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An den Analysen unter der Leitung von Erstautor Narciso Quijada von knapp 2.000 Proben aus 113 Lebensmittelverarbeitungsbetrieben - darunter auch 18 Unternehmen aus Vorarlberg und Kärnten - waren das "Austrian Competence Centre for Feed and Food Quality, Safety & Innovation" der Veterinärmedizinischen (Vetmed) Universität Wien und die Universität León in Spanien federführend beteiligt. Gesucht wurde nach "allen Genen, die man heute kennt, und die etwas mit Antibiotikaresistenz zu tun haben", sagte der Seniorautor und Studienentwickler Wagner: "Bis dato können aber nur einzelne Spezies untersucht werden. Unsere Studie zielt auf alle Antibiotikaresistenzgene bei allen vorhandenen Keimen." In diesem Umfang sei das noch nie gemacht worden, wie die Experten in der im Fachjournal "Nature Microbiology" veröffentlichten Studie beschreiben.
Solche Testungen werden sonst eher gezielt etwa im Veterinär- oder Krankenhausbereich durchgeführt. In letzterem sind Bakterien, denen man mit gängigen Antibiotika kaum oder gar nicht Herr wird, ein wachsendes Problem. Der Grund für das Vorhandensein solcher Resistenzen ist einerseits der natürliche, ständige Überlebenskampf, dem sich die Keime etwa in Anwesenheit von Pilzen und Co im Boden ausgesetzt sehen und der Einsatz solcher Medikamente in der Tier- und Humanmedizin. Dadurch steigt der Druck auf die Kleinstlebewesen, sich gegen die ständigen Angriffe zu wappnen.
Gefunden wurden in der aktuellen Studie nun Resistenzgene, die großteils mit Antibiotikaklassen in Verbindung stehen, die für Infektionsbehandlungen bei Menschen und Tieren sehr wichtig sind. Diese Erbgut-Spuren stammten vor allem von Erregern, wie Escherichia coli, Staphylococcus aureus und Klebsiella pneumoniae, die schwer behandelbare Krankenhausinfektionen auslösen können.
"Dass Lebensmittel ein Abbild der Produktion und der gesamten Umwelt sind, ist ganz logisch", erklärte Wagner. Man sehe aber hier, "dass Lebensmittel auch diese volle Last an möglichen Antibiotika-Genen tragen". Wenig überraschend entdeckte man die meisten Resistenzgene bei Fleischprodukten, darauf folgte die Milch-Produktion. Erstaunlicherweise fand man in der Fisch-Produktion relativ wenig davon.
Behaftet waren zudem weniger die Endprodukte "sondern eher die ganze Umwelt, also die Flächen mit denen Lebensmittel in Kontakt kommen". Dass man relativ viel auf den Oberflächen und gar nicht so im Inneren der Produkte identifizierte, sei ein Hinweis, dass die Reinigung oder Desinfektion von Geräten in der Produktion vielleicht zu selten oder ineffizient durchgeführt wird, meint der Wissenschafter. Hier ließe sich auch ansetzen, wenn Prozesse umgestaltet werden sollten.
Ein Detail der Auswertung ist, dass rund 40 Prozent der Resistenzgene mit sogenannten Plasmiden zusammenhingen. Das sind mobile genetische Elemente, die sozusagen die Übertragung von Erbgut auf andere Bakterien erleichtern. Man sehe also, dass sich Resistenzen in dem Milieu auch leicht ausbreiten könnten. Ein weiteres Argument, warum Hygiene - vom Erzeuger bis zum Verbraucher - sehr ernst genommen werden und der Einsatz von Antibiotika zielgerichteter und reduzierter erfolgen sollte. Wagner: "Wir als Gesellschaft sind stark in der Verpflichtung, durch die klassischen Hygieneregeln diesen Verbreitungsdruck zu unterbinden."
Unmittelbare Gefahr, sich über ein Lebensmittel mit einem schwer behandelbaren Keim zu infizieren, sieht Wagner nicht: "Wir streuen uns ja nicht die Lebensmittel in eine Wunde." Im Magen-Darm-Trakt, wo die Nahrung aufgenommen wird, nimmt das körpereigene Mikrobiom sich den Bakterien ohnehin an. Aber auch dort gelte: Je mehr Antibiotikagene über die Nahrung aufgenommen werden, desto leichter können sie auf das Darmmikrobiom übertragen werden.