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Vom Blitz getroffen, so sieht Erste Hilfe aus

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In Ö. sterben jährlich ein bis zwei Personen nach Blitzeinschlägen
©APA, Patrick Pleul, dpa-tmn
Eine dunkelgraue Wolkenwand nähert sich grummelnd: Zieht ein Gewitter heran, ist niemand richtig unbeschwert draußen unterwegs. Viele Menschen haben Angst, vom Blitz getroffen - und getötet - zu werden.

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Zeit für einen Realitätscheck, der vielleicht ein kleines Aufatmen bedeutet: "Ein Blitzschlag, der einen Menschen trifft, ist ein ganz seltenes Ereignis", sagt der Arzt Prof. Bernd Böttiger. Passieren kann es einem aber dennoch, wenn Pech im Spiel ist. Antworten auf fünf wichtige Fragen:

In Österreich sterben im Schnitt jährlich ein bis zwei Personen nach Blitzeinschlägen. Die Wahrscheinlichkeit, bei einem Verkehrsunfall zu Schaden zu kommen, ist um ein Vielfaches höher als die von Blitzunfällen.

Blitze entladen sich mit einer Wucht, die unsere Vorstellungskraft übersteigt: Mehrere Millionen Volt sind im Spiel, es wird bis 30.000 Grad Celsius heiß. Bernd Böttiger berichtet, wie er einmal im Italien-Urlaub aus der Ferne einen Einschlag am Strand beobachtet und später festgestellt hat: "Wo der Blitz eingeschlagen war, war der Sand verglast, weil er zum Schmelzen gebracht wurde."

Da fragt man sich: Wie kann man als Mensch so einen direkten Blitzschlag überhaupt überleben? Das liegt daran, dass der Großteil des Blitzstroms nicht durch den Körper abfließt, sondern über seine Oberfläche.

Klar ist aber: Durch seine enorme Energie kann so ein Blitz schwere Verletzungen verursachen, wenn er einen Menschen direkt trifft - und auch dann, wenn er im Baum über einem einschlägt oder im Boden in der Nähe. Auch 30 Meter von der Einschlagstelle entfernt kann noch so viel Strom durch den Körper fließen, dass es gefährlich werden kann.

"Es kann zu schweren Verbrennungen und sogar zu Knochenbrüchen kommen, der helle Lichtschein kann zu Augenverletzungen und Blendungen führen", sagt Bernd Böttiger.

Dazu kommt: In den Körperteilen, die vom Strom durchflossen worden, sind Nerven- und Muskellähmungen möglich, die einige Stunden oder Tage bleiben können. Auch der Blutdruck kann sich durch einen Blitzschlag erhöhen - und für einige Monate erhöht bleiben.

"Vor allem aber kann der Blitz das Herz aus dem Takt bringen", sagt Bernd Böttiger. Schlimmstenfalls schlägt es gar nicht mehr und pumpt damit auch keinen lebenswichtigen Sauerstoff mehr zu den Organen - es liegt ein Herz-Kreislauf-Stillstand vor.

"Wenn jemand einen Herz-Kreislauf-Stillstand hat, ist die Wiederbelebung das Wichtigste", sagt Bernd Böttiger. "Ob etwa eine Verbrennung dann steril abgedeckt ist oder nicht, ist da keine oberste Priorität mehr."

Erhält ein Blitzopfer in den ersten fünf Minuten nach dem Einschlag Hilfe, haben die Wiederbelebungsmaßnahmen in mehr als 80 Prozent Erfolg.

Wie bei anderen Notfällen lautet auch hier das Schema "Prüfen, Rufen, Drücken", wenn man Zeuge oder Zeugin eines Blitzunfalls geworden ist.

Bei Unfällen mit Strom lautet der Rat stets: aufpassen, dass man als Ersthelfer oder Ersthelferin nicht in den Stromkreis gerät. Bei Blitzunfällen ist das anders. "Es fließt kein Strom mehr", sagt Bernd Böttiger. Man kann das Blitzopfer also berühren, ohne einen Stromschlag befürchten zu müssen.

Doch was, wenn das Gewitter noch da ist? "Es ist theoretisch möglich, dass ein zweiter Blitz an der Stelle einschlägt", sagt der Arzt. Eine gewisse Gefahr ist also gegeben. "Sie müssen aber etwas tun, sonst stirbt der Mensch. Wenn es irgendwie vertretbar ist, sollte man im Zweifel mit sofortigen Wiederbelebungsmaßnahmen beginnen."

Eventuell besteht die Möglichkeit, das Blitzopfer in ein sicheres Gebäude oder ins Auto zu ziehen. Das sollte man dem Arzt zufolge aber nur dann tun, wenn es den Beginn der Herzdruckmassage nur um wenige Sekunden verzögert.

Zuflucht in einem Gebäude mit Blitzableiter oder in einem Auto ist möglich? Das ist gut, dort ist man geschützt. Und wenn das nicht geht? Dann sollte man darauf achten, keinesfalls der höchste Punkt in der Umgebung zu sein, wenn ein Gewitter tobt. Denn der Blitz sucht sich den kürzesten Weg - und der soll bitte nicht zum eigenen Kopf führen.

Wer nun auf die Idee kommt, sich flach auf den Boden zu legen, liegt aber wortwörtlich falsch. "Wenn der Blitz in der Nähe einschlägt, fließt der Strom durch Sie durch - und durch den ganzen Körper", sagt Bernd Böttiger. Er legt also - von Kopf bis Fuß - einen langen Weg zurück, der entsprechend viel Schaden anrichten kann.

Besser: sich hinhocken, am besten in eine Bodenmulde. Die Füße sollten dabei eng zusammenstehen, bevorzugt berühren nur die Fußballen den Boden. So anstrengend das auch ist, im Ernstfall ist diese Position von großem Nutzen. "Der Strom fließt dann nicht durch den ganzen Körper, sondern bestenfalls nur von einem Fußballen zum anderen", sagt Böttiger.

Hinhocken ist übrigens auch angesagt, wenn man in einer Hütte oder Scheune ohne Blitzableiter Zuflucht gesucht hat. Die Mitte des Gebäudes ist dafür am besten geeignet. Schlägt der Blitz ein, ist so das Risiko am geringsten, dass der Strom auf den eigenen Körper überspringt.

WIEN - ÖSTERREICH: FOTO: APA/APA/dpa-tmn/Patrick Pleul/Patrick Pleul

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