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Armeniens Regierungschef zu historischem Besuch in Istanbul

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Erstes Treffen Paschinjans mit türkischem Präsidenten Erdogan
©AFP, APA, POOL, SERGEI ILNITSKY
Historischer Besuch in Istanbul: Armeniens Regierungschef Nikol Paschinjan, dessen Land seit über hundert Jahren mit der Türkei verfeindet ist, ist am Freitag in das Nachbarland gereist. Paschinjan sei zu einem Arbeitsbesuch in der Türkei eingetroffen, teilte seine Sprecherin im Onlinedienst Facebook mit. Ein Beamter des armenischen Außenministeriums sagte der Nachrichtenagentur AFP, bei dem Treffen solle es um einen Friedensvertrag zwischen Armenien und Aserbaidschan gehen.

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Der armenische Regierungschef war vom türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan eingeladen worden. Paschinjan und Erdoğan wollten sich nach Angaben von Erdoğans Büro um 17.00 Uhr MESZ in Istanbul im Dolmabahçe-Palast treffen. Der armenische Parlamentssprecher Alen Simonjan nannte den Besuch "historisch". "Es wird das erste Mal sein, dass ein führender Politiker der Republik Armenien die Türkei auf dieser Ebene besucht", sagte Simonjan. Alle regionalen Angelegenheiten würden diskutiert, fügte er hinzu.

Der Besuch ist von Bedeutung, weil die beiden zerstrittenen Nachbarländer ihre 1993 abgebrochenen diplomatischen Beziehungen bisher nicht vollständig wiederhergestellt haben. Seit 2021 unterhalten sie diplomatische Kontakte, die jedoch kaum Fortschritte gebracht haben.

Belastet sind die Beziehungen zwischen Ankara und Jerewan auch wegen der Massaker an Armeniern im Osmanischen Reich vor mehr als 100 Jahren. Historiker sprechen von bis zu 1,5 Millionen Opfern 1915 und 1916. Die Türkei als Rechtsnachfolgerin des Osmanischen Reiches gesteht den Tod von 300.000 bis 500.000 Armeniern während des Ersten Weltkrieges ein und bedauert die Massaker. Eine Einstufung als Völkermord weist sie jedoch strikt zurück.

Anfang des Jahres kündigte Paschinjan an, Armenien werde seinen Einsatz für die internationale Anerkennung des Massakers 1915 als Völkermord einstellen - ein wichtiges Zugeständnis an die Türkei, das in Armenien auf breite Kritik stieß.

Im jahrelangen Konflikt um die mehrheitlich von ethnischen Armeniern bewohnte Südkaukasusregion Berg-Karabach hatte die Türkei ihren "Bruderstaat" Aserbaidschan unterstützt. 2023 brachte Aserbaidschan, das von der Türkei unterstützt wurde, dann in einer groß angelegten Militäroffensive die Region unter seine Kontrolle. Der Militäreinsatz löste die Flucht der mehr als 100.000 armenischen Bewohner nach Armenien aus. Mitte März verkündeten Armenien und Aserbaidschan dann, sie hätten sich auf ein Friedensabkommen geeinigt, das aber noch nicht endgültig unterzeichnet ist.

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