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Jensen Huang: Das Erfolgsgeheimnis des Nvidia-CEOs

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Jensen Huang

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Jensen Huangs Chipdesignschmiede Nvidia macht Rekordumsätze und belegt Platz sechs im Ranking der weltweit wertvollsten Unternehmen. Das Erfolgsgeheimnis liegt im Glauben des Gründers an den Boom der künstlichen Intelligenz. Auf deren Durchbruch bereitet er sich seit zehn Jahren vor.

Steckbrief Jensen Huang

  • Name: Jen-Hsun Huang

  • Geboren am: 17. Februar 1963 in Tainan (Taiwan)

  • Ausbildung: Studium der Elektrotechnik an der Oregon State University

  • Beruf: Unternehmer und Manager

  • Familienstand: verheiratet mit Lori Huang

  • Kinder: Sohn Spencer, Tochter Madison

Nur zwei US-amerikanische CEOs haben mit einem selbstgegründeten Unternehmen einen Martkwert von einer Billion Dollar erreicht. Der eine ist der schillernde Amazon-Chef mit dem Raumfahrt-Faible Jeff Bezos. Vom zweiten hat die Öffentlichkeit zumindest hierzulande bis dato wenig gehört. Er heißt Jensen Huang und rangiert mit einem Vermögen von 41 Milliarden Dollar auf der Forbes-Liste der weltweit Reichsten auf Platz 28, 25 Plätze hinter Bezos.

Jensen Huang mit Nvidia auf Erfolgskurs

Mit der Verkündung der Rekordzahlen seines Unternehmens Nvidia Ende August 2023 hat Huang seinen Status einzementiert. Den Erwartungen der Analysten folgend konnte der Chiphersteller seinen Quartalsumsatz im Vergleich zum Vorjahr verdoppeln und den Gewinn um ein Vielfaches steigern. Konkret meldete Nvidia 13,5 Milliarden Dollar Quartalsumsatz. Der Gewinn sprang von 656 Millionen Dollar vor einem Jahr auf knapp 6,2 Milliarden Dollar. Nvidia-Aktionäre freuen sich über einen Kursgewinn von 92 Prozent im ersten Halbjahr 2023. An der Börse ist Jensen Huangs im Jahr 1993 gegründetes Unternehmen nun ein Schwergewicht. Mit einem Wert von rund 1,2 Billionen Dollar spielt Nvidia damit in einer Liga mit Apple, Microsoft und Google. Im Ranking der wertvollsten Unternehmen der Welt belegt Jensen Huangs Lebenswerk Platz sechs noch vor Tesla und Meta.

Huangs Erfolg gedeiht auf den Schultern des Riesen künstliche Intelligenz. Mit Nvidia stellt er passgenau jene Software und Chips her, die KI-Anwendungen brauchen. Seit der breitenwirksamen Explosion der Nutzung künstlicher Intelligenz in allen Lebensbereichen, etwa durch Chatbots wie ChatGPTG, schnellt der Wert des Chipherstellers in lichte Höhen.

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© IMAGO/ZUMA Wire

Wie ein einfacher Werkzeugmacher

Der KI-Boom spielt dem Sohn einer Einwandererfamilie aus Taiwan in die Hände, mag es heißen. Ganz im Gegenteil ist es vielmehr ein Moment, den Huang antizipiert hat und auf den er sich seit Jahren mit Milliardeninvestitionen akribisch vorbereitet.

Der Goldrausch hat nicht die Goldsucher reich gemacht, sondern jene, die ihnen Schaufeln und Hacken verkauft haben

Seine Position an diesem Punkt der wirtschaftlichen Geschichtsbücher vergleicht der Nvidia-CEO mit jener der Werkzeugmacher in der Zeit der Goldgräber. Auch der Goldrausch habe bekanntlich nicht die Goldsucher reich gemacht, sondern jene, die ihnen Schaufeln und Hacken verkauft haben, lautet Huangs Lieblingsvergleich. Die Computerchips von Nvidia sind demnach Werkzeuge der modernen KI-Goldgräber, der Stoffd der KI-Riesen wie ChatGPT zum Laufen bringt.

Huang kommentiert den Hype im Interview mit dem "Spiegel" erwartungsgemäß euphorisch: "Tatsächlich beginnt ein neues Computerzeitalter. Das ist der wichtigste Punkt der künstlichen Intelligenz: Man kann jetzt einen Computer bitten, einen Computer zu programmieren. Und das geht auch noch super einfach. Nun können nicht nur Spezialisten, sondern Lehrer, Künstler, Buchhalter ein Programm schreiben."

Es begann mit einem Faible für Games

Das Alleinstellungsmerkmal, das Jensen Huang gegenüber Mitbewerbern wie Intel oder AMD so erfolgreich macht, ergibt sich aus der geschichtlichen Entwicklung seiner Firma sowie aus dem Weitblick ihres Gründers.

