Mit der Gründung der „Amerika-Partei“ will Elon Musk eigenen Angaben zufolge den USA „ihre Freiheit zurückgeben“. Doch wie realistisch ist politischer Erfolg im US-Zweiparteiensystem? Ein nüchterner Blick auf Strategie, Chancen und Grenzen des reichsten Mannes der Welt.
Elon Musk polarisiert – wirtschaftlich, gesellschaftlich, digital. Nun auch politisch. Der Tech-Milliardär und Tesla-Gründer hat vergangenes Wochenende auf seiner Plattform X die Gründung einer neuen politischen Partei bekanntgegeben: die „America Party“. Ein Befreiungsschlag gegen Donald Trump, wie es scheint – oder zumindest gegen dessen umstrittenes Steuergesetz, das Musk scharf kritisiert. Doch wie realistisch ist ein politischer Erfolg in einem System, das traditionell von zwei großen Parteien geprägt wird?
Wenig Durchlässigkeit für Drittparteien
Musk, der selbst nicht für das Präsidentenamt kandidieren kann – er wurde in Südafrika geboren – will eigenen Angaben zufolge vor allem Einfluss ausüben. Er nennt es eine „strategische Intervention“: Zwei bis drei Sitze im Senat und acht bis zehn im Repräsentantenhaus könnten ausreichen, um bei knappen Abstimmungen das Zünglein an der Waage zu sein. Angesichts der hauchdünnen Mehrheiten im Kongress ist das nicht unrealistisch – aber politisch heikel.
Denn historisch ist das US-Wahlsystem kaum durchlässig für Drittparteien. Ross Perot sammelte 1992 fast 20 Prozent der Stimmen, blieb aber ohne einzige Wahlmann-Stimme. Ralph Nader erhielt 2000 nur 2,7 Prozent – doch das reichte, um in Swing States wie Florida den Wahlausgang maßgeblich zu beeinflussen.
Trittbrettfahrer oder Zünglein an der Waage?
„Musk kann mit Geld viel bewegen, aber die strukturellen Hürden bleiben gewaltig“, analysiert der deutsche Strategieberater Julius van de Laar gegenüber tagesschau.de. In den USA gilt das Prinzip „Winner takes all“ – wer in einem Bundesstaat vorne liegt, bekommt alle Wahlmännerstimmen. Für Außenseiter bedeutet das: selbst ein Achtungserfolg bei den Wählerstimmen bringt am Ende keinen realpolitischen Einfluss – zumindest nicht direkt.
Musk könnte jedoch indirekt Einfluss nehmen – etwa durch gezielte Unterstützung republikanischer Abweichler im Kongress. „Wenn er zehn Kandidat:innen finanziert, die Trump die Gefolgschaft verweigern, kann das das Machtgefüge verändern“, so van de Laar weiter.
Diese Variante erscheint realistischer – auch, weil Musk mit X ein direktes Sprachrohr zu Millionen von Amerikaner:innen hat. Doch ausgerechnet dieses Werkzeug verliert an Wirkung: Musks Beliebtheitswerte sinken. Aktuell bewerten laut Umfragen nur rund 36 Prozent der US-Bürger:innen ihn positiv – Tendenz fallend.
Zweifelhafte Botschaft, ungewisse Strategie
Inhaltlich bleibt die „Amerika-Partei“ vage. Musk positioniert sich zwar als Gegner wachsender Staatsausgaben, doch diese Haltung trifft nur bedingt den Nerv einer breiten Wählerschaft – gerade angesichts steigender Lebenshaltungskosten und wirtschaftlicher Unsicherheiten.
Auch politisch steht Musk zwischen den Stühlen: Für Demokrat:innen ist er längst ein rotes Tuch, für viele Republikaner:innen seit seinem Bruch mit Trump ein Risikofaktor. Trump selbst bezeichnet die Parteigründung als „lächerlich“ – ein klares Signal an seine Anhänger:innen, auf Distanz zu bleiben.
Möglich: eine Partei als Druckmittel
Der US-Journalist Alan Friedman sieht dennoch Potenzial. Sollte Musk zwei oder drei Senatssitze mitfinanzieren, könnte er zum „Zünglein an der Waage“ werden, schreibt er in der italienischen La Stampa – ein Szenario, das Trump empfindlich treffen würde. Auch der Irish Independent hält eine Schwächung der Republikaner durch Stimmenverluste an eine Drittpartei für denkbar.
Ob Musk diesen Weg geht – oder sich doch nur symbolisch positioniert –, bleibt offen. Dass sein Vorstoß ernst gemeint ist, darf angenommen werden. Dass er Erfolg haben wird, ist hingegen alles andere als sicher. Denn auch mit Milliarden lässt sich das starre US-Wahlsystem nur schwer aufbrechen.
Und so bleibt Elon Musk aktuell vor allem eines: ein unberechenbarer Faktor im anstehenden US-Wahlkampf. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.