Lehre: So findet man eine Lehrstelle - und so viel Geld gibt es für Lehrlinge

Wer in Österreich nach dem Pflichtschulabschluss eine solide berufliche Grundausbildung anstrebt, wird eine Lehre anstreben und sich auf die Suche nach einer geeigneten Lehrstelle machen. Wie findet man den richtigen Lehrberuf, wie hoch ist das Einkommen für Lehrlinge und lässt sich eine Lehre auch mit der Matura verbinden? Antworten auf die wichtigsten Fragen.

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Inhaltsverzeichnis

Lehre machen: Welcher Lehrberuf passt zu mir?

Bevor man sich für einen Lehrberuf entscheidet, sollten einige grundlegende Fragen beantwortet werden. So etwa: Welche Talente habe ich? Welche Tätigkeiten übe ich gerne aus? Wo liegen meine Stärken und Schwächen? Zudem sollte man sich mit der Frage auseinandersetzen, ob es im präferierten Berufsfeld überhaupt freie Lehrstellen gibt und wie es um die späteren Berufschancen steht.

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Einen Überblick über sämtliche Lehrberufe in Österreich gibt die Website des Bundesministeriums für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort. Die WKO wiederum bietet auf ihrer Plattform bic.at Unterstützung bei der Berufswahl an. Über eben genannte Plattform kann man auch ein Interessensprofil erstellen. Lehrstellen in ganz Österreich sind auch über die Lehrstellenbörse des AMS zu finden. Und das Berufsinformationssystem des AMS bietet Kurzbeschreibungen mit Tätigkeiten, beruflichen Kompetenzen, Gehaltsangaben, Weiterbildungen zu rund 500 Berufsprofilen.

Wie läuft die Lehrlingsausbildung ab?

Die Lehrlingsausbildung in Österreich erfolgt im sogenannten dualen System, bestehend aus dem Lehrbetrieb und der Berufsschule, wobei die Ausbildung an der Schule nur rund 20 Prozent der gesamten Ausbildungszeit ausmacht. Basis für die Lehrlingsausbildung ist der Lehrvertrag. Er wird schriftlich zwischen Lehrling und Lehrbetrieb abgeschlossen. Bei Lehrlingen unter 18 Jahren muss auch die erziehungsberechtigte Person unterschreiben.

Wie läuft der Unterricht in der Berufsschule ab?

Der Besuch der Berufsschule ist für Lehrlinge verpflichtend, wobei die Unterrichtszeit als Teil der Arbeitszeit gilt und somit auch während dieser Zeit Lehrlingseinkommen bezogen wird. Der Unterricht findet entweder ganzjährig (zwei halbe oder ein ganzer Schultag pro Woche), lehrgangsmäßig (mindestens acht Wochen durchgehend) oder saisonmäßig (zu einer bestimmten Jahreszeit geblockt) statt. In der Berufsschule wird die fachliche Ausbildung im Betrieb durch Vermittlung von Fachtheorie und Fachpraxis ergänzt. Außerdem sollen Allgemeinbildung vermittelt und fachorientierte Fremdsprachenkenntnisse gefördert werden. Nach erfolgreicher Absolvierung der Ausbildung können die Lehrlinge die Lehrabschlussprüfung ablegen.

Wie lange dauert eine Lehre?

Durch eine Lehre erhält man eine erste solide berufliche Grundausbildung zur Fachkraft. Die Dauer der Lehrzeit in Österreich liegt, je nach Lehrberuf, zwischen zwei und vier Jahren.

Wie hoch ist das Lehrlingseinkommen?

Die Höhe des Lehrlingseinkommens, vormals Lehrlingsentschädigung genannt, ist durch den entsprechenden Kollektivvertrag geregelt. Sie ist abhängig von der jeweiligen Branche und nach Lehrjahren gestaffelt. Sollte es keine kollektivvertragliche Regelung geben, muss die Höhe im Lehrvertrag vereinbart werden, wobei jedenfalls der Anspruch auf "ortsübliches Entgelt" besteht. Das Lehrlingseinkommen wird monatlich abgerechnet und ausbezahlt und es besteht, sofern diese im Kollektivvertrag vorgesehen sind, auch Anspruch auf Sonderzahlungen wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Zudem sind Lehrlinge unfall-, kranken- sowie arbeitslosenversichert und die Lehrzeit wird für eine spätere Pension angerechnet.

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Weitere Formen einer Lehrlingsausbildung

Modullehrberufe

Ein Modullehrberuf setzt sich aus dem Grundmodul (zwei Jahre), dem Hauptmodul (mindestens ein Jahr, meist aber eineinhalb Jahre) und einem Spezialmodul (ein halbes oder ganzes Jahr) zusammen. Im Grundmodul werden die grundlegenden Tätigkeiten vermittelt, im Hauptmodul liegt der Fokus auf den für den jeweiligen Lehrberuf typischen Qualifikationen. Das Spezialmodul wiederum dient der Vertiefung in einem speziellen Bereich. Während Grund- und Hauptmodul verpflichtend absolviert werden müssen, ist das Spezialmodul optional.

