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Als Austen 1775 zur Welt kam, hatte sie bereits fünf Brüder und eine ältere Schwester, Cassandra. Vier Jahre später folgte ihr jüngster Bruder Charles nach. Der Vater war Pfarrer, zusätzlich hielt die Familie Tiere und baute Obst und Gemüse an - eine Idylle in der britischen Grafschaft Hampshire. In der Bibliothek des Pfarrhauses konnten Jane und Cassandra nach Herzenslust lesen. Berühmt wurde vor allem das Landhaus in Chawton, wo die Autorin die letzten Jahre ihres Lebens verbrachte und ihre Romane schrieb und das heute als Museum zu besichtigen ist.
Die Austens sollen Berichten zufolge eine fröhliche, kreative Familie gewesen sein, die sich die Abende mit Spielen, Lesen und Musik vertrieben. Schon als Kind unterhielt Jane ihre Liebsten mit selbst geschriebenen Geschichten und Sketches die so gar nicht ladylike waren. Sie machte sich über die Eigenheiten ihrer Mitmenschen lustig und über die Erwartungen vor allem an junge Mädchen. So zog sie etwa über ihre Schwester her, die in der später veröffentlichten Geschichte "Die wunderschöne Cassandra" ("The Beautiful Cassandra") bei einem Ausflug in die Stadt flirtet und die Zeche prellt.
Die Öffentlichkeit bekam ihre Werke erst zu lesen, als Austen in ihren 30ern war. 1811 erschien "Verstand und Gefühl" ("Sense and Sensibility"), 1813 folgte "Stolz und Vorurteil" ("Pride and Prejudice"). Der Start einer verheißungsvollen Karriere, die aber wenige Jahre später jäh endete. Austen erkrankte - vermutlich an der Niere. Am 18. Juli 1817 starb sie, mit gerade einmal 41 Jahren.
Die Mischung aus Witz, Romantik und Ironie macht ihre sechs Romane so lesenswert - oder sieben, mit dem posthum veröffentlichten Briefroman "Lady Susan". Die unvollendeten Werke "Sanditon" und "Die Watsons" wurden fortgeschrieben. Ihre scharfsinnigen Beobachtungen der englischen Gesellschaft im frühen 19. Jahrhundert schrieb sie mit ebenso treffender wie feiner Ironie auf.
"Die Charaktere, die Austen entwirft, sind lebensnah und auch heute noch kann man sich mit ihnen identifizieren", sagt Maureen Stiller, Ehrensekretärin der Jane Austen Society. Außerdem sei sie "witzig, geistreich und ironisch". Das versteht nicht jeder, wie Stiller betont: "Ihre Romane werden von vielen oberflächlich als Liebesgeschichten angesehen, in denen die Heldin nach Rückschlägen irgendwann ihren Mann bekommt - ein Idyll. Und viele Leser werden genau dort aufhören. Aber je öfter man liest, desto mehr sieht man."
Viele denken bei Jane Austen an den oscargekrönten Film "Sinn und Sinnlichkeit" mit Emma Thompson und Kate Winslet oder an die britische Kultserie "Stolz und Vorurteil" mit Colin Firth als Mister Darcy, dem wiederum die Romanze "Bridget Jones - Schokolade zum Frühstück" ein Denkmal setzte. "Viele der Adaptionen konzentrieren sich auf die Liebesgeschichte und atemberaubende Kleider und Schauplätze, die nicht unbedingt das widerspiegeln, was Austen sich vorgestellt hat", hat Stiller beobachtet.
Bestes Beispiel: die gehypte Serie "Bridgerton". "Es ist eher 'Costume Drama' als irgendwie ernst zu nehmende historische Darstellung der Epoche aus heutiger Sicht", sagt die Anglistik-Professorin Vera Nünning von der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg. "Andererseits können die Kostüme und einige stereotype Figuren durchaus an Austen-Verfilmungen erinnern, und das Thema 'Heirat' ist in beiden von großer Bedeutung. Das gilt ebenso für die Gerüchteküche."
Noch heute kann man bei historischen Bällen, Teerunden oder Picknicks in die Regency-Ära abtauchen. Ein Gefühl, als käme gleich Mister Darcy um die Ecke wie in der BBC-Serie "Pride and Prejudice" und würde seine Liebe gestehen. Das lockt vor allem junge Leserinnen an, "insbesondere jene, die bisher vor allem sogenannte Young-Adult-Titel gekauft haben", heißt es vom Insel Verlag. Sie entdeckten zunehmend Klassiker für sich, gerne mit prächtig verziertem Einband und im englischen Original. Und im Penguin Verlag erscheint "Jane Austen - Ihr Leben als Graphic Novel".
"Ich denke, sie wäre mit der allgemeinen und gleichberechtigten staatlichen Bildung zufrieden gewesen", ist Austen-Expertin Stiller überzeugt. "Aber im Einklang mit ihrer eigenen Selbstbildung hätte sie erwartet, dass die Menschen verantwortungsvoller wären und sich dort, wo es möglich ist, selbst weiterbilden."






