Privatkonkurs - wenn die Schulden überhand nehmen

Es ist leider eine Tatsache, dass viele Menschen – ob selbst verschuldet oder nicht – so viele Schulden angehäuft haben, dass sie keine Möglichkeit haben, diese jemals zurückzuzahlen. Der Gesetzgeber hat daher das Instrument des Privatkonkurses geschaffen, mit dem man sich schuldenfrei machen kann – unter strikten Voraussetzungen.

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Privatkonkurs © Bild: Elke Mayr

Inhaltsverzeichnis:

Was ist ein Privatkonkurs?

Seit dem Jahr 1995 gibt es für überschuldete Privatpersonen die Möglichkeit, Privatkonkurs anzumelden. Dieses Verfahren folgt anderen Gesetzmäßigkeiten als der Konkurs für Unternehmen und soll redlichen Schuldnern die Möglichkeit für einen wirtschaftlichen Neubeginn geben. Es geht dabei darum, dem Schuldner die realistische Chance zu geben aus eigener Kraft – allerdings unter höchstmöglicher Anstrengung – ihre finanzielle Notlage zu beenden.

Ziel dieses speziell auf Private zugeschnittenen Verfahrens ist es, dem redlichen Schuldner die Möglichkeit für einen wirtschaftlichen Neubeginn zu geben. Insbesondere soll der Schuldner eine realistische Chance erhalten, sich aus eigener Kraft unter höchstmöglicher Anstrengung aus seiner finanziellen Notsituation zu befreien.

Wie funktioniert ein Privatkonkurs?

Wenn man seine Schulden nicht in angemessener Zeit zurückzahlen kann, gilt man als zahlungsunfähig. Entweder stellt man selbst den Konkursantrag, oder einer der Gläubiger tut das. Damit gilt der Konkurs als eröffnet. Diese Eröffnung wird vom Gericht in der Ediktsdatei veröffentlicht – alle Verfahren sind im Internet unter www.edikte.justiz.gv.at zu finden. Es kann sich also jeder darüber informieren.

Wie läuft ein Konkursverfahren ab?

Der Privatkonkurs besteht aus zwei Phasen:

Die erste Phase ist das gerichtliche Insolvenzverfahren. Dieses dient der Vermögensverwertung.

Die zweite Phase ist ein längerer Rückzahlungszeitraum, z. B. Zahlungsplan bzw. Sanierungsplan oder das Abschöpfungsverfahren.

Grundsätzlich steht Schuldnern während des Konkursverfahrens die Eigenverwaltung zu. Nur bei unüberschaubaren Vermögensverhältnissen oder wenn Umstände bekannt sind, die erwarten lassen, dass die Eigenverwaltung zu Nachteilen für die Gläubiger führen würde, kann ein Insolvenzverwalter bestellt werden.

Im Zuge dieses Verfahren kommt es zur Sicherstellung des pfändbaren Einkommens. Arbeitgeber werden darüber informiert und die pfändbaren Teile des Einkommens müssen direkt auf ein Gerichtskonto überwiesen werden. Mit diesem Geld werden nach Konkursende die angefallenen Kosten getilgt.

Nach dem Einkommen wird auch das Vermögen sichergestellt. Der Schuldner muss bei der Abgabe seines Antrages ein ausgefülltes und eigenhändig unterschriebenes Vermögensverzeichnis abgeben.

Danach geht das Verfahren in die zweite Phase über – die Rückzahlung der Schulden. Auch hier gibt es mehrere Möglichkeiten.

Der Sanierungsplan

Beim Sanierungsplan müssen Schuldner den Gläubigern mindestens 20 Prozent innerhalb von 2 Jahren anbieten. Die Frist kann für Privatpersonen auf bis zu 5 Jahre ausgedehnt werden. Der Sanierungsplan gilt als angenommen, wenn eine Mehrheit der Gläubiger (= Kopf- und Summenmehrheit der bei der Tagsatzung der Abstimmung anwesenden Gläubiger) dafür stimmt. Der Vorteil des Sanierungsplanes liegt darin, dass vorhandenes Vermögen erhalten bleibt.

Wird der Sanierungsplan von den Gläubigern nicht angenommen, kann ein Zahlungsplan bzw. Abschöpfungsverfahren beantragt werden.

Der Zahlungsplan

Den Gläubigern muss ein Rückzahlungsangebot – das Zahlungsplanangebot – gemacht werden. Damit der Zahlungsplan gültig ist, müssen die Schuldner den Gläubigern mindestens eine Quote anbieten, die ihrer Einkommenslage in den folgenden drei Jahren entspricht. Die Maximallaufzeit eines Zahlungsplanes darf 7 Jahre nicht übersteigen. Dem Zahlungsplan muss ebenfalls sowohl eine Kopf- als auch eine Summenmehrheit der Gläubiger zustimmen.

Mit Annahme des Zahlungsplans verpflichtet sich der Schuldner, den Gläubigern die jeweils angebotenen Beträge fristgerecht zukommen zu lassen. Wird die Vereinbarung eingehalten, erlöschen nach Ablauf der vereinbarten Laufzeit die Restforderungen der Gläubiger.

