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Der Wettkampf um die Austragung des ESC 2026 läuft an

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Die Wiener Stadthalle beherbergte 2015 den 60. Eurovision Song Contest
©APA, THEMENBILD, HANS PUNZ
Man schrieb den 6. August 2014 und damit auf den Tag genau drei Monate nach dem Tag des 1. Halbfinales, als der damalige ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz die Entscheidung verkündete, dass der österreichische Eurovision Song Contest 2015 in Wien stattfinden wird. Bereits drei Wochen nach Conchitas Triumph hatte man zuvor ein Anforderungsprofil an interessierte Austragungsstätten verschickt. Gänzlich anders dürfte zumindest der Zeitplan auch diesmal nicht aussehen.

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"Der Countdown läuft", hieß es dazu aus dem ORF gegenüber der APA: "In einem Treffen in den nächsten Tagen werden die prinzipiellen Anforderungen an ORF, Host City und Eventlocation festgelegt." Für den ESC 2015 hatte man etwa verlangt, dass die Austragungsstätte für mindestens sechs Wochen vor dem Finale exklusiv zur Verfügung stehen und ein Fassungsvermögen von rund 10.000 Personen nach Einbau der gigantischen ESC-Bühne haben müsse. Die Basler St. Jakobshalle bot nun allerdings lediglich 6.500 Zuschauern Raum - ein Zeichen der generellen Entwicklung des ESC hin zum Fernsehevent.

Die vom ORF für 2015 verlangte Mindestraumhöhe betrug rund 15 Meter. Außerdem musste ein "Green Room" für ca. 300 Künstlerinnen und Künstler respektive Delegationsmitglieder entweder in der Halle oder in unmittelbarer Nähe untergebracht werden können. Für den Backstagebereich waren etwa 6.000 Quadratmeter Fläche reserviert, rund 4.000 Quadratmeter für das Pressezentrum.

Unter diesen Aspekten ein Blick auf die interessierten Veranstaltungslocations in Österreich.

Wien bringt vor allem zwei Dinge in seine Bewerbung ein: Die Erfahrung mit dem ESC 2015 und die Stadthalle. "Bereits 2015 haben wir eindrucksvoll bewiesen, dass wir internationale Großereignisse mit Professionalität, Gastfreundschaft und kultureller Strahlkraft ausrichten können. Wien ist bereit, auch diesmal Bühne Europas zu sein", warf Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) gegenüber der APA seinen Hut in den Ring, bevor Song-Contest-Sieger JJ noch überhaupt wieder in Österreich gelandet war. Schließlich ist der ESC 2015 den meisten als gut organisiertes Event noch in Erinnerung.

Und die Wiener Stadthalle, die maximal 16.000 Besucher fasst und im Falle des damaligen Contests 13.500 Menschen Platz bot, erwies sich in ihrer Eigenschaft als größte Veranstaltungshalle des Landes auch als taugliche Location für den größten Musikbewerb der Welt. Der von Roland Rainer konzipierte und 1958 eröffnete Bau erhielt einst für den Wiener ESC eigens eine Klimaanlage, die immer noch für kühle Luft sorgt.

Bereits 1967, also nach dem Sieg Udo Jürgens' mit "Merci Cherie" im Jahr zuvor, hatte man den damals noch unter dem Titel Grand Prix de la Chanson firmierenden Song Contest in der Bundeshauptstadt veranstaltet - allerdings nicht in der Stadthalle, sondern in der Wiener Hofburg. Damals nahmen allerdings nur 17 Länder am Bewerb teil, und die Bühnenshow war - höflich formuliert - ausbaufähig. Insofern käme heute die Hofburg, deren großer Festsaal 1.100 Plätze umfasst, nicht mehr in Frage.

