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Die Entwicklungsidee geht in die Zeit der Covid-Pandemie zurück: "Wir haben uns schon damals gedacht, ob es nicht möglich ist, einen Test zu entwickeln, der genauso einfach und schnell funktioniert wie ein Alkoholtester, also ein Gerät, bei dem man einfach in eine Röhre bläst und innerhalb von Minuten ein Ergebnis erhält - beschwerdefreier als bei derzeitigen Testsystemen", schilderte Christian Mitterer. Er leitet den Lehrstuhl für funktionale Werkstoffe und Werkstoffsysteme an der Montanuni Leoben.
Neben den damals im Mittelpunkt stehenden Viren wurde das Konzept von Beginn an auch auf die Identifizierung von Pilzsporen und anderen Mikroorganismen ausgeweitet. Mittlerweile liegt die Machbarkeitsstudie (Proof of Concept) vor, die Ergebnisse wurden im "Journal of Vacuum Science & Technology A" veröffentlicht. Demnach ermöglicht es der neue Schnelltest, Mikroben mit höchster Sensibilität zu erkennen.
Nikolas Kostoglou, Professor am Lehrstuhl für funktionale Werkstoffe und Werkstoffsysteme der Montanuni, erklärte das Konzept: "Wir gehen von einem Filter aus, der typischerweise aus Glasfasermaterial besteht und mit speziellen Nanopartikeln funktionalisiert wird." Diese nur wenige Nanometer großen Partikel aus Edelmetallen wie Silber oder Platin oder auch Gold und Kupfer besitzen die Fähigkeit, die Wechselwirkung eines Laserstrahls mit bestimmten chemischen Bindungen in Proteinen zu verstärken. Die Forscher wollen damit Proteine, die als chemische Bindungen in jedem Mikroorganismus vorkommen und diesen und die zugehörige Gruppe an Mikroorganismen charakterisieren - besser sichtbar machen.
Für den Schnelltest bläst man in ein Röhrchen, das mit diesem Filter ausgestattet wurde. Dabei landen winzige Tröpfchen der ausgeatmeten Luft - die bei einer Infektion Viren, Bakterien oder Sporen enthält - auf der Oberfläche des Filters. Diese können durch die optische Methode "Surface Enhanced Raman Spectroscopy" (SERS) nachgewiesen werden. Hierzu bringt ein Laser die Proteinstrukturen in den Tröpfchen zum Schwingen - der sogenannte Raman-Effekt.
Wie die Leobener Forscher zeigen konnten, verstärken die Nanopartikel auf dem Filter diesen Effekt um bis zu elf Größenordnungen, wodurch selbst kleinste Mengen eines Mikroorganismus nachgewiesen werden können. "Dadurch kann man gezielt nachsehen, welche Schwingungen auftreten und ob diese Schwingungen für bestimmte Proteine charakteristisch sind", so Mitterer.
Der Nachweis alleine reicht aber nicht aus, um eine genaue Diagnose zu stellen. "Es ist eine Herausforderung, die spezifischen Fingerabdrücke von Viren, Bakterien und anderen Mikroorganismen zu identifizieren, vor allem, wenn in den Atemtröpfchen eine Vielzahl unterschiedlicher Strukturen drinnen ist", schilderte Kostoglou die Komplexität der Aufgabenstellung. Hier kommen Machine Learning-Algorithmen und Materialsystemdatenbanken ins Spiel: Mit ihnen suchen die Werkstoffforscher gezielt nach jenen charakteristischen "Fingerabdrücken" der Proteinstrukturen, die spezifisch für den jeweiligen Mikroorganismus sind.
Die neue Möglichkeit, Mikroorganismen in wenigen Minuten "komfortabler" als bisher nachzuweisen, könnte für den Gesundheitsbereich und viele andere Branchen große Vorteile bieten, zeigten sich die Leobener Forscher überzeugt: So könnte der entwickelte Schnelltest auch in der Krebsfrüherkennung oder bei der Identifizierung von Umweltrisikofaktoren wie Pilzsporen eine Rolle spielen. "Aktuell sind wir auf der Suche nach Industriepartnern, um diesen Test weiterzuentwickeln, in eine Produktion zu überführen und so vielen Patienten helfen zu können", schaut Mitterer hoffnungsvoll einer Markteinführung der Technologie entgegen.
LEOBEN - ÖSTERREICH: FOTO: APA/MUL