Solange beim Sex alles einvernehmlich geschieht, was spricht dann schon gegen extravagante Neigungen und Fetische? Allerdings dumm gelaufen, wenn nur eine Person davon weiß.
Melanie plagt ein schlechtes Gewissen. Peter hat keine Ahnung, auf was sie eigentlich steht. Und das nach zwei Jahren Beziehung und einem ausgeprägten Liebesleben. In ihrer Sexualtherapie legt Melanie ein Geständnis ab: Um zum Höhepunkt zu kommen, male sie sich perverse Szenen aus. Darin enthalten seien Gewaltfantasien. Kann sie Peter das zumuten, der wirklich gar nichts davon ahnt? Und: Ist es psychologischer Betrug? Hier die wichtigsten Punkte bei krassen sexuellen Vorlieben, Fetischen und Fantasien:
1. Gewissenskonflikt
Wichtig: Viele Menschen schleppen ihre geheimen sexuellen Vorlieben ungesagt von einer Liebesbeziehung in die nächste. Der inneren Unruhe und dem moralischen Dilemma liegt in Wahrheit eine mangelnde Fähigkeit zu Selbstakzeptanz zugrunde. Und das Gefühl, „nicht so empfinden zu dürfen“. Melanie bezeichnet ihre Gewaltfantasien als pervers, im wirklichen Leben möchte sie keinesfalls geschlagen und erniedrigt werden.
2. Versöhnung
Personen wie Melanie haben eine innere Tonspur in Dauerschleife laufen, die alles, sogar wie sie empfinden, negativ kommentiert. Diese innere Kritikerin ist jener Anteil der Persönlichkeit, welcher verurteilend, selbst entwertend und insgesamt krank machend wirkt. Wenn, ja wenn sie diese innere Stimme nicht auf ein normales Maß zurückdrehen kann, sodass sie auch einmal verstummt.
3. Klärung
Darum streben Sie in so einem Fall nach Klärung. Sollte es Sie belasten, dass Sie eine sexuelle Neigung oder sexuelle Fantasien haben, die Sie moralisch verurteilen und nicht mitteilen können, suchen Sie mit einer Psychotherapeutin nach der Entstehungsgeschichte. Denn manchmal lichtet sich etwas, wenn Sie besser verstehen, woher Ihre – für Sie auf einer Alltagsebene – inakzeptablen Wünsche und Vorstellungen beim Sex kommen. Mithin stecken frühe Traumata, seelische Erschütterungen dahinter, wenn Ihre Psyche ein Spiel zwischen Macht und Ohnmacht beim Sex reinszeniert. Das kann man sich genauer ansehen.
4. Kommunikation
Das Liebesleben kann davon bereichert, nicht qualitativ geschmälert oder gar zerstört werden, wenn tabulos über grundsätzlich alles geredet werden kann. Aber Vorsicht: Bitte nicht im Befehlston oder vorwurfsvoll, nach dem Motto, darauf muss ich nun schon so lang mit dir verzichten und muss mich heimlich anderweitig befriedigen, weil du ja auf sowas nicht stehst. Keine kategorischen Konfrontationen, sondern eine gemeinsame experimentierfreudige oder auch nur wissbegierige Fortentwicklung im Liebesleben ist das Salz in der Suppe, ohne Gefahr, sie zu versalzen.
Fazit: Entlastung durch offenes Reden
Entlasten Sie sich, indem Sie offen darüber reden. Wenn es mit Partnerin oder Partner Ihrer Überzeugung (oder Befürchtung) nach nicht möglich ist, suchen Sie nach Moderation in einer Sexualtherapie. Oder sprechen Sie lieber zunächst über Dritte, die „diese krasse Neigung“ haben, um die Reaktion Ihres Gegenübers zu testen.
Manchmal ist aber Reden Silber und Schweigen Gold, wenn es schlicht nicht dafür steht, Ihre Liebesbeziehung zu gefährden: Und wenn Ihnen Ihre krasse Vorliebe gar nicht so wichtig ist. Sie darauf gut und gern verzichten können. Letztendlich ist Offenheit zu wünschen, aber nicht auf Kosten Ihres Liebeslebens.
Dieser Beitrag ist ursprünglich in der News-Printausgabe Nr. 25/25 erschienen.