Die nachgerade ideale Ausrichterstadt für den Song Contest 2026 wäre Innsbruck - wenn man den in jeder Hinsicht gelungenen ESC von Basel als Vergleich heranzieht. Wie in der 170.000 Einwohner zählenden Schweizer Stadt liegt mit dem Tivoli Stadion eine mögliche Location für ein gigantisches Public-Viewing-Areal direkt neben der projektierten ESC-Halle, in diesem Fall der Olympiaworld. Diese fasst bis zu 12.000 Menschen und entspricht damit beinahe exakt der Kapazität der Basler St. Jakobshalle. Einzig das Tivoli Stadion bietet mit rund 17.000 Menschen weniger ESC-Fans Platz als das Basler "Joggeli", das 38.000 Menschen eine Open-Air-ESC-Event ermöglichte. Allerdings ist dieses - zumindest noch - nicht Teil des Anforderungsprofils. Auch bei der Zahl der verfügbaren Betten liegen Innsbruck und Basel mit gut 9.000 in etwa gleichauf.

Die Tiroler Landeshauptstadt wird sich jedenfalls wieder als Austragungsort bewerben, wie Bürgermeister Johannes Anzengruber (JA - Jetzt Innsbruck) gegenüber der APA am Dienstag erneut betonte. Er sehe eine "sehr große Chance", den Song Contest nach Innsbruck und Tirol zu bringen. Bei einer Sitzung mit Tourismusvertretern, Olympiaworld, Sicherheitsexperten und ORF sei Montagabend die erneute Bewerbung - nach jener aus dem Jahr 2014 - offiziell beschlossen worden. Auch das Land war in Person von Wirtschafts- und Tourismuslandesrat Mario Gerber (ÖVP) vertreten. Anzengruber sprach von einem "Schulterschluss", man sei "motiviert" und werde - sobald die Ausschreibung des ORF vorliege - ein konkretes Angebot ausarbeiten. Ein detailliertes Budget bzw. eine Kostenaufstellung gebe es klarerweise noch nicht. "Und das Spiel 'Koste es, was es wolle' wird es auch nicht spielen", betonte der Bürgermeister.

Anzengruber verwies auf das Bewerbungskonzept aus dem Jahr 2014, das ein Budget von rund elf Millionen Euro umfasste. Hier sei aber alles inkludiert gewesen, also auch der "ideelle Wert" und die "Infrastrukturbereitstellung". Dieses Konzept müsse und werde man an die neuen Gegebenheiten anpassen, "modernisieren und indexieren". Dass Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP) zuletzt klargestellt hatte, dass abseits des Bereitstellens der Infrastruktur "seitens des Landes keine finanziellen Mittel zur Verfügung" stehen würden, störte den Bürgermeister offenbar nicht. Er sei generell in guten Gesprächen mit dem Landeshauptmann. Zudem plane man eine sehr starke Zusammenarbeit mit den Tourismusregionen bzw. Tourismusverbänden. Er könne sich daher auch eine (zusätzliche) Finanzierung über diese Schiene vorstellen. Das Land hatte darüber hinaus erklärt, man gehe davon aus, dass der ORF als austragendes Multimediahaus "unabhängig vom Veranstaltungsort ein entsprechendes Budget bereitstellen wird".

In Graz gilt die Stadthalle am Messegelände samt angeschlossener weiterer Hallen als denkbare Kandidatin für die Austragung des ESC: Rund 6.500 Quadratmeter säulenfreie Veranstaltungsfläche stehen hier für bis zu 14.500 Besucherinnen und Besucher bereit. Das Messegelände kommt insgesamt auf rund 85.000 Quadratmeter. Eine Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist einfach. Und die gut 300.000 Einwohnerinnen und Einwohner zählende steirische Landeshauptstadt wartet mit rund 8.000 Gästebetten auf.

