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20 Seiten umfasst etwa seine 2014 bei der Verleihung des Ibsen-Preises an Peter Handke in Oslo gehaltene Laudatio, in der er "Wunschloses Unglück" als "eines der wichtigsten und besten Bücher, die in unserer Zeit in deutscher Sprache geschrieben wurden", nennt. In seiner intensiven Auseinandersetzung mit dem Werk des späteren Literaturnobelpreisträgers bezieht er sich gleich mehrfach auf die Odyssee - und sofort kommt einem dessen 2019 getätigte Selbstbeschreibung wieder in den Sinn: "Ich bin ein Schriftsteller, ich komme von Tolstoi, ich komme von Homer, ich komme von Cervantes."
Knausgård hob in seiner Rede "Peter Handke und das Partikulare" auch die Leidenschaft des österreichischen Kollegen für das Wandern und das Reisen hervor. Der Norweger war ebenfalls viel unterwegs und versteht es, ausführlich davon zu berichten. So liest man etwa darüber, "Wie ich Amerika nicht entdeckte", eine große Reisereportage, die er 2015 für die "New York Times" auf den Spuren der Wikinger unternahm, oder von seinen Eindrücken einer neuntägigen Russland-Reise im Oktober 2017, die man unter den Umständen des Jahres 2025 mit besonderem Interesse liest. Schon am ersten Tag hält er fest: "Worauf um Himmels willen hatte ich mich hier eingelassen?" Die Kampfhandlungen, in die er gerät, entpuppen sich anno dazumal noch als Paintball-Spiel, doch das Resümee seiner Begegnungen ist aktueller denn je: "Die Geschichten hatten das Land immer zusammengehalten, und das Autoritäre bestand darin, dass EINE Geschichte allen anderen übergeordnet war und sämtliche Geschichten, die mit dieser brachen, verboten wurden."
Egal, über was Knausgård schreibt, über Malerei oder Literatur, über Land und Leute, über die Umstände des Lebens oder die Voraussetzungen von Kunst - immer schreibt er auch über sich und seine Erfahrungen. Das mag mitunter reichlich selbstbezüglich wirken, ist aber nie eitel. Und: Der Mann kann schreiben. Daher bleibt man auch dran, wenn er weit ausholend über seinen Bezug zu Computern schreibt ("Die Natur der Zahlen") oder über sein Interesse an Gehirnchirurgie, das ihn bis in einen albanischen Operationssaal führt. Enthalten in dem Band sind auch seine 2019 gehaltenen Tübinger Vorlesungen. Zwei Texte über "Die Brüder Karamasow" und Romane seines Landsmanns Tarjei Vesaas sind Erstveröffentlichungen.
Der nächste Roman des 56-Jährigen ist bereits angekündigt. Ende Mai erscheint die deutsche Übersetzung von "Arendal". Avisiert ist "ein Roman über unmögliche Liebe und das unmögliche Leben: spannend wie ein Krimi, von biblischer Wucht und erzählerischer Zärtlichkeit".
(Von Wolfgang Huber-Lang/APA)
(S E R V I C E - Karl Ove Knausgård: "Im Augenblick". Übersetzt von Paul Berf, Luchterhand Literaturverlag, 848 Seiten, 39,10 Euro)






