von
Vergangene Woche hat der 10. Senat des Obersten Gerichtshofs (OGH) geurteilt, dass Paragraf 6 Abs 2 Z 4 des Konsumentenschutzgesetzes - dieser untersagt Wertanpassungen innerhalb von zwei Monaten nach Vertragsabschluss zwischen einem Unternehmen und einem Konsumenten, wenn diese nicht individuell ausgehandelt wurden - nicht auf Mietverträge und andere Dauerschuldverhältnisse anzuwenden ist. Der Paragraf gilt nach Ansicht des Gerichts nur bei Verträgen, bei denen der Unternehmer seine Leistungen innerhalb von zwei Monaten vollständig erbringt.
Der OGH hat damit nach Ansicht von Rechtsexperten seine Rechtsprechung geändert, Klarheit wurde aber nicht geschaffen. Denn aktuell seien noch viele Individualverfahren rund um das Thema offen und ein anderer Senat des OGH könnte wieder anders über die Thematik entscheiden, sagte die Obfrau des Verbraucherschutzvereins (VSV), Daniela Holzinger-Vogtenhuber, am Montag im "Ö1-Morgenjournal" des ORF.
Die Entscheidung des 10. Senat habe jedenfalls "die Rechtswidrigkeit von Handlungen, die bisher verpönt gewesen sind, einfach beseitigt" und gehe zulasten vieler Konsumenten. Die VSV-Obfrau fordert den Einsatz eines verstärkten Senats, der auf breiter Basis entscheiden solle, ob es eine Änderung der Judikatur geben soll. Auch die Regierung sei gefragt, um mehr Rechtssicherheit zu schaffen - auch was andere Dauerschuldverhältnisse wie Energielieferverträge oder Kreditverträge betreffe. Bis Herbst will die Bundesregierung hierzu eine Lösung finden.
Sowohl der als auch die AK weisen am Montag darauf hin, dass aufgrund der Entscheidung dennoch nicht jede Wertsicherungsklausel automatisch gültig sein muss. Es gebe weiterhin Gründe, warum eine Ungültigkeit gegeben sein könnte. Eine Wertsicherungsklausel könnte etwa unklar formuliert sein oder vordatiert - also so ausgestaltet, dass sie schon vor Vertragsbeginn eine Mieterhöhung bedingt. Auch eine Klausel, die nur Erhöhungen, aber keine Senkungen zulasse, ist laut AK rechtswidrig.
Beide Organisationen wollen deshalb weiterhin für Konsumentinnen und Konsumenten kämpfen, die Mieterhöhungen rückfordern wollen. Die AK führe derzeit mehrere Musterverfahren, um zu klären welche Klauseln tatsächlich unzulässig sind. Mit Entscheidungen rechnet sie aber frühestens im kommenden Jahr. Auch der VSV setzt seine Sammelaktion vorerst fort und will die Entscheidungen in weiteren Individualverfahren abwarten.
Vertreter der Immobilienbranche äußerten sich positiv zu dem Urteil. Die Vereinigung Österreichischer Projektentwickler (VÖPE) begrüßte die Gerichtsentscheidung und bewarb gleichzeitig ihren bereits vor einigen Wochen vorgestellten Wohnkostenindex, den sie für die Berechnung von Mieterhöhungen vorschlägt. Dabei handelt es sich um einen Mischindex, der zu 70 Prozent aus der Kerninflation, also dem Verbraucherpreisindex (VPI) ohne Energiepreisanstieg und extreme Schwankungen, und zu 30 Prozent aus dem Baukostenindex bestehen solle. Dies würde die wirtschaftliche Lage besser abbilden als die reinen Inflationsdaten und Schwankungen glätten.
Die Wiener Fachgruppe der Immobilien- und Vermögenstreuhänder sieht in der Gerichtsentscheidung "ein Signal für Stabilität in Österreich". "Eine anderslautende Entscheidung hätte schwerwiegende Folgen, nicht nur für die gewerbliche Immobilienwirtschaft, gehabt, auch für den kommunalen Wohnbereich und letztlich für die Gesamtwirtschaft," sagte der Fachgruppen-Obmann Michael Pisecky. Er gehe davon aus, dass das Urteil Bestand habe. Die Regierung müsse diese rechtliche Sicherheit nun verankern. Auch die niederösterreichische Fachgruppe freute sich über das Urteil des OGH.