Die Firmengeschichte begann mit einer Idee für ein Nischenprogramm. Als Huang im Jahr 1993 an seinem 30. Geburtstag Nvidia gründete, setzte er darauf, dass Computer irgendwann Geräte sein würden, auf denen auch Videospiele gespielt würden. Das damals nerdige Spezialgebiet liefert seiner Firma bis heute den immensen Vorsprung an Wissen und Kontakten.

"Videospiele stellen die Leistung eines Rechners vor extrem anspruchsvolle Hürden. Genau das war unsere Killer-Applikation. Indem wir uns dieser Aufgabe gewidmet haben, erreichten wir große Märkte, die die Forschungs- und Entwicklungsarbeit finanziert haben, weil sie die massiven Rechenprobleme lösen wollten", erklärte Huang der BBC Nvidias Blüte. 1995 entwickelte das Unternehmern den NV1-Chip für Spiele von Sega-Arcade und ein Jahr später mit Microsoft die Programmierschnittstelle für die Darstellung von 3D-Grafiken.

Microsoft zahlte Nvidia einen Vorschuss von 200 Millionen Dollar für die Entwicklung des Grafikchips für die Urversion der Xbox. Nvidia war auch für Sony an der Entwicklung der Play-Station 3 beteiligt. Mit dem weltweit ersten Grafikprozessor, der die Computertechnik revolutioniert hat, lieferte Huangs Firma 1999 den ersten großen Coup.

Die Nerds werden breitenwirksam

Nach 13 Jahren war das Unternehmen das einzig unabhängige Computergrafikunternehmen, das von 70 Mitbewerbern übrig blieb. "Wir waren erfolgreich, weil uns egal war, ob die Leute an uns glaubten. Wir haben selbst an uns geglaubt und hatten den Mut, unseren eigenen Weg zu gehen", sagte Huang im BBC-Interview über die Wurzeln seines Erfolgs.

Die fachliche Expertise rund um die Entwicklung von Grafikprozessoren im Spielebereich ist der Grund für Nvidias zuletzt sagenhaften Aufstieg. Denn künstliche Intelligenz braucht eine spezielle Rechenleistung, und diese lässt sich am besten mit Chips rechnen, wie sie für den Gamebereich konzipiert wurden.

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Keine Keynote ohne Lederjacke. Nvidia-CEO Jensen Huang bei einer Rede im Jahr 2018. Sein Tattoo am Oberarm, das dem Logo der Firma ähnelt, zeigt er ein anderes Mal

© AFP/Getty Images

"In dieser neuen Technologiewelt können wir Aufgaben nicht mehr nur mit einem Rechenkommando nach dem anderen abarbeiten, sondern Millionen von künstlichen Neuronen parallel die Lösung suchen lassen. Wir haben den idealen Prozessortyp dafür entwickelt", erklärte der CEO der "Welt" bereits im Jahr 2016.

Zehn Jahre Warten auf den KI-Boom

Seit 2012 rüstet Huang sein Unternehmen für den KI-Boom und hat über sieben Milliarden Dollar in den Zukauf von Technologie investiert, um gut aufgestellt zu sein, wenn der Tag X da ist. Binnen sieben Jahren konnte er so Grafikprozessoren entwickeln, die dreißigmal so schnell rechnen wie damals. Außerdem begann er mit der Entwicklung von ganzheitlichen Lösungen für das Training von Algorithmen. Statt nur Chips zu verkaufen, ging es nun darum, Chips, Netzwerkkomponenten oder Computergehäuse an KI-Anwendungen anzupassen. Eine enge Zusammenarbeit mit weltweiten KI-Forschern wie davor mit den Videospiel-Entwicklern war die logische Folge. Dadurch blieb Nvidia über die aktuellen Bedürfnisse der KI-Branche informiert und konnte die Entwicklung seines Ökosystems in Realzeit daran anpassen.

US-Analysten sehen in der Chipdesign-Schmiede im Zeitraum der kommenden fünf bis zehn Jahre das "wichtigste Unternehmen der Zivilisation", da alle Firmen für das Training von KI-Anwendungen die Technologie von Nvidia benötigen.

In Deutschland geht Nvidia zum Beispiel mit einer Partnerschaft mit Mercedes-Benz im Bereich autonomes Fahren in die Zukunft. "Statt dass wir die Software entwickeln und sie dann behalten, arbeiten wir gemeinsam daran und teilen sie. Es ist eine ganz neue Art von Partnerschaft, einmalig auf der Welt", bescheibt Huang die Kooperation gegenüber dem "Spiegel"."Das Unternehmen hat Zugriff auf die gesamte Software, wenn die Fahrzeuge erst auf den Straßen sind. Wir werden an den Verkäufen beteiligt."

Der neue Steve Jobs

Mit seinem disruptiven Ansatz im Denken und einer Stringenz im Handeln hat sich Jensen Huang im Silicon Valley den Ruf erworben, der neue Steve Jobs zu sein. Wie der legendäre Apple-Gründer hat auch Huang einen Signature-Look. Statt schwarzen Rollkragenpullovern trägt er jedoch eine schwarze Lederjacke.

