Andreas Babler und die Gesetze der Macht

Was man aus den ersten Entscheidungen des SPÖ-Chefs alles lesen könnte. Und was ein Macht-Experte dem unterlegenen Hans Peter Doskozil raten würde.

von Renate Kromp © Bild: Ian Ehm/News

Die ersten Personalentscheidungen des Neuen bekommen besondere Aufmerksamkeit. Das ist in jeder Partei so. Bei Andreas Babler ist es nicht anders, auch wenn die Art und Weise, wie er SPÖ-Chef wurde, ohnehin schon für sehr viel Tohuwabohu gesorgt hat. Wie legt er es an? Wer sind seine Vertrauten, wie tariert er die Gewichte in der Partei aus? Babler hat Leute für die wichtigsten Positionen im Parlament und im Parteimanagement ausgewählt, die nicht mehr schillern als er. Sie haben wie er Wurzeln in der Parteijugend (lange war das in der Politik kein besonderes Karrierefördernis, aber seit Sebastian Kurz und der JVP sieht man: Mitgliedschaft kann sich lohnen), sie sind loyal und berechenbar. Man steht ideologisch auf einem Fundament.

Als Parteimanager hat Babler neben Sandra Breiteneder den früheren SPÖ-Niederösterreich-Geschäftsführer Klaus Seltenheim geholt. Dieser hat den erfolglosen Landtagswahlkampf von Franz Schnabl organisiert. Man wird sehen, wie er sich im Nationalratswahlkampf bewährt. Frauen haben im Team, neben der Co-Rolle in der Parteizentrale, nur Stellvertreterinnenfunktionen. Es ist - sorry, SPÖ - immer das Gleiche.

»Frauen in Co- und Stellvertreterinnenrollen. Es ist - sorry, SPÖ - immer das Gleiche«

Auf TikTok feiert das vor 25 Jahren erschienene Buch "Power. Die 48 Gesetze der Macht" von Robert Greene fröhliche Urständ. Gesetz Nummer sieben lautet: "Lass andere für dich arbeiten, doch streiche immer die Anerkennung dafür ein." So macht man das als Chef. Für die Neuen neben Babler gilt Gesetz Nummer eins: "Stelle nie den Meister in den Schatten." Dass Babler als geschäftsführenden Klubobmann Philip Kucher vorgeschlagen hat, der in den letzten Monaten Hans Peter Doskozil unterstützt hat, fällt unter Gesetz zwei ("Vertraue deinen Freunden nie zu sehr - bediene dich deiner Feinde") oder schlicht unter Vernunft. Die SPÖ macht noch immer den Eindruck einer sich aufreibenden Interessengruppierung, die zwar durch einige unverrückbare Werte zusammengehalten wird, aber an gegenseitigem Misstrauen krankt. Da kann ein demonstrativer Akt der Einbindung des einstigen Kontrahenten helfen.

Viele in der Partei (z. B. die Wiener SPÖ, wenn es um die Direktwahl des Chefs geht) halten sich an Gesetz 45: "Predige den notwendigen Wandel, aber ändere nie zu viel auf einmal." Babler hat vieles angekündigt. Bei einigem - etwa Flucht und Migration - widersprechen schon jetzt wesentliche Vertreter der SPÖ. Ebenso, was seine Aussagen zur ÖVP betrifft, sie müsse erst "koalitionsfähig" werden, bevor man mit ihr regieren wolle. Möglicherweise wird der neue SPÖ-Chef noch sehr viel Pragmatismus an den Tag legen müssen, mit der Gefahr, seine Fans zu enttäuschen. Vor seiner Wahl galt Gesetz 27 ("Befriedige das menschliche Bedürfnis, an etwas zu glauben, und fördere einen Kult um deine Person"), jetzt muss Nummer 30 her: "Alles muss ganz leicht aussehen."

Aber im Ernst: Politik ist kein Strategiespiel, und am besten wäre es, Babler und sein Team würden einfach ihren Job so machen, dass sich die Partei stabilisiert und Wählerinnen und Wähler das Vertrauen in die Demokratie behalten.

Auch für Doskozil hat Herr Greene übrigens Rat parat: "Vergiss, was du nicht haben kannst - es zu ignorieren, ist die beste Rache" (Nummer 36).

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