Liebeskummer gehört zum Leben dazu. Unsere Gesellschaft reagiert darauf mit kollektiver Bindungsangst. Eine ganz neue Empfehlung ist der Mut zum Liebesindividualismus.
Selbst in körperlichen Ausnahmezuständen brennt die Seele häufig von zugrunde liegendem Liebesleid. Als ich im Krankenhaus als „Europas erste Klinikphilosophin“ schwer erkrankten Menschen begegnete, erlebte ich das Wunder der Liebe. Aber auch seinen Fluch.
Psychische Schmerzen wie Kontaktabbruch, Vertrauensbruch oder auch der Verlust eines geliebten Menschen wiegen ebenso heftig wie körperliche Erkrankungen: Ja, meine Gesprächspartner in ihren Betten litten vielfach an Kränkungen und daraus entstandenem Liebesleid. Und das Liebesleid ist nicht nur eingebildet, sondern wirklich da. Es wirkt mit einem Wort vernichtend, sich verlassen, zurückgewiesen, nicht mehr geliebt zu fühlen. Und hier die Hilfe zur Selbsthilfe.
Akzeptanz
Ähnlich wie bei einer Insolvenz, die wir nicht verhindern können, sollten wir uns die Situation nicht mit Abwehr und Verdrängung erschweren. Sondern sie, aber nicht nur die missliche Lage, das Gefühlschaos, sondern vor allem uns selbst radikal annehmen. Und uns nicht noch gedanklich abwerten oder schuldig fühlen.
Versöhnung
Wichtig ist hier, die Schuld nicht überzubewerten und als Phänomen, das mit dem Liebesschmerz einhergeht, gelassen zur Kenntnis zu nehmen, so wie man sich von einer Fliege nicht den Tag verderben lässt und vielleicht das Fenster öffnet oder woanders hingeht. So können Sie Schuld in Kreativität verwandeln, indem Sie etwas anderes tun, als darin förmlich zu baden und zu ertrinken. Bewusste Fokussierung auf anderes, Ablenkung und soziale Kontakte helfen Ihnen dabei.
Literatur
Praktizierende Philosophinnen verordnen statt Medikamenten Literatur. Öffnen Sie die Fenster Ihrer Wahrnehmung und lüften Sie alles durch, indem Sie, ob durch Bücher oder Filme, das kollektive und individuelle Liebesleid fassbar sehen: Als Narrativ, als Story.
Schmerztagebuch
Ein Schmerztagebuch der Liebe gibt Ihnen die Möglichkeit, zeitlich und qualitativ Liebesschmerzen strukturiert zu erfassen. Und sich so das Gefühl von Ohnmacht, Fremdbestimmt- und Ausgeliefert-Sein zu nehmen.
Natur
Selbstfürsorge ist bei jedem Liebesleid der Schlüssel zum Erfolg. Schauen Sie, auch wenn Sie in einer Achterbahn der Gefühle sind, gerade jetzt auf Ihre verdeckten Bedürfnisse, Wünsche, Sehnsüchte. Spaziergänge, körperliche Bewegung und positive Routinen verhelfen zu einer Tagesstruktur, machen den Kopf frei und vertreiben die Fliegenplage dunkler Gedanken.
Fazit
In Zeiten der Bindungsangst empfehle ich eine neue Haltung des Liebesindividualismus. Dies bedeutet, Sie müssen nicht; Sie können und Sie dürfen. Und wenn jemand Ihnen wehtut oder eine Partnerschaft belastend ist, gibt es die Möglichkeit einer Psychotherapie, um aus dem Leid Ressourcen zu entwickeln. Und es gibt auch die Möglichkeit, individuell glücklich zu werden.
Dazu müssen Sie jedoch herausfinden, ob Ihre Bedürfnisse Ihre wahren Bedürfnisse sind. Und ob das Scheitern von Beziehungen nicht auch daran liegt, dass Sie sich was vormachen. Klischees, soziale Erwartungen erfüllen zu müssen. Daher lieben Sie lieber individuell Ihr wahres Liebesleben. Und wenn Sie es sich bis jetzt noch nicht erlaubt haben, erlauben Sie es sich ab heute.
Dieser Beitrag ist ursprünglich in der News-Printausgabe Nr. 22/2025 erschienen.