Radatz blickt auf 60 Jahre Wurst und Fleisch zurück

Das Wiener Familienunternehmen feiert sein 60-jähriges Bestehen. Zum Jubiläum blickt Franz Radatz Junior zurück auf die vergangenen Jahre

von Radatz © Bild: Ingo Pertramer

Veganisieren als der Übertrend, pflanzliche Alternativen in jedem Supermarkt und generell das Bestreben, weniger Fleisch zu essen: Es gab durchaus schon blumigere Zeiten für einen Betrieb, dessen DNA aus Wurst und Fleisch besteht. "Unser Geschäft ist herausfordernder geworden", sagt Franz Radatz junior, Chef des Wiener Familienunternehmens Radatz, dazu. "Wir sehen das aber nicht als Problem, sondern als Chance." Es würden nun eben gezielt entsprechende Produkte entwickelt.

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© Radatz ES GEHT UM DIE WURST. Elisabeth Radatz (ganz links) und ihr Mann Franz Radatz senior starteten mit ihrem kleinen Laden eine jahrzehntelange Erfolgsgeschichte

Sich bewusst um Flexitarier zu bemühen, ist eine Entwicklung, die für den 2022 verstorbenen Gründer Franz Radatz sen. wohl nicht absehbar war, als er vor sechzig Jahren mit viel Mut eine kleine Fleischerei in der Wiener Karolinengasse übernahm. Fast sein halbes Leben hatte der 25-Jährige zu diesem Zeitpunkt bereits als Lehrling und Wurstmeister dem Thema gewidmet. Der Auslöser dafür, dass es nicht wie gedacht bei dem kleinen Betrieb blieb, fühlte sich anfangs wie eine Katastrophe an: Der poröse Kamin der Selchkammer war nach wenigen Jahren zusammengebrochen, der Gewerbeinspektor verbot daraufhin das Selchen. Nachts mit der Taschenlampe illegal zu arbeiten, war keine Dauerlösung: Eine weitere Location musste her. Der Rest ist Geschichte. Der Expansion nach Neu-Erlaa folgten die Idee, die Wiener Greißler mit frischen Würsten zu beliefern, und schließlich die Eröffnung eigener Filialen: 23 gibt es aktuell.

Radatz: Alles bleibt in der Familie

Die Leidenschaft für das Produkt zeigt sich in den legendären Sagern des Firmengründers. "Die Wurst ist ein Lebewesen!", und kein Lebenwesen wolle sich einsperren lassen: So begründete er etwa sein anfängliches Nein zum Einschweißen in Plastikverpackung. Ganz offensichtlich: Sohn Franz Radatz jun. sah sich stets mit großen Fußstapfen konfrontiert. "Das Schöne ist, dass ich bis heute viel lernen und eine Tradition fortsetzen darf. Natürlich wird man aber immer an den Gründern gemessen." Dass die berufliche Zukunft im Familienunternehmen liegt, war ihm früh klar, weshalb er das Wirtschaftsstudium mit einer Ausbildung zum Fleischermeister kombinierte. Was er von den Eltern gelernt hat? "Die Erkenntnis, dass Geschmack unser Gradmesser für den Erfolg ist. Und dass Geschmack weiter zu fassen ist als nur als Aromen der Produkte." Neben dieser Prämisse habe sich aber auch viel verändert. "Natürlich haben wir heute ganz andere Ansprüche an ein gesundes Produkt. Es wird weniger fett gegessen, der Kalorienbedarf der meisten Menschen ist infolge geänderter Lebensumstände geringer. Und die Kundinnen und Kunden legen Wert auf nachhaltige Produkte aus fairer Produktion." Biofleisch spiele eine wichtige Rolle. "Wir setzen auf Bio, das ist eine Gewissensfrage. Es wird zu Recht danach verlangt. Eine 100-prozentige Umstellung ist aber, wenn man ganz ehrlich ist, wegen zu geringem Angebot am Markt nicht möglich. Wir suchen aber immer nach neuen Lieferanten aus dem Bio-Bereich."

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© Radatz Franz Radatz senior

Entgegen anfangs erwähnten Trends: Das Bestreben, weniger Fleisch zu essen, verspürt Radatz jun. nicht. "Ich esse jeden Tag Fleisch, das ist mein Beruf, meine Leidenschaft. Aber ich schaue auf die Qualität, das ist mir wichtig." Seine Lieblingswurst hat sich seit der Vorschulzeit nicht verändert: Salami. "Sie schmeckt mir in einer Semmel mit Gurkerl einfach herrlich. Die Salami ist die Königin der Wurst, hat mein Vater gesagt. Ich kann das voll unterschreiben."

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Dieser Beitrag ist ursprünglich in der News-Printausgabe Nr. 06/2023 erschienen.