SiL: Frühstück von früh bis spät

Im neuen Wiener Lokal SiL gibt es essenstechnisch von früh bis spät nur eines: Frühstück. Das allerdings nicht nur für die zweibeinigen Besucher.

von SiL Wien © Bild: SiL Wien

Factbox: SiL

  • Adresse: Babenbergerstraße 5, 1010 Wien
  • Öffnungszeiten:
    • Soft-Opening-Phase: Dienstag bis Sonntag, 9.00–18.00 Uhr
    • ab voraussichtlich Mitte April bis 22.00 Uhr
  • Website: www.sil.wien

Wie viel Zeit nehmen Sie sich für Ihr Frühstück? Wenn es nach dem SiL geht, dann könnte es ruhig ein wenig mehr sein. Was unweigerlich passiert, sobald man dem Lokal in der Wiener Innenstadt einen Besuch abstattet. Im neuesten Zugang der Gastroszene gibt es nämlich nur eines auf der Karte: Frühstück. Zwar in vielen Variationen, aber doch ausschließlich und von früh bis spät. Ein Konzept, das sich international immer wieder findet, hierzulande allerdings noch nicht.

Frühstück im SiL kreativ gedacht

Also ein Marmeladesemmerl zum Abendessen und ein Müsli als Dessert? "Nein, wir denken das Thema natürlich viel weiter", erzählt Geschäftsführer und Restaurantleiter Mykola Antonishen. "Wir setzen auf Gerichte, die das Thema Frühstück kreativer darstellen. Eine Eierspeise findet sich zum Beispiel auf jeder Frühstückskarte, aber wer will die schon einfach so am Nachmittag essen? Das Konzept soll schon Sinn machen." Deshalb wird das Frühstücksei im SiL etwa in Sojasauce mariniert und mit eingelegten Zwiebeln und Sesam-Mayonnaise serviert, anstatt eines simplen Kipferls kann man ein Croissant mit Ziegenkäse und Birne bestellen. Aus Frühstücksklassikern werden so raffinierte Variationen, die auch zu Lunch oder Dinner passen sollen.

Die Kreationen stammen vom Küchenchef Ricky Marczak aus Manchester. Die internationalen Einflüsse seiner Küche kommen nicht von ungefähr: Der Brite blickt auf Küchenengagements in Marokko, Frankreich, den Niederlanden und Israel zurück, in Wien hat er zuletzt im für betont kreative Küche bekannten Dogenhof gekocht. Im SiL will Marczak Gerichte anbieten, die Spaß machen und überraschen. Bei den bisherigen Lieblingskreationen der Gäste, Eggs Benedict und Eggs Royale, verwendet er zum Beispiel Erdäpfelwaffeln anstelle von Brot. Die kulinarische Weltoffenheit verbindet Marczak mit Produkten von lokalen Anbietern, so wird der Ziegenkäse etwa von einer befreundeten Käserin aus Niederösterreich hergestellt.

SiL Wien
© SiL Wien Eggs Benedict und Eggs Royale sind bisher, völlig unabhängig von der Tageszeit, die erklärten Favoriten der Gäste

Erklärtes Ziel des Teams: die Brunchszene in Wien aufzuwerten und spannender zu machen. "Nicht falsch zu verstehen, es gibt natürlich schon tolle Frühstücksoptionen in Wien. Aber ich habe eben zuvor nichts gefunden, wo für mich wirklich alles gepasst hat", berichtet Antonishen von seinen persönlichen Erfahrungen. Manchmal wäre die Speisekarte nicht abwechslungsreich genug gewesen, dann wieder der Kaffee nicht optimal zubereitet, oder es habe nicht genug Milchalternativen gegeben. Ein besonderes Reizthema ist für ihn Tee: "Es ärgert mich, wenn man einen Tee bestellt, für den 5,50 Euro verrechnet werden, der dann aber in einem banalen Beutel an den Tisch kommt. Da sprechen wir von einem Wareneinsatz von fünf Cent. Das steht doch in keiner Relation!"

