Am Wiener Zentralfriedhof:
Der Beruf des Totengräbers

Beerdigungsaufseher Schertler: "Das Schlimmste sind immer Kinderbeerdigungen"

News.at hat einen der wohl außergewöhnlichsten Berufe näher unter die Lupe genommen - den Totengräber. Auch wenn so manchem bei diesem Wort ein Schauer über den Rücken läuft, so hat sein Beruf für Christian Schertler, Beerdigungsaufseher am Wiener Zentralfriedhof, nichts Gruseliges: "Es ist einfach Arbeit. Wir machen, hart ausgedrückt, ein Loch auf. Da denkt man nicht viel darüber nach. Mit dem Verstorbenen selbst haben wir bei Grabaushebungen nichts zu tun. Bei Exhumierungen ist das anders, aber das ist halt der Beruf." (Aus dem Archiv)

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Um sechs Uhr in der Früh beginnt für den Beerdigungsaufseher der Tag. Er beaufsichtigt seine Kollegen, die tagtäglich Gräber ausheben, schließen und Trauerzüge von der Bestattungshalle zum Grab begleiten. Im Schnitt finden zwischen zwölf und 20 Beerdigungen am Tag statt. Das bedeutet jede Menge Arbeit für die Totengräber und ihren Aufseher, der früher selbst die Schaufel in der Hand hielt. Doch wie kommt man zu so einem außergewöhnlichen Beruf? "Bei mir war es aus der Not heraus, irgendwie. Ich bin gelernter Rauchfangkehrer, war eine Zeit lang arbeitslos und ein Bekannter von mir hat da gearbeitet. Es ist meistens so, dass man durch jemanden, der schon dort arbeitet, zu diesem Beruf kommt", erzählt Schertler.

Seine Runden dreht er immer auf dem Fahrrad, denn das Friedhofsgelände ist enorm groß. Der Wiener Zentralfriedhof umfasst ungefähr die Fläche des siebenten und achten Wiener Bezirks. Um seine Fitness muss sich der Aufseher also keine Gedanken machen.

Ein "sicherer Arbeitsplatz"

Als Traumberuf sieht Schertler die Arbeit als Totengräber nicht, denn körperlich gesehen leisten die Mitarbeiter des Wiener Zentralfriedhofs Schwerstarbeit. Bis auf eine Tiefe von 2,70 Meter müssen sie graben und das bei jedem Wetter, egal ob es stürmt und schneit oder die Sonne vom Himmel brennt. Aber es gibt auch Vorteile, weiß Schertler: "Es ist ein sicherer Arbeitsplatz und es gibt auch Möglichkeiten, dass man weiterkommt, es gibt immer wieder Schulungen." Reich werden kann man in seinem Beruf allerdings nicht, wie er versichert, zumindest aber "habe ich an jedem ersten des Monats mein Geld am Konto".

Die düstere Seite

Dass der Beruf des Totengräbers auch eine ernste Seite hat, streitet er nicht ab. Einige Aufgaben machen dem erfahrenen Beamten nach wie vor zu schaffen. "Das Schlimmste sind immer Kinderbeerdigungen. Man sieht anhand der Größe des Sarges, dass es sich um ein Kind handelt", betonte der Beerdigungsaufseher. Und auch die Beerdigungen von Kollegen nimmt Schertler nicht auf die leichte Schulter: "Das ist etwas, das möchte keiner machen."

"Ich sage nicht: 'Hallo ich bin Totengräber'"

Und was halten die Mitmenschen von seinem Beruf? Die Leute seien eher neugierig, "weil wir eher Exoten sind". Sein Fazit: "Ich habe bis jetzt nur gute Erfahrungen gemacht, muss ich ehrlich gestehen. Wenn ich heute jemand kennen lerne, sage ich nicht: 'Hallo ich bin Totengräber'. Aber wenn ich wirklich engeren Kontakt haben will, dann spiele ich schon mit offenen Karten, ansonsten sage ich, ich bin Beamter."