Wenn sich die wirtschaftliche Lage des Schuldners während der Laufzeit ändert, so kann ein anderer Zahlungsplan angeboten werden. Wird dies nicht angenommen, muss ins Abschöpfungsverfahren gewechselt werden.

Das Abschöpfungsverfahren

Findet der angebotene Zahlungsplan keine Mehrheit, so wird vom Gericht das Abschöpfungsverfahren eingeleitet, sofern keine Einleitungshindernisse vorliegen. Es gibt zwei Arten von Abschöpfungsverfahren: Abschöpfungsverfahren mit Tilgungsplan und Abschöpfungsverfahren mit Abschöpfungsplan. Für die Einleitung ist keine Zustimmung der Gläubigern erforderlich.

Das Abschöpfungsverfahren mit Tilgungsplan dauert 3 Jahre. Das Abschöpfungsverfahren mit Abschöpfungsplan dauert 5 Jahre. Bei jedem Abschöpfungsverfahren werden vom Gericht Treuhänder bestellt. An diese muss der pfändbare Teil des Einkommens abgetreten werden. Sie verteilen die eingegangen Beträge an die Gläubiger.

Während des Verfahrens muss man sich an recht strikte Regeln halten:

  • keine neuen Schulden
  • Schenkungen und Erbschaften müssen herausgegeben werden
  • angemessene Erwerbstätigkeit oder sich zumindest um eine solche bemühen
  • die Treuhänder müssen über Arbeits- oder Wohnungswechsel informiert werden
  • arbeitslose Schuldner müssen dem Gericht regelmäßig Bemühungen um einen Arbeitsplatz nachweisen

Wenn man diese Regeln verletzt kann das bedeuten, dass der Privatkonkurs scheitert und man wieder mit den ganzen Schulden dasteht - für mindestens 10 Jahre.

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Was sind Gründe für einen Privatkonkurs?

Rund 30 % der Privatkonkurse sind auf persönliche Überschätzung zurückzuführen (also keinen Überblick über Kosten und Ausgaben zu haben), bei etwa 18 % führte eine Reduktion des Einkommens in die Schuldenfalle. Der Rest entfällt auf Lebenskrisen (von Scheidung bis Unfall).

Wann lohnt sich ein Privatkonkurs?

Vielfach wird die Frage gestellt, ab welcher Schuldenhöhe es Sinn macht, einen Privatkonkurs zu eröffnen. Tatsache ist, dass es auf die Höhe der Summe eigentlich nicht ankommt. Es ist allein entscheidend, ob der Schuldner seinen Verbindlichkeiten noch nachkommen kann oder nicht. Wenn das nicht mehr der Fall ist, und man nur über ein geringes Einkommen verfügt, kann der Privatkonkurs schon bei niedrigem Schuldenstand sinnvoll und notwendig sein.

Welche Nachteile hat die Privatinsolvenz?

  • Es bleibt nur der nicht pfändbare Betrag des Nettoeinkommens über, das Existenzminimum.
  • Vermögensbestandteile, die nicht dringend zum Leben notwendig sind, werden vom/von der Insolvenzverwalter:in verwertet. Dazu kann das Auto zählen, aber auch eine Lebensversicherung oder andere Kapitalanlagen fallen darunter.
  • Das Konsumverhalten wird eingeschränkt, so sind im Normalfall keine Ratenzahlungen mehr möglich.
  • Jedes Insolvenzverfahren ist öffentlich einsehbar, wobei die Einsicht in die Insolvenzdatei kostenlos und für jeden möglich ist.
  • Der/Die Arbeitgeber:in wird über eine Privatinsolvenz informiert.
  • Als Folge einer Insolvenz erhält man eine schlechte Bonität (geringe Kreditwürdigkeit).
  • Der Prozess bis zur Schuldenfreiheit ist oftmals langwierig und bürokratisch aufwendig.

Wo und wie anmelden

Ein Antrag auf Privatkonkurs muss bei Gericht eingebracht werden. Zuständig ist das Bezirksgericht, das für die Wohngegend des Schuldners zuständig ist. Im Grunde reicht auch eine mündliche Erklärung an das Gericht. Dies sollte man tunlichst so schnell wie möglich machen, nachdem klar, dass man zahlungsunfähig ist. In der Praxis sollte man sich unbedingt Hilfe bei einer Schuldnerberatung holen.

Was wird gepfändet und was darf man behalten?

Bei einer Pfändung werden Gegenstände oder Geld weggenommen. Damit genug Geld zum Leben bleibt, ist ein bestimmter Betrag – das sogenannte Existenzminimum – nicht pfändbar. Die Höhe dieses Betrages hängt davon ab, ob man vielleicht auch noch Unterhalt zahlen muss. Und davon, wie hoch das Einkommen ist. Mithilfe eines Pfändungsrechners kann man die Höhe des Existenzminimums berechnen.

