst war damit schlicht intransparente Macht gemeint. Heute handelt es sich um einen Kampfbegriff, der gegen Institutionen gerichtet ist, die für Demokratie und Rechtsstaat essenziell sind. Schon vor Jahren ist er von US-Präsident Donald Trump eingesetzt worden. Mittlerweile zerschlägt er die Institutionen.
Nach blauer Darstellung versucht die ÖVP, ihre Position übers Innenministerium zu verteidigen. Das werde im Fall um Ex-Justizsektionschef Christian Pilnacek, der sie laut einem Tonbandprotokoll kurz vor seinem Tod tatsächlich belastete, genauso deutlich wie in der Corona-Politik: Über das Ressort habe sie „den größten Angriff auf Grund- und Freiheitsrechte“ durchgesetzt, den es laut Kickl „jemals“ gegeben hat.
Das jedoch ist entlarvend: Er ignoriert hier gezielt, dass in der Pandemie Grundrechte gegeneinander abgewogen wurden. Lockdowns gab es nicht, um Einzelne zu beschränken, sondern um viele zu schützen.
Aber das spielt für den FPÖ-Chef keine Rolle. Er hat in der Pandemie eine Bewegung übernommen, die nur Unrecht sah und die ihm und seiner Partei bei der Nationalratswahl 2024 zu Platz eins verholfen hat. Sie hält er bei Laune. Ja, mit dem „tiefen Staat“ versucht er, ihr und all jenen, die aufgrund von Erfahrungen im Zusammenhang mit anderen Krisen ähnlich ticken wie sie, zu vermitteln, dass aufgeräumt gehört. Wobei er vor allem auch persönlich auf Rache sinnt: Er nimmt nicht zufällig die ÖVP so sehr ins Visier: Sie hat jüngst verhindert, dass er Kanzler wird.
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Dieser Beitrag ist ursprünglich in der News-Printausgabe Nr. 22/2025 erschienen.