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Wiener Transplantationsexperten für interkontinentalen Organaustausch

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In Österreich wurden im vergangenen Jahr 59 Herzen transplantiert
©APA, dpa, Frank May
In Europa stehen jedes Jahr mehr als 1.000 Menschen auf den Wartelisten für eine Herztransplantation. In den USA bleiben hingegen jährlich rund 3.000 potenzielle Spenderorgane ungenutzt. Jetzt haben Wiener und US-Transplantationsspezialisten einen Appell für Organaustausch über Kontinente hinweg publiziert. "Keine Herzen zurücklassen", lautet die Devise.

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In Österreich wurden im vergangenen Jahr 59 Herzen transplantiert (37 MedUni Wien, 13 MedUni Innsbruck, neun an der MedUni in Graz). Gleichzeitig befanden sich am 31. Dezember 2024 laut dem österreichischen Transplant-Jahresbericht 69 Patienten auf der Warteliste für einen solchen Eingriff. Über die Jahre hinweg versterben in Österreich im Durchschnitt rund 15 Prozent der Schwerkranken, die auf ein Spenderherz warten.

Der Mangel an Spenderorganen bei einem je nach Weltregion oftmaligen "Verwerfen" potenziell geeigneter Organe hat die Wiener Transplantationsspezialisten Arezu Aliabadi-Zuckermann und Andreas Zuckermann sowie den US-Experten Mandeep Mehra (Harvard Medical School/Boston) jetzt im "Journal of Heart and Lung Transplantation" einen "Globalen Vorschlag zur Rettung von nicht genutzten Spenderherzen" veröffentlichen lassen (doi: 10.1016/j.healun.2025.07.009). Er richtet sich aus europäischer Perspektive besonders an die USA: "Trotz Fortschritten in technologischer und logistischer Hinsicht in Sachen Herztransplantationen werden jährlich noch immer Tausende verwendbare Spenderherzen speziell in den USA 'verworfen', während anderswo Patienten auf den Wartelisten sterben."

Die Statistiken dazu: Trotz aller Bemühungen und Fortschritte ist laut den Fachleuten die Nutzungsrate von angebotenen Spenderherzen nicht optimal. Sie liegt je nach geografischer Region zwischen 30 und 70 Prozent. Die Unterschiede zwischen Europa und den USA sind dabei eklatant. Organspender in Europa sind mit einem mittleren Alter von 55 Jahren zumeist älter, die Spenderherzen stammen im Durchschnitt von 45-jährigen Hirntoten. In den USA beträgt das mittlere Alter von Organspendern 45 Jahre, die verwendeten Spenderherzen stammen im Durchschnitt von Menschen, die mit 29 Jahren verstorben sind. In den Eurotransplant-Ländern (Österreich, Belgien, Kroatien, Deutschland, Ungarn, Luxemburg, Niederlande und Slowenien mit Zusammenarbeit und Austausch von Spenderorganen) werden noch etwa die Hälfte der Spenderherzen von über 55-jährigen Organspendern verwendet, in den USA sind es nur fünf Prozent.

Das Ergebnis dieser Situation ist laut den Verfassern des Appells ausgesprochen negativ: "Jedes Jahr werden in den USA über 3.000 Spenderherzen ungenutzt gelassen, auch in Europa wird eine beträchtliche Anzahl von Organen aus verschiedenen logistischen und klinischen Gründen verworfen. In der Eurotransplant-Region stehen jährlich etwa 1.000 Patienten auf Transplantationswartelisten." Europa weise höhere Akzeptanzraten auf und verwende Spenderorgane fast doppelt so häufig wie in den USA. In Europa werden auch eher Organspender mit Risikofaktoren wie Rauchen, Bluthochdruck oder Diabetes akzeptiert.

Dabei gebe es eine wachsende Nachfrage nach Spenderorganen. Gleichzeitig hätten sich die Möglichkeiten für einen Austausch von Spenderorganen auch über große Distanzen hinweg verbessert. "Fortschritte in der Konservierung (...) ermöglichen heute einen sicheren Transport über Tausende von Kilometern und stellen damit traditionelle zeitliche und geografische Einschränkungen in Frage", stellen die Fachleute fest. Dazu gehörten beispielsweise der Transport von Spenderorganen gekühlt und unter Sauerstoffversorgung oder unter Normaltemperatur mit entsprechender Versorgung etc.

Das alles könnte einen Austausch von Spenderherzen auch über Kontinente hinweg ermöglichen. "Professionelle Beschaffungsnetzwerke in den USA machen transatlantische Transporte technisch machbar und logistisch robust. Obwohl die Kosten für Konservierung und Transport nach wie vor hoch sind, können sie durch die Verkürzung der Krankenhausaufenthalte, die Vermeidung von Komplikationen durch lange Wartelisten und eine verbesserte Lebensqualität ausgeglichen werden. Ein wechselseitiges Modell könnte US-Zentren den Zugang zu transatlantischen Organen ermöglichen, insbesondere für Patienten mit dringender Behandlung, und zwar im Rahmen eines geregelten 'Payback'-Mechanismus, der den gegenseitigen Nutzen sicherstellt", schrieben die Fachleute. Man könnte sich an den Regelungen der international agierenden Stammzellregister orientieren.

"'Keine Herzen zurücklassen', ist mehr als ein Slogan: Es ist ein ethischer Imperativ, der durch die technische Machbarkeit unterstützt wird. Es ist an der Zeit, die Brücken zu bauen - rechtlich, logistisch und moralisch -, die den globalen Austausch von Spenderherzen Wirklichkeit werden lassen", fordern die Fachleute. Notwendig seien Machbarkeitsstudien, an denen beispielsweise führende Transplantationszentren in Europa und den USA teilnehmen. "Ein solches Modell erfordert Transparenz, internationale Aufsicht und einen gerechten Mechanismus zur Wahrung von Vertrauen und Ausgewogenheit", heißt es in dem Appell. Erforderlich seien natürlich die entsprechenden Rahmenbedingungen. Am Ende aber könnte der Austausch von Spenderorganen über den Atlantik oder sogar über den Pazifik hinweg erfolgen.

Herztransplantationen gehören zu den Erfolgsstorys der modernen Medizin. Im Mittel funktionieren Spenderherzen schon fast 20 Jahre. Etwa 70 Prozent der Patienten leben zehn Jahre nach der Operation, in der sie ein fremdes Herz implantiert bekommen haben.

NEU_ISENBURG - DEUTSCHLAND: FOTO: APA/APA/dpa/Frank May

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