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Rückschau: "Drei Wochen mit Thomas Bernhard in Torremolinos"

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Neues von Mahler und über Bernhard
©APA, Korrektur Verlag
Der österreichische Zeichner Nicolas Mahler darf als Spezialist der Thomas-Bernhard-Vermittlung gelten. Seine Graphic Novels haben vielen sonst nicht allzu literaturaffinen Menschen Leben und Werk des im Februar 1989 gestorbenen Autors nähergebracht. Nun hat er auch aktiv die Bernhard-Biografie bereichert. Dank ihm weiß man nun mehr über die "Drei Wochen mit Thomas Bernhard in Torremolinos", die Susanne Kuhn im November 1988 mit ihrem schwer kranken Halbbruder verbracht hat.

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Ein Gespräch Mahlers mit Kuhn nach einer Veranstaltung im Jahr 2022 gab den Anstoß zu diesem Buch, erfährt man aus dem gezeichneten Prolog und aus dem geschriebenen Nachwort des Germanisten und Bernhard-Experten Manfred Mittermayer. Denn der Band ist ein kongeniales Gemeinschaftswerk von Kuhn, Mahler und Mittermayer und verbindet persönliche Erinnerungen, biografische Puzzlearbeit und zeichnerische Annäherung zu einem ungewöhnlichen, aber feinen Ganzen.

Thomas Bernhard galt als schwierig, ja misanthropisch, mit besonderer Lust am Piesacken und Bloßstellen Anderer. Entsprechend gemischt waren Susanne Kuhns Gefühle, als sie von Bruder Peter Fabjan, der als Arzt um den schwer angeschlagenen Gesundheitszustand des Dichters wusste, gebeten wurde, Thomas Bernhard auf eine dreiwöchige Erholungsreise an die Costa del Sol zu begleiten. Und tatsächlich sei schon in den ersten Tagen ein Schuhkauf derart eskaliert, dass sie ernstlich mit Abreise gedroht habe, schildert sie eine von Mahler gezeichnete Schlüsselszene des Aufenthaltes. Sie hätte es sich jedoch nie verziehen, hätte sie die Drohung in die Tat umgesetzt, sagt sie heute. Torremolinos blieb Bernhards letzte Reise.

Mittermayer hat das große Potenzial der Gesprächsbereitschaft der in Großgmain bei Salzburg lebenden 85-Jährigen richtig eingeschätzt. Denn die ehemalige Maskenbildnerin und kaufmännische Angestellte, die jahrelang den Brief- und Fotonachlass Thomas Bernhards betreute, kann nicht nur über ihre Reiseerinnerungen private Facetten zur Persönlichkeit des berühmten nahen Verwandten beitragen, sondern erzählt auch über ihre eigenen früheren "Verschickungen" zu spanischen Familien, entwirft ein sehr sensibles Bild der mit 46 Jahren gestorbenen Mutter Herta Fabjan und macht noch einmal die dominante Rolle des Großvaters Johannes Freumbichler in der Familie deutlich.

"Bisher hatte kein weibliches Mitglied dieser Familie, in der die Rollenmuster für Männer und Frauen doch signifikanten Einfluss auf die diversen Lebensgeschichten genommen hatten, ihre Wahrnehmung der Dinge ausführlicher dargestellt", schreibt Mittermayer, der sich als kundiger und einfühlsamer Gesprächspartner erweist und am Ende feststellen kann: "Susanne Kuhn ist, wie auch Thomas Bernhard, keine Anhängerin von Verklärungen und Beschönigungen."

(Von Wolfgang Huber-Lang/APA)

(S E R V I C E - Nicolas Mahler, Susanne Kuhn, Manfred Mittermayer: "Drei Wochen mit Thomas Bernhard in Torremolinos. Eine Reise und ihre Vorgeschichte", Korrektur Verlag, 144 Seiten, 22 Euro)

WIEN - ÖSTERREICH: FOTO: APA/APA / Korrektur Verlag

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