Die größten Irrtümer rund ums Schwitzen

Nicht nur, dass man beim Schwitzen entgiftet. Es hilft auch beim Abnehmen. So heißt es zumindest. Doch stimmt das auch? Prof. Dr. Hans-Peter Hutter, stellvertretender Leiter der Abteilung für Umwelthygiene und Umweltmedizin des Zentrums für Public Health an der MedUni Wien, räumt mit den größten Mythen rund ums Schwitzen auf.

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Nachgefragt - Die größten Irrtümer rund ums Schwitzen

Mythos Nr. 1: Beim Schwitzen entgiftet man

Ein paar Mal ordentlich geschwitzt - und schon ist man sämtliche Giftstoffe los, die sich über Jahre hinweg im Körper angesammelt haben? Schön wär's! Tatsächlich verlieren wir beim Schwitzen in erster Linie Wasser und Salze. Dann wären da noch ein paar andere Stoffe, wie etwa Zucker, Harnstoff, Amino- und Fettsäuren. Sie werden aber, wenn überhaupt, in derart geringer Konzentration ausgeschieden, sodass von Entgiften keine Rede sein kann. "Im Vergleich zu dem, was Leber und Nieren in puncto Entgiftung leisten, ist das praktisch vernachlässigbar", betont Hutter, dem zufolge Schwitzen einzig und allein dem Zweck dient, den Körper zu kühlen. Dabei sei wichtig, den Verlust an Wasser zu kompensieren. Anderenfalls können Leber und Nieren nicht optimal arbeiten, was sich wiederum negativ auf Entgiftung auswirken würde.

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Mythos Nr. 2: Wer viel schwitzt, nimmt ab

"Hier ist der Wunsch der Vater des Gedankens", stellt Hutter klar. Denn wer würde nicht bereitwillig ein Sonnenbad oder einen Saunabesuch in Kauf nehmen, um ein paar Kilos loszuwerden? "Leider ist es physiologisch aber so, dass man nur dann abnehmen kann, wenn man seine Ernährung umstellt und sich bewegt", so das ernüchternde Fazit des Umweltmediziners. Auch wenn uns noch so heiß ist - allein durch starkes Schwitzen verbrennt der Körper noch lange kein Fett.

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Mythos Nr. 3: Nichtsportler schwitzen schneller

Die Schweißproduktion hängt nicht vom Trainingsniveau, sondern von der Körpertemperatur ab. Nun können gut trainierte Person zwar mehr leisten, bis sich ihr Körper maßgeblich erwärmt. Hat er aber erst einmal eine bestimmte Temperatur erreicht, setzt die Schweißproduktion ein - egal ob gut trainiert oder nicht. "Genau wie alle anderen muss auch der Sportler Hitze abführen. Daran führt kein Weg vorbei", betont Hutter. Studien zufolge schwitzen Sportler bei Erreichen der entsprechenden Temperatur sogar schneller. So kann der Körper rascher gekühlt und damit wiederum eine höhere Leistung erbracht werden. Man könnte auch sagen, Sportler schwitzen effektiver: Ihre Drüsen geben die optimale Menge an Schweiß ab, wodurch der Körper optimal gekühlt wird.

Mythos Nr. 4: Weniger Schweiß unter den Achseln bedeutet, ...

... so die Annahme, mehr Schweiß an anderen Körperstellen. Stichwort Antitranspirant. "Antitranspirante wirken wie ein Pfropfen, der die Schweißdrüsen verstopft", erklärt Hutter. Trägt man ein entsprechendes Produkt nun in den Achselhöhlen auf, könnte man meinen, dass sich jene Flüssigkeit, die hier nicht mehr austreten kann, einen anderen Weg an die Hautoberfläche bahnt. "So organisiert sind die Schweißdrüsen aber nicht", berichtigt der Umweltmediziner. Unter den Achseln befindet sich zwar eine gewisse Anzahl an Schweißdrüsen. Über den restlichen Körper verteilt gibt es aber Millionen weitere. Fallen nun jene Drüsen aus, die in der Achselgegend angesiedelt sind, macht sich das bei der restlichen Schweißproduktion nicht bemerkbar. Und was die Antitranspirante betrifft: Wenn man schon nicht auf sie verzichten will, sollte man zumindest zu solchen greifen, die kein Alu enthalten.

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Mythos Nr. 5: Angstschweiß kann man riechen

Der Experte bejaht. Jede Art von Schweiß kann man riechen. Ob man zwischen ihnen unterscheiden kann, sei allerdings dahingestellt. "Schweiß ist prinzipiell geruchsneutral. Erst, wenn er sich mit der körpereigenen Flora vermengt, entwickelt sich ein Geruch", erklärt Hutter. Und da sich besagte Flora von Mensch zu Mensch unterscheidet, hat jeder seinen individuellen Geruch. Von daher kommt auch die Redewendung "Ich kann Dich nicht riechen". Eine Komponente, die dem Experten zufolge in unserer Gesellschaft maßgeblich unterschätzt wird, ist man mit einem Menschen, dessen Körpergeruch man als ausgesprochen unangenehm empfindet, in der Regel auch nicht kompatibel.

Mythos Nr. 6: Unter den Achseln schwitzt man am stärksten

Da der Schweiß in der Achselhöhle nicht so schnell verdunsten kann wie an Körperstellen, die mehr oder weniger einem ständigen Luftzug ausgesetzt sind, hat man das Gefühl, dass man hier besonders stark schwitzt. Dem ist aber nicht so. Das zeigt allein schon die Tatsache, dass man, wenn man Kleidung aus synthetischen Materialien trägt, die möglicherweise auch noch eng am Körper anliegt, an den betreffenden Körperstellen ebenso stark schwitzt. Es kommt also nicht auf die Körperstelle an sich an, sondern darauf, wie gut belüftet sie ist.