Eine Location für bis zu 18.000 Stehplätze bietet die Davis-Cup-Halle im Schwarzl-Freizeitzentrum südlich von Graz in Premstätten. Betreiber Klaus Leutgeb hat selbst umfassende Erfahrung als Konzertmanager mit der Leutgeb Entertainment Group, die etwa die Adele-Konzerte in München mitverantwortete. Leutgeb bekundete gegenüber Medien auch schon sein Interesse an der Austragung des ESC 2026: "Der Schwarzlsee ist die perfekte Location." Fünf Millionen Euro habe er in ein neues blickdichtes Dach investiert, das die Halle TV-tauglich mache. Daneben steht am Gelände unter anderem auch die Premstättenhalle für bis zu 2.130 Gäste sowie ein großes Areal für Parkplätze zur Verfügung. "Wir haben im Schwarzl eine riesengroße Open-Air-Freifläche direkt vor der Tür mit 70.000 Quadratmetern. Ich würde dort analog wie in Basel ein riesengroßes Public Viewing machen mit 30.000 bis 40.000 Menschen", sagte Leutgeb dem ORF Steiermark. Parallel dazu würde er die Messe Graz in die Pläne integrieren und ähnlich wie bei der Weltausstellung ein sogenanntes "Österreich Village" errichten.

Eine Achillesferse in der Steiermark stellt jedoch mutmaßlich der politische Wille dar. Man nehme die Berichte über das Interesse der Leutgeb Entertainment Group zur Kenntnis, unterstrich etwa Premstättens Bürgermeister Matthias Pokorn (ÖVP) gegenüber der APA: "Da wir bislang nicht in entsprechende Überlegungen eingebunden wurden, sehen wir derzeit von weiteren inhaltlichen Kommentaren ab." Die Grazer Bürgermeisterin Elke Kahr (KPÖ) wiederum will eine mögliche Bewerbung im Stadtsenat besprechen, stellte aber vorab schon einmal klar: "Das Vorhaben ist nur dann umsetzbar, wenn es von allen mitgetragen wird und die Kosten für die Stadt zu bewältigen sind." Landeshauptmann Mario Kunasek (FPÖ) indes unterstrich, "grundsätzlich ein großer Befürworter von Großveranstaltungen in der Steiermark" zu sein und im Falle einer ESC-Stadt Graz auch das Burgenland sowie Kärnten einzubeziehen. Aber "um eine konkrete Bewerbung seriös in Betracht ziehen zu können, müssen zuerst belastbare Zahlen auf den Tisch, um den finanziellen Aufwand für alle Beteiligten abschätzen zu können".

Ganz anders die Situation in Oberösterreich, wo man sich offensichtlich vom offiziellen ESC-Motto "United by Music" inspirieren lässt. So bewerben sich hier die Stadt Wels und die Landeshauptstadt Linz gemeinsam, unterstützt von der Landesspitze. "Wels ist bereit, gemeinsam mit Linz Europa willkommen zu heißen - mit einer perfekten Infrastruktur, einem starken Team und der gemeinsamen Leidenschaft, Musik und Menschen zu verbinden", betonte etwa Bürgermeister Andreas Rabl (FPÖ). Er verwies auf den jüngst erfolgten Spatenstich für die neue Messehalle, die im Jänner 2026 fertig werden soll. 34 Mio. Euro werden dabei investiert, wobei die Location Kapazität für bis zu 5.700 Besucher habe. Es gäbe 3.500 Betten in der Region, wobei Linz 8.500 weitere Gästebetten beisteuern könne.

"Linz steht für Innovation, Lebensqualität und Offenheit - genau jene Werte, die auch der Eurovision Song Contest vermittelt", hieb Bürgermeister Dietmar Prammer (SPÖ) in dieselbe Kerbe wie sein Kollege: "Diese Bewerbung ist sowohl ein kulturelles Signal als auch ein Bekenntnis zur Zusammenarbeit in der Region."

Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) kündigte in einer Aussendung an, die Bewerbung von Wels und Linz zu unterstützen: "Oberösterreich und der Song Contest - das passt auf alle Fälle." Natürlich sei eine Ausrichtung ein Kraftakt, aber einer, bei dem sich die Investitionen lohnen würden: "Nicht jedes Großereignis muss automatisch in Wien stattfinden. Oberösterreich hat alles, um ein gelungenes, friedliches, großes Musikfest zu veranstalten. Das wäre beste Werbung für ganz Österreich."

Ebenfalls werbewirksam seinen Hut in den Ring warf Georg Rosner (ÖVP) als Bürgermeister von Oberwart, der drittgrößten Stadt des Burgenlandes mit 8.000 Einwohnern. Rosner sah gegenüber der APA "alle Voraussetzungen" als gegeben an, ein solches Event zu veranstalten. Als einziges "Handicap" ortete er die Verfügbarkeit von Quartieren, allerdings habe man in den nahe gelegenen Orten Stegersbach und Bad Tatzmannsdorf weitere Möglichkeiten. "Grundsätzlich wäre das Interesse da. Oberwart steht zur Verfügung", hielt Rosner fest.

Am Messegelände in Oberwart gibt es laut Stadtgemeinde die große Burgenland-Halle, die ist für 6.000 Personen genehmigt. Daneben gibt es noch drei weitere kleinere Hallen und eine Zwischenhalle - in denen könnten Backstage-Bereiche untergebracht werden. In der großen Burgenland-Halle fanden nicht zuletzt bereits "Musikantenstadl" oder "Starmania"-Konzerte statt. Und die ESC-Bewerbung hat bei Oberwart schon Tradition. "Dieser Song Contest sollte nächstes Jahr in unserer Stadt der Vielfalt, in Oberwart, stattfinden", hatte bereits 2014 der damalige burgenländische Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ) postuliert.

Selbstverständlich sei auch Niederösterreich an einer Austragung interessiert, das Bundesland habe "wirklich gute Voraussetzungen", meinte Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) am Dienstag am Rande einer Pressekonferenz. Sie brachte den Flughafen Wien in Schwechat als möglichen Veranstaltungsort ins Spiel. Das müsste geprüft werden, hieß es dazu vom Airport auf Anfrage. Für den Song Contest 2015 hatte man sich mit dem Flughafen Wien erfolglos beworben. Nach dem Ausscheiden erklärte der damalige Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP), dass eine temporäre Location in Schwechat gegenüber dem Steuerzahler nicht zu verantworten gewesen wäre.

Interesse am ESC 2026 hat auch St. Pölten: "Wir werden uns sicher ins Spiel bringen und hoffen, dass wir gehört werden", sagte Bürgermeister Matthias Stadler (SPÖ) laut ORF: "Wenn man sich offiziell bewerben kann, dann werden wir das auch tun." Das größte Veranstaltungszentrum in Niederösterreich, das St. Pöltener VAZ, fasst allerdings in Konzertbestuhlung maximal 3.300 Menschen. Vom VAZ hieß es am Montag zu den "Niederösterreichischen Nachrichten", eine Austragung in der Landeshauptstadt sei - mit den entsprechenden Investitionen - "durchaus machbar".

Theoretische andere Interessenten, die im Jahr 2014 noch ihren Hut in den ESC-Ring geworfen hatten, bekundeten bereits wenige Stunden nach dem Song-Contest-Triumph von JJ, sich heuer aus dem Rennen zu nehmen. Das Klagenfurter Wörthersee Stadion fällt wegen zu kostspieliger Adaptionen ebenso aus wie die Stadt Salzburg. Der Gedanke eines Salzburger ESC sei zwar theoretisch reizvoll, wie Bürgermeister Bernhard Auinger (SPÖ) der APA gestand: "Wir werden aber nicht die erforderliche Infrastruktur dafür haben und es auch finanziell nicht stemmen können."

++ THEMENBILD ++ ZU APA0042 VOM 14.6.2018 - Außenansicht der Wiener Stadthalle, aufgenommen am Mittwoch, 13. Juni 2018, in Wien. Die Wiener Stadthalle feiert heuer ihr 60-jähriges Bestehen.

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