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Der Schattenherrscher

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©Lisa Leutner / REUTERS / picturedesk.com

Exklusiv: Ein Bericht der Spezialermittler der Soko Signa gibt tiefe Einblicke in das Machtgefüge der Signa-Welt. Keine wesentliche Entscheidung wurde ohne ihn getroffen: René Benko

Gegenüber den Ermittlern präsentiert sich Benko mittlerweile gerne als bloßer Berater und Impulsgeber. Die Entscheidungen, so seine Darstellung, hätten ausschließlich Geschäftsführer und Vorstände getroffen. Die Beamten der Soko halten diese Version jedoch für wenig glaubwürdig. Ein 120-seitiger, News und „Krone“ vorliegender Bericht zur „Machthaberschaft“ zeichnet anhand von Hunderten Mails, Chats und internen Unterlagen ein anderes Bild: jenes eines Firmenpatriarchen, der bis zuletzt tief in das operative Geschäft eingriff – und am Ende selbst die entscheidenden Weichen stellte.

Bereits kleine Details geben Aufschluss über Benkos Rolle. Am 7. März 2022 schrieb ein Signa-Mitarbeiter an einen Kollegen: „Hallo Arthur, kannst Du bitte die Kohle losschicken, Rene hat freigegeben.“ Eine interne E-Mail, die für die Ermittler symptomatisch wirkt: Benkos Wort dürfte genügt haben.

„Cooler“ Kredit

Vor allem bei Finanzierungen führte kein Weg an ihm vorbei. In einer Mail an die Schweizer Bank Julius Bär schrieb er 2021: „Laura PS hat gestern erfolgreich 5 % Aktien an der SIGNA Development an die Peugeot Holding verkauft und will jetzt wie zugesagt die Vermögensverwaltung bei JB um weitere 65m aufstocken.“ Anschließend listete Benko akribisch Sicherheiten, Laufzeiten und Beleihungsquoten auf – und setzte, ohne selbst auch nur eine offizielle Funktion in der Signa oder den Stiftungen innezuhaben, noch einen Satz hinterher: „Einen cooleren Kredit kann eine Bank sich gar nicht wünschen.“

Freigaben

Gerade bei Development-Projekten liefen Freigaben direkt über seinen Tisch. Im Februar 2021 fragte ein Manager wegen einer Zwischenfinanzierung für ein Berliner Bauvorhaben nicht beim Vorstand an, sondern direkt beim Signa-Gründer: „@ Rene Benko: ist dir dies ebenfalls bekannt und kann so durchgeführt werden?“ Auch bei Budgets galt dasselbe Muster. „Ein definitives ‚Baubudget‘ wird erst (…) durch Rene freigegeben werden“, schrieb Signa-Manager Christoph Stadlhuber im Februar 2023 über ein 2,5-Millionen-Development-Projekt. Ob kleinere Maßnahmen oder große Investitionen – der gesamte Bericht liest sich wie ein Protokoll seiner Freigaben.

Pferde-Investments

Auch Verträge schloss Benko offenbar selbst ab. Besonders deutlich zeigt sich das bei einer Korrespondenz mit dem deutschen Pferdesport-Investor Ludger Beerbaum im März 2023. Benko schrieb: „Hiermit bestätige ich Dir in Vollmacht, dass der Kaufvertrag mit heutigem Datum zustande gekommen ist und Rechtsverbindlichkeit erlangt.“ Er fügte hinzu: „Die unterschriebene Fassung des Vertrags werden wir Dir morgen Vormittag vorab mit Scan mailen und dann zwei Originale nach Riesenbeck schicken – mit der Bitte, ein Original samt Rechnung direkt an mich, SIGNA Holding GmbH, Maria-Theresien-Straße 31 in 6020 Innsbruck, zu retournieren.“

Den Ermittlern zufolge ging es dabei um den Ankauf des Pferdes „Just be Gentle“, das Beerbaums Firma an eine Tochter der Laura Stiftung verkaufte – für insgesamt 2,38 Millionen Euro. Auch nach Abschluss des Vertrags blieb Benko persönlich involviert. Als Beerbaum ungeduldig nachfragte: „Hallo Rene, denkst du, die erste Rate für Just be Gentle kann kurzfristig überwiesen werden? Ich gerate etwas in Erklärungsnot, wenn es noch länger dauert“, antwortete Benko selbst: „Check ich gleich – wann war der vereinbarte Zahlungstermin?“ Für die Ermittler ist dieser Schriftverkehr ein weiteres Indiz: Benko war nicht bloß Berater, sondern derjenige, der Geschäfte einleitete, Verträge fixierte und sogar Ratenzahlungen koordinierte.

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COOLER KREDIT: Das Schweizer Bankhaus war vor dem Zusammenbruch im Herbst 2023 einer der wichtigsten Geldgeber des Signa-Konglomerