Matthias Habich macht sich gerne rar. Rote Teppiche schätzt er nicht, Interviews gibt er selten. Er will ausschließlich für seine Arbeit bekannt sein und nicht, weil "ich meinen Kopf ab und zu aus dem Fernseher strecke". "Ich bin kein Menschenfeind, aber ein scheues Reh", erzählt er der Deutschen Presse-Agentur. Am 12. Jänner wird Habich 80 Jahre alt. Ein Umstand, der ihn nachdenklich macht.
"Natürlich ist es inzwischen so, dass man die Zeitung aufmacht und an den Todesanzeigen sieht, dass alle in diesem Alter schon tot sind. Natürlich beschäftigt mich das." Schon im Alter von sechs Jahren habe er bei dem Gedanken an den Tod "senkrecht im Bett" gesessen. "Aber ich bin glücklicherweise ziemlich gut im Verdrängen."
Zum Schutz seiner Privatsphäre zog der Star nach Frankreich
Der Schutz seiner Privatsphäre war dem Schauspieler, der als einer der besten deutschen Charakterdarsteller gilt, stets ein hohes Gut. Und so ließ er damals, Anfang der 1970er Jahre, fast alles stehen und liegen und kehrte Deutschland den Rücken, nachdem ein äußerst aufdringlicher Reporter in seine Münchner Wohnung eingestiegen war.
Die Presse wollte ihm damals auf die Spur kommen, diesem geheimnisvollen Mann, der kurz zuvor in der Titelrolle von Fritz Umgelters Sechsteiler "Die merkwürdige Lebensgeschichte des Friedrich Freiherrn von der Trenck" quasi aus dem Stand zum Star geworden war. Habichs Konsequenz aus diesem Anschlag auf seine Privatsphäre: Er zog umgehend nach Frankreich.
"Es gab ja Zeiten, in denen ich eine Popularität hatte", sagt Habich heute im dpa-Interview. "Als der "Simplizissimus" 1975 im ZDF lief zum Beispiel. Das hat fast jeder gesehen, weil es ja nur zwei Sender gab und die Zuschauer in Senderhaft waren. Da war man deutschlandweit bekannt und das war ganz schön, ganz wohltuend für's Ego. Nur dann erhebt die Öffentlichkeit irgendwann einen gewissen Anspruch darauf, dass man präsent ist. Ich wollte aber nicht dafür bekannt sein, dass ich meinen Kopf ab und zu aus dem Fernseher strecke, sondern für meine Arbeit. Und dann hebt sich das auf." Heute brauche er die Aufmerksamkeit von damals schlicht nicht mehr. "Die Eitelkeit ist heute auch befriedigt."
Trotzdem holte das Fernsehen ihn immer wieder zurück nach Deutschland - für zwei "Tatort"-Krimis zum Beispiel oder für die Romanverfilmung "Die Rättin" (1997). 2001 bekam Habich den Deutschen Fernsehpreis als Bester Schauspieler in dem TV-Vierteiler "Jahrestage". Ganz zurück nach Deutschland zog ihn der Erfolg aber nicht. Nach wie vor lebt er in Paris - aus gutem Grund, wie er sagt: "Paris liebe ich, weil es die schönste Stadt auf diesem Planeten ist."
Karriere
Heimat und Zuhause dürften für Habich ohnehin spezielle Bedeutungen haben: Als Fünfjähriger floh der 1940 in Danzig geborene Schauspieler am Ende des Zweiten Weltkriegs zusammen mit seinen beiden Geschwistern und seiner hochschwangeren Mutter nach Hamburg: eine schwere, aber keine traumatisierende Zeit. Seine Mutter brachte die Familie mit Kabarettstücken durch und so habe er eigentlich nie die Entscheidung treffen müssen, Schauspieler zu werden, sagte er einmal. Die Schauspielerei wurde ihm, wie so oft gesagt wird, in die Wiege gelegt.
Schon als Schüler stand Habich auf der Bühne und schlüpfte in so ziemlich alle großen Rollen - von König Artus über Wilhelm Tell bis Hamlet und Faust. Und nach dem Fernsehen eroberte er auch das Kino. Zu den größten Erfolgen gehört neben dem oscar-nominierten Drama "Jenseits der Stille" (1995) der Hitler-Film "Der Untergang" (2004) Für seine Nebenrolle in Caroline Links Oscar-Film "Nirgendwo in Afrika" bekam Habich 2003 den Deutschen Filmpreis. Zahlreiche weitere Auszeichnungen schmücken seine Arbeit: 2009 bekam er das Bundesverdienstkreuz, im Jahr 2010 gab es schon den zweiten Adolf-Grimme-Preis als bester Schauspieler in "Ein halbes Leben".
Zuletzt spielte er nach Angaben seiner Agentur in dem Film "Drachentöter" von Regisseur Peter Luisi mit. Außerdem wird er im neuen "Lassie"-Film zu sehen sein, den er ebenfalls 2019 gedreht hat.
Und es geht weiter: Ab Februar wird Habich einen Film in Berlin drehen, Lesungen mit Gedichten von Hölderlin - und Theater. "Ein Freund von mir hat ein Zwei-Personen-Stück geschrieben, das ich ins Deutsche übersetzt habe." Was genau eine Rolle haben müsse, damit sie ihn reize, könne er gar nicht so genau beschreiben, sagt Habich. "Witz, Komik, eine Extremsituation - das kann alles Mögliche sein."
Es gibt aber auch Dinge, die er sich nicht vorstellen kann. Einen TV-Kommissar zu spielen, beispielsweise. "Never ever." Und Serien kann Habich auch nicht viel abgewinnen. "Wenn man sich für eine Serie engagieren lässt, ist das eine langfristige Verpflichtung und ein zeitlich langer Prozess. Das zu tun, wäre in meinem Alter ja schon fast gotteslästerlich."