Eine jüdische Mutter kontrollierte einst die kriminelle Unterwelt von New York
Wir kennen sie aus Filmen über die Mafia: Al Capone, Bugsy Siegel, Lucky Luciano und Meyer Lansky. Doch wer war Fredericka Mandelbaum? Margalit Fox schrieb eine Biografie über diese geheimnisvolle Frau.
1825 in Kassel als Frederike Weisner geboren, musste sie schon als Kind mit dem Verkauf von alten Kleidungsstücken die Familie unterstützen. 1848 heiratete sie Wolf Mandelbaum, und gemeinsam emigrierten sie 1850 nach New York. Zehn Jahre später war Marm Mandelbaum, wie man sie nannte, die erfolgreiche und bewunderte Königin der New Yorker Unterwelt, machte Millionen mit gestohlenen und geraubten Gütern und kontrollierte eine ganze Armee von Räubern und Dieben.
Bürgertum
Mitte des 19. Jahrhunderts suchte das aufstrebende Bürgertum nach edlen Möbeln, teuren Vorhängen und Tischtüchern, wertvollem Silberbesteck und persischen Teppichen um ihre Villen und noblen Apartments einzurichten. Mandelbaum entdeckte einen Handelsweg, den die schlecht bezahlte New Yorker Polizei einfach ignorierte.
Sie begann mit Einbrüchen und einer Truppe von Taschendieben, versteckte die Waren eine Zeit lang und verkaufte sie dann an wohlhabende New Yorker, denen der Ursprung der Wertsachen egal war. Hauptsache, sie konnten ihre neu erworbenen Häuser füllen und in der Konkurrenz der eitlen Upperclass die noble Gesellschaft mit üppigen Festen und Einladungen beeindrucken.
Mandelbaums Business war so erfolgreich, dass sie bald eine perfekt strukturierte Gefolgschaft kontrollierte, die neben Einbrüchen auch Banken und Juweliere ausraubte und Transporte überfiel – unter dem Schutz der bestochenen Polizei. In der Clinton Street eröffnete sie ein kleines Geschäft als Tarnung, mietete mehrere Lagerhallen, wo gestohlene Güter aufbewahrt wurden. Von ihrem kleinen Laden in Manhattan aus organisierte sie ihre kriminellen Aktivitäten zu Beginn in New York, später in den gesamten USA, in Mexiko, in Kanada und in Europa. In der von ihr gegründeten „Marm’s Grand Street School“ lernten junge Kriminelle das Handwerk.
Mafia-Bosse
70 Jahre vor den berühmten Mafia-Bossen kontrollierte eine jüdische Mutter mit vier Kindern das größte kriminelle Netzwerk von New York. Sie ging regelmäßig in die Synagoge, feierte die jüdischen Feste und Schabbat, unterstützte Projekte für die Armen und lud die High Society zu üppigen Festivitäten in ihre Villa. Das Leitmotiv ihrer kriminellen Aktivitäten: keine Gewalt, keine Schießereien, niemand wird mit einem Baseballschläger erschlagen.
1884 ließ sie der junge Staatsanwalt Peter Olney verhaften. Da die bestochene New Yorker Polizei nicht bereit war, gegen sie zu ermitteln, beauftragte er eine private Detektei, ihre Machenschaften zu untersuchen. Nach Bezahlung einer Kaution wurde sie freigelassen, flüchtete noch während der Nacht nach Kanada, wo sie sich zu Tode langweilte, ständig von ihrer Sehnsucht nach New York sprach und 1894 starb.
Die „New York Times“ schrieb in einem Nachruf: „Grundlage ihres Erfolgs war die Freundschaft und Loyalität gegenüber der Bande von Dieben und Gaunern, die sie beschäftigte, die sie verehrten als die ‚anständigste Kriminelle von New York‘.“
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