Derzeit gibt es in Österreich elf Grundmodule für eine modulare Lehrausbildung. Dabei handelt es sich um folgende:

  • Bekleidungsgestaltung
  • Elektronik
  • Elektrotechnik
  • Glasbautechnik
  • Holztechnik
  • Installations- und Gebäudetechnik
  • Kraftfahrzeugtechnik
  • Labortechnik
  • Mechatronik
  • Metalltechnik
  • Werkstofftechnik

Überbetriebliche Lehrausbildung

Personen, die beim AMS als lehrstellensuchend vorgemerkt sind, die Schulpflicht abgeschlossen haben und trotz intensiver Bemühungen keine Lehrstelle finden können oder aber eine betriebliche Lehre abgebrochen haben, können eine überbetriebliche Lehrausbildung absolvieren. Hier wird der Ausbildungsvertrag nicht mit einem Lehrbetrieb, sondern mit der Schulungseinrichtung abgeschlossen. Die Lehrlinge erhalten anstelle des Lehrlingseinkommens eine Ausbildungsbeihilfe, die vom zuständigen AMS ausbezahlt wird. Die Ausbildung selbst erfolgt in der Regel in einem Kooperationsunternehmen. Ziel der überbetrieblichen Lehrausbildung ist, dass die Lehrlinge während der Ausbildung in eine betriebliche Ausbildung wechseln können. Ist dies nicht möglich, kann aber auch die gesamte Ausbildung überbetrieblich erfolgen. Die Lehrlinge einer überbetrieblichen Ausbildung sind anderen Lehrlingen in jeder Hinsicht gleichgestellt.

Teilqualifikation/Lehre in verlängerter Lehrzeit

Für leistungsschwächere Jugendliche und Personen mit besonderen Bedürfnissen gemäß Behinderteneinstellungsgesetz gibt es die Möglichkeit einer verlängerten Lehrzeit (um ein Jahr oder in Ausnahmefällen um bis zu zwei Jahren) oder es kann auch die Ausbildung auf eine Teilqualifizierung beschränkt werden.

Lehre mit Matura

Bei der Lehre und Matura, auch Berufsmatura genannt, erfolgt die Vorbereitung und teilweise Ablegung der Matura parallel zur Lehrausbildung. Der Vorteil dieser Form der Lehrlingsausbildung liegt darin, dass eine umfassende Ausbildung zusammen mit der praktischen Berufsausbildung erfolgt. Dadurch ergeben sich bessere Aufstiegsmöglichkeiten. Zusätzlich wird der Zugang zu Fachhochschulen und/oder Universitäten eröffnet, während man bereits eigenes Einkommen bezieht. Die Wahl dieses Modells ist ab dem ersten Lehrjahr möglich, kann aber auch erst später erfolgen.

Für die Lehre mit Matura gibt es zwei verschiedene Modelle: Das begleitende Modell (Freizeitmodell) und das integrierte Modell (Arbeitszeitmodell). Während beim begleitenden Modell die Lehrlinge sämtliche Vorbereitungslehrgänge in der Freizeit besuchen, werden beim integrierten Modell die Kurse zur Gänze oder teilweise unter Anrechnung auf die Arbeitszeit absolviert. Bei Ersterem ist keine Vereinbarung im Lehrvertrag nötig, wohingegen das zweite Modell in den Lehrvertrag aufzunehmen ist.

Die Berufsmatura selbst besteht aus vier Teilprüfungen in Deutsch, Mathematik, einer lebenden Fremdsprache und dem Fachbereich. Von den vier Teilprüfungen muss eine (es können aber auch drei) vor der Lehrabschlussprüfung (LAP) abgelegt werden. Die vierte und letzte Teilprüfung darf erst nach der LAP und nach Vollendung des 19. Lebensjahres absolviert werden. Die Vorbereitungskurse für die Berufsmatura finden an Berufsschulen, berufsbildenden mittleren und höheren Schulen, allgemeinbildenden höheren Schulen oder an Erwachsenenbildungseinrichtungen statt.

Da die Lehre mit Matura in jedem Bundesland unterschiedlich geregelt ist, muss man sich bezüglich Abwicklung und Durchführung bei der jeweils zuständigen WKO erkundigen. Betriebe, die ihren Lehrlingen diese Möglichkeit eröffnen, erhalten Förderungen. Sie bekommen, wenn die Kurse in der Arbeitszeit stattfinden oder auf die Arbeitszeit angerechnet werden und die Lehrzeit nicht verlängert wird, das kollektivvertragliche Bruttolehrlingseinkommen im Ausmaß der Kurszeiten ersetzt.