Scheitert die Vereinbarung eines außergerichtlichen Ausgleichs oder eines Sanierungsplans, kommt es zu einer Liquidierung des Vermögens des Schuldners. Jedoch nicht alle Vermögensgegenstände dürfen verwertet werden.
Nicht verwertet werden dürfen z.B: Kühlschrank, Herd, Staubsauger, Waschmaschine, Betten, sonstige notwendige Einrichtung, KFZ (aber nur sofern für Berufsausübung notwendig), Nahrungsmittel und Heizmittel für 4 Wochen, Haustiere, Ehering.
Es gibt allerdings auch eine Reihe von Dingen, die sehr wohl gepfändet werden dürfen: Fernsehgerät, DVD-Player, neuwertige Handys, Stereoanlage, PC, Geschirrspülmaschine, KFZ, Bilder, Schmuck, Antiquitäten. Bei diesen Dingen wird es im Einzelfall wohl darauf angekommen, wie alt sie sind bzw. was man dafür überhaupt noch erlösen kann.

Wie lange dauert ein Sanierungsverfahren?

Je nachdem welche Verfahrensart in Frage kommt, handelt es sich um zwei oder fünf Jahre (Sanierungsplan) bzw. bis maximal sieben Jahre mit Zahlungsplan. Je nach Schuldenhöhe und Finanzlage kann es also lange dauern, bis man wieder schuldenfrei ist.

Wie viel zahlt man bei Privatkonkurs?

Das hängt von den finanziellen Möglichkeiten und der Art des Verfahrens ab. Muss man im Sanierungsplan mindestens 20% zurückzahlen, ist es beim Abschöpfungsverfahren de facto unerheblich, da sich die Summen hier nur am pfändbaren Einkommen des Schuldners orientieren.

Was darf man bei einem Privatkonkurs besitzen?

Unterm Strich eigentlich nur das Existenzminimum, also die unpfändbaren Teile seiner Einkünfte, und die notwendigsten Dinge zum Leben. Dazu zählt beispielsweise ein vollständig abbezahltes Auto, wenn es den Wert von rund 2.000 Euro nicht übersteigt und für die Arbeit gebraucht wird. Die Höhe des Existenzminimum hängt davon ab, wie hoch das jeweilige Einkommen ist und ob man Unterhalt zahlen muss.

Über den Online-Rechner der Schuldnerberatung Wien kann man die Höhe des individuellen Existenzminimums berechnen.

Was ist ein außergerichtlicher Ausgleich?

Der außergerichtliche Ausgleich bedeutet, dass der Schuldner ohne Mitwirkung des Gerichts versucht, sich aus dem Zustand der Zahlungsunfähigkeit zu befreien. Dazu gehören Maßnahmen wie Ratenzahlungen, Stundung oder auch (teilweiser) Schulderlass.

Nachteilig ist, dass es hier einer Zustimmung von 100% der Gläubiger bedarf und gesetzlich Sozialversicherungsträger und Finanzamt nicht zustimmen dürfen. Dies bedeutet, dass beide zu 100% zu befriedigen sind, was die Quote der anderen Gläubiger diesbezüglich mindert.
Wichtig ist, dass jeder der Gläubiger erfährt, was der andere Gläubiger an Quote erhält und alles, was den außergerichtlichen Ausgleich betrifft, muss unbedingt schriftlich festgehalten werden. Ansonsten steht es frei, mit den Gläubigern verschiedene Quoten und Fristen zu vereinbaren, solange alle anderen zustimmen. Für Schuldner ist er interessant, weil keine Verfahrenskosten anfallen.

Was ist eine Konkursaufhebung?

Der Konkurs ist vor allem dann aufgehoben, wenn ein Sanierungsplan oder ein Zahlungsplan mit der erforderlichen Gläubigermehrheit angenommen und rechtskräftig vom Gericht bestätigt oder ein Abschöpfungsverfahren mit Restschuldbefreiung eingeleitet wurde.
Ab diesem Zeitpunkt entfallen alle Einschränkungen des Schuldners (z. B. das Verbot, gewisse Rechtsgeschäfte selbst abzuschließen oder Zahlungen vorzunehmen).

Schuldnerberatungsstellen

Alle Schuldnerberatungsstellen österreichweit findet man unter www.schuldnerberatung.at. Sie stehen allen kostenfrei zur Verfügung und man sollte sich unbedingt dort beraten lassen. Sie helfen nicht nur, einmal einen Überblick über die Möglichkeiten, die man noch hat, zu bekommen, sondern stehen einem auch während des Verfahrens mit Rat und Tat zur Seite.

Gibt es eine Liste derer, die in Privatkonkurs sind?

Ja, wie oben bereits erwähnt, wird mit Eröffnung des Privatkonkurses das Verfahren in die Ediktsdatei aufgenommen und kann unter https://edikte.justiz.gv.at/edikte eingesehen werden.

Alle Daten sind grundsätzlich bis ein Jahr nach Abschluss des Insolvenzverfahrens abrufbar, bei Abweisung mangels kostendeckenden Vermögens drei Jahre.
Nach vollständiger Erfüllung des Sanierungs- oder des Zahlungsplans hat der Schuldner die Möglichkeit, eine Löschung aus der Insolvenzdatei zu erwirken.