Der Nächste, bitte

Die SPÖ will nur spielen, aber offensichtlich nicht regieren. Also geht das Match um die Führungsspitze in die nächste Runde.

von Kathrin Gulnerits © Bild: News/Matt Observe

Sie kann es nicht. Das Urteil steht fest. Nicht erst seit gestern. Je nachdem, was gerade auf dem Tisch liegt - Wahlen, TV-Auftritte, Zwischenrufe aus den eigenen Reihen -, wurde und wird es eng für Pamela Rendi-Wagner. Mal ein bisschen mehr, mal ein bisschen weniger. Aber unter dem Strich bleibt immer stehen: Das reicht nicht. Die Marke ist beschädigt. Die größte Oppositionspartei des Landes wankt. Nicht nur, aber auch ihretwegen. Wer gerade eben noch als Parteichefin (überraschend) in einem TV-Verhör bestanden hat, muss nicht zwingend im nächsten Wahlkampf bestehen. Schon gar nicht, wenn das Visavis Herbert Kickl heißt. Schon gar nicht, wenn man inhaltlich nicht sattel- und kursfest genug ist.

Pamela Rendi-Wagner liefert nicht. Der guten Ordnung halber: alle anderen in ihrer Partei auch nicht. Dabei sind die Themen -Inflation, Energiekrise, Mieten, Altersarmut - wie geschaffen für eine sozialdemokratische Partei. Man sieht diese Themen. Ganz bestimmt. Aber Zeit, sie zu bearbeiten, gibt es nicht. Weil Personaldebatten, das Austeilen und anschließende Wundenlecken diese Themen überdecken. Weil es (mal wieder in diesem Land) um das Ich, nicht das Wir geht. Um Befindlichkeiten. Nicht um die Menschen und ihre Sorgen. Weil jeder sein eigenes Spielchen spielt. Wer aber keine Position bezieht und keine Lösungen anbietet, rutscht in die Bedeutungslosigkeit und braucht sich nicht zu wundern, dass sich die Wähler enttäuscht, vielleicht auch angewidert abwenden. Die scheibchenweise Demontage der Parteichefin und damit die Beschädigung der SPÖ wird munter weitergehen. Nächster Höhepunkt: die Wahl in Salzburg Ende April. Bis dahin leiden wir. Die SPÖ mit ihrer Vorsitzenden, die Vorsitzende mit ihrer Partei und die Wähler, weil es keine Antworten auf ihre Probleme gibt. Ein Sonderparteitag nach der Salzburg-Wahl wird wohl die Klärung bringen.

»Und jetzt? Ein 'egomanischer Ungustl' oder weiter wie bisher? Die Zeit drängt«

Und dann? Die Zeit drängt. Ein "egomanischer Ungustl" oder weiter wie bisher? Ein richtiges Kaliber? Ein junges, unverbrauchtes Gesicht, wenn möglich mit Ecken und Kanten und vor allem Strahlkraft? Ein Wadlbeißer par excellence, ein Intrigant oder doch lieber ein integerer Teamplayer, aber bitteschön mit interner Durchsetzungskraft? Ein brillanter Rhetoriker? Wo ist er, der Gegenkandidat, auf den sich alle einigen können? Gendern am Ende nicht nötig. An ebendiesem Ende zählen nur die Erfolgsaussichten. Die gefühlten. Die echten beweisen sich erst in der Praxis.

Sie kann es nicht!": zu jung, zu unerfahren. Zu sehr Frau. Kurzum: nicht tauglich für die Politik, so das Urteil. Dazu Hass, Häme, plumpe Frauenfeindlichkeit. Kübelweise. Gnadenlos. Wollte Annalena Baerbock damals im deutschen Wahlkampf im Herbst 2021 hinschmeißen? Vielleicht. Sie hat durchgehalten, stur, selbstbewusst und ehrgeizig ihr Ding durchgezogen. Typisch Mann, aber eben ganz untypisch Frau. Applaus brauchte sie dafür nicht zu erwarten. Baerbock wurde nicht Kanzlerin, aber Außenministerin. Gerade noch angezählt, zählt sie -beurteilt nach Sympathie und Leistung -mit zu den beliebtesten Politikern in Deutschland. Von der gescheiterten Kanzlerkandidatin zur populären Ministerin, auch so kann eine Erzählung gehen. Von "Kohls Mädchen", das am Ende 16 Jahre die Geschicke Deutschlands lenkte und " mächtigste Frau der Welt" wurde, ganz zu schweigen.

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