Die Idee eines Frühstückslokals, das all dies besser macht, ist übrigens keiner Passion für das Genre an sich entsprungen. "Wir wollten ein Restaurant eröffnen und haben diese tolle Location in der Babenbergerstraße gefunden, also in direkter Nähe zur Mariahilfer Straße. Und dann haben wir uns gefragt, was die Gegend und Wien an sich kulinarisch noch brauchen, wo es also eine echte Nische gibt. So sind wir beim Frühstücksthema gelandet. In dieser Form hat das hier noch niemand vergleichbar umgesetzt."

Kein ukrainisches Lokal

Wenn Antonishen von "Wir" spricht, meint er damit sich und SiL-Inhaber Maksym Bondarchuk. Beide kommen aus der Ukraine, leben aber schon seit vielen Jahren in Österreich. Auch im weiteren Team finden sich einige Ukrainer. Lyubov Kolomiiychenko aus Odessa ist als Konditorin etwa verantwortlich für die süßen Köstlichkeiten, auch der Kaffee hat eine ukrainische Komponente. "Ein Bekannter von uns ist in Kiew ein populärer Röster. Nachdem er vor einem Jahr aus der Ukraine geflohen war, holte ihn ein Verantwortlicher der Dachstein Kaffeerösterei in die Steiermark. Dadurch können wir jetzt Kaffee nach unseren Vorstellungen anbieten, denn er weiß genau, was wir wollen." Was das ist? "In Wien wird sehr gut, aber hell geröstet. Unser Kaffee ist dunkler, es werden andere Geschmacksnoten herausgeholt."

Dass so viele Ukrainer beteiligt sind, hat seit der Eröffnung Ende Februar auch viele ukrainische Gäste ins Lokal gelockt. "Wir finden das sehr schön, aber hatten kurz Bedenken, dass wir als ukrainisches Lokal wahrgenommen werden. Wir kommen natürlich von dort, aber wir sind ein Team, das aus der ganzen Welt stammt und für Gäste aller Nationen da ist." Binnen kürzester Zeit habe sich das Publikum aber mehr gemischt, viele Wiener Frühstücksfans hätten schon vorbeigeschaut. Sogar so viele, dass bereits in der aktuellen Soft-Opening-Phase (vor allem am Wochenende) nur wenig ohne Reservierung geht.

Extra-Karte für Hunde

Die Rückmeldungen auf das Frühstückskonzept seien dabei bisher vordergründig positiv. "Die Gäste sagen uns, dass es für sie tatsächlich etwas Neues ist. Das bestärkt uns darin, dass es die spezielle Nische, von der wir ausgegangen sind, auch wirklich gibt."

SiL Wien
© SiL Wien Hunde sind im SiL nicht nur einfach willkommen, sie werden auch verköstigt

Wobei das kulinarische Thema wohl nicht die einzige Neuheit ist: Bedient werden nämlich nicht nur menschliche Frühstücksfreunde, sondern, Sie lesen richtig, auch tierische Gäste. Hunde sind im SiL nicht nur explizit willkommen, es gibt für sie sogar eine kleine Extra-Karte, auf der sich Leckerlis wie Hühnerleber oder Ente tummeln. "Das hat sich recht spontan ergeben." Dass Hunde in Fine-Dining-Lokalen nicht gern gesehen sind, versteht Antonishen. "Aber beim Frühstücken ist das doch etwas anderes. Du gehst mit deinem Hund spazieren, danach kommst du für Kaffee und Essen zu uns und hast ihn natürlich dabei." Da sei es schon nett, wenn der Vierbeiner auch verköstigt wird. "Die Gäste nehmen das so süß an, es ist richtig lieb. Wir überlegen schon, das Hundemenü zu erweitern." Nur eines sei wichtig: Beim Reservieren dazuzusagen, dass man mit felligem Begleiter kommt, damit es bei der Tischvergabe berücksichtigt werden kann und genügend Abstand eingeplant wird. Ohne Bellen frühstückt es sich eben entspannter. Egal, wie spät es ist.

Dieser Beitrag erschien ursprünglich in der News-Printausgabe Nr. 11/2023.