Er trug sie auf dem Cover des "Time"-Magazin, als er 2021 zum "Mann des Jahres" gekürt wurde, und bei allen Auftritten als Keynote-Speaker ab dem Jahr 2018. Nur wenige CEOs stehen in Kalifornien so sehr als Synonym für ihre Unternehmen wie Huang.

Wir hatten den Mut, unseren eigenen Weg zu gehen

Der 60-Jährige trägt sogar ein vom Nvidia-Logo inspiriertes Tattoo auf einem Arm. Wie Steve Jobs musste übrigens auch Jensen Huang erst an einer Pleite vorbeischrammen, bevor er den Höhenflug geschafft hat. Fachmagazine beschreiben ihn übereinstimmend als humorbegabten, empathischen Zeitgenossen. Mitarbeiter loben ihn als Chef mit dem Zeug zu positiver Motivation. Oft wird auch die Geschichte seiner Kindheit erzählt, um dem Erfolgsgeheimnis des Nvidia-Bosses auf die Spur zu kommen.

Versehentlich auf der falschen Schule

Huang wurde als Jen-Hsun Huang in Taiwan geboren und lebte mit seinen Eltern und seinem Bruder ab seinem fünften Lebensjahr in Thailand. Als er neun Jahre alt war, zog die Familie in die USA und schickte die Söhne auf ein Internat. Aus Versehen wählte sie ein strenges Baptisteninternat, das Oneida Baptiste Institute im Süden Kentuckys, wie der Unternehmer der BBC im Jahr 2010 erzählte.

"Ich erinnere mich, dass ich Angst hatte und traurig war. Auf der anderen Seite landet man als Kind in Amerika, und alles ist groß und schön und hell mit tollen Restaurants wie McDonald's und Pizza Hut!" Bestätigt ist auch, dass er im Internat täglich die Toiletten reinigen musste, diese Zeit der strengen Regeln aber als prägende Erfahrung erachtet. Damals habe er gelernt, bei allem immer sein Bestes zu geben, so Huan.

Die High School absolvierte er nach einem neuerlichen Umzug in Oregon, wo er im Sport beeindrucken konnte. Sports Illustrated nannte ihn 1978 den "vielleicht vielversprechendsten Junior, der je im Nordwesten Tischtennis gespielt hat". Huang war 15 Jahre alt, als er bei der US-Tischtennismeisterschaft Platz drei im Junioren-Doppel erreichte.

Er verließ die Schule als Vorzugsschüler und lobt sie bis heute in höchsten Tönen. Zuletzt finanzierte er die Errichtung eines neuen Wohn- und Lerntrakts für das Internat um zwei Millionen Dollar.

Im Imbissladen zur Milliarden-Idee

An der Oregon State University studierte Huang Elektrotechnik und entdeckte seine Leidenschaft für Computertechnik. Es war der Ort, an dem er auch seine spätere Frau Lori kennenlernte. Die beiden haben zwei Kinder, Tochter Madison und Sohn Spencer. An der Universität Stanford setzte der Nvidia-CEO 1993 noch einen Masterabschluss in Elektrotechnik drauf und arbeitete nebenbei in zwei von Silicon Valleys Softwareunternehmen.

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Der Nvidia-Gründer Jensen Huang (2. v. re.) mit Frau Lori (2. v. li.), Tochter Madison (li.) und Sohn Spencer (re.)

© MediaNews Group via Getty Images

Jensen Huang war 30 Jahre alt, als er mit dem Abschluss in der Tasche und zwei Mitstreitern, Curtis Priem und Chris Malachowsky, Nvidia gründete. Im wenig glamourösen Imbissladen Denny's in East San Jose schwor sich das Trio auf die Idee hinter Nvidia ein - Chips für grafikbasierte Computer - und beschloss, alles auf eine Karte zu setzen.

Daran glauben und dabei bleiben

"Alles" waren damals 40.000 Dollar, die die drei jungen Männer gemeinsam aufbringen konnten. Die folgenden Jahrzehnte sahen viele Hochs und viele Tiefs. So beschrieb es CEO Huang vor Kurzem bei einer Rede vor Studenten an der Nationaluniversität Taiwan.

Nach dem Scheitern eines Vertrags mit einem Konsolenhersteller sei man wenige Monate vom Bankrott entfernt gewesen, erzählte er, und auch, dass es Ende der Nullerjahre zwei wirtschaftlich überaus kritische Phasen für das Unternehmen gegeben habe. Der Rat, den der Mann der Stunde der nächsten Generation mitgibt, erwähnt den berühmten langen Atem.

"Wir haben vor etwa zehn Jahren erkannt, dass diese Art der Softwareentwicklung in Richtung künstliche Intelligenz alles verändern kann. Dann haben wir das Unternehmen von unten nach oben radikal adaptiert. Jeder Chip, den wir seitdem hergestellt haben, war auf künstliche Intelligenz ausgerichtet", sagte Huang in seiner Rede. Wenig später präsentiert er der Welt sein Rekordquartal.

Dieser Beitrag erschien ursprünglich in der News-Printausgabe Nr. 35/2023.

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