von
"Together on Top" kreuzt damit die Klingen mit "Europe, shall we dance?", dem Bewerbermotto der Bundeshauptstadt Wien. Hatte letztere bereits am Donnerstag ihre detaillierten Unterlagen zum Öffentlich-Rechtlichen geschickt, reichte sie Innsbruck am letztmöglichen Tag der entsprechenden Frist ein. Die Bewerbung stehe für "Offenheit, Vielfalt und ein besonderes Miteinander", ließ Bürgermeister Johannes Anzengruber (JA - Jetzt Innsbruck) wissen und ergänzte: "Zugleich war uns wichtig, ein Konzept vorzulegen, das machbar und finanzierbar ist und auf soliden Beinen steht." Wirtschaftslandesrat Mario Gerber (ÖVP) meinte, man wolle einen Song Contest als "internationale Visitenkarte aus Tirol für ganz Europa" veranstalten.
Als "weltoffene Kulturstadt im Herzen der Alpen" wolle man neue Höhen erklimmen - "urban, aber überschaubar, modern, aber traditionsverbunden, international, aber ganz nahbar", wurde mit einem "Sowohl als auch" werbegetrommelt. Gleichzeitig wurde das Bild der "einzigen Residenzstadt in den Alpen, kombiniert mit geschichtsträchtiger Kulisse, modernem Spirit und jugendlicher Energie" gezeichnet. Und dem nicht genug: Über die höchste Skyline Europas, historische Plätze und zeitgenössische Architektur verfüge man darüber hinaus.
Lange Fahrzeiten gebe es in Innsbruck nicht, setzte man kleine, gezielte Nadelstiche. Stattdessen: "Kurze Wege statt Großstadtverkehr." Die Veranstaltungslocation Olympiahalle inklusive bestehender Sport- und Eventstätten wie dem Tivoli-Stadion und der Kleinen Eishalle liege nur 15 Minuten zu Fuß von der Innenstadt entfernt. Das "Eurovision Village" entstehe am Landestheaterplatz - direkt neben der Altstadt. Kurzum: Die ganze Stadt werde zur Bühne.
Gäste zu begrüßen sei darüber hinaus quasi gelebter Alltag. Dabei wurde auch der Slogan "Tirol ist Österreichs Tourismusland Nummer 1" in die Entscheidungswaagschale geworfen. Man liege zudem "perfekt angebunden über Bahn, Straße und Flughafen." München, Zürich, Mailand: alle wichtigen Metropolen seien rasch erreichbar. Und die Olympiahalle sei quasi jetzt schon "ready" und überzeuge in jeder Hinsicht.
Auch auf die zweifache Austragung der Olympischen Winterspiele - 1964 und 1976 - vergaßen die Innsbrucker Bewerber nicht hinzuweisen. 70 Jahre Song Contest würden kommendes Jahr auf "50 Jahre Olympische Winterspiele in Innsbruck" treffen - wurden Erinnerungen an jenes Event geweckt, das vor allem wegen Franz Klammers Gold-Abfahrtsritt am Patscherkofel quasi nationales Erinnerungsallgemeingut wurde.
Auch kulturell habe man sich bisher nicht lumpen lassen: "Ob beim Bridge Beat Festival, Heart of Noise, den Innsbrucker Promenadenkonzerten, dem Osterfestival, den Innsbrucker Festwochen der Alten Musik, bei Klassik am Berg oder dem Bogenfest, das zuletzt 40.000 Besucher:innen anzog." In 25 Minuten gehe es vom Stadtzentrum auf die auf rund 2.000 Meter Seehöhe gelegene Seegrube - dort warte eine "Bühne auf allen Ebenen." "Zaha Hadid trifft auf Schwarze Mander, Alm trifft Avantgarde, ESC trifft Innsbruck", griff man zu blumigen Formulierungen.
Konkrete Zahlen zum Budget blieben vorerst noch Fehlanzeige. Um diesen Punkt dürfte bis zum Schluss gerungen worden sein. Zuletzt war in der "Tiroler Tageszeitung" von einer Kostenvorschau über 19,47 Millionen Euro bzw. budgetwirksamen rund 17 Millionen Euro die Rede gewesen. Bestätigt wurde dies nicht. Das "ESC-Fieber" blieb bei den politischen Verantwortungsträgern bis zuletzt unterschiedlich stark ausgebreitet. Während vor allem bei Stadtchef Anzengruber die Fieberkurve am Anschlag war, war man im Landhaus weit weniger erhitzt. Landeshauptmann und Finanzreferent Anton Mattle (ÖVP) stellte etwa klar, dass abseits des Bereitstellens der Infrastruktur "seitens des Landes keine finanziellen Mittel zur Verfügung" gestellt würden.
Damit scheint nun also alles auf ein epochales Duell Innsbruck vs. Wien zuzulaufen. Niederösterreich geht jedenfalls definitiv nicht ins ESC-Rennen. Die umfangreichen Kriterien würden eine Austragung mit der bestehenden Eventinfrastruktur im Bundesland kaum möglich machen, hieß es in einem der APA übermittelten Statement aus dem Landhaus in St. Pölten. Und "in Zeiten knapper Kassen gibt es in der Bevölkerung wohl wenig Verständnis dafür, eine eigene Song-Contest-Halle für dieses einmalige Event aus dem Boden zu stampfen", wurde hinzugefügt.
Auch die steirische Landeshauptstadt Graz hatte sich zuletzt ob der erwarteten Kosten aus dem Rennen genommen, und ebenso die mit Verve gestartete, oberösterreichische Doppelbewerbung von Linz/Wels blieb angesichts der notwendigen technischen Adaptierungen Wunschdenken. Selbst die burgenländische Metropole Oberwart hatte ungeachtet eines anfangs mit Aplomb forcierten Interesses letztlich keine Bewerbung eingereicht.
Nun muss jedenfalls der ORF entscheiden, der den laufenden Bewerbungsprozess nicht kommentieren möchte. Die Entscheidung über den Austragungsort soll Mitte August feststehen. Die Städte sind zu einem umfassenden Geheimhaltungskatalog verpflichtet. Das Finale des größten Musikbewerbs wird entweder am 16. oder 23. Mai 2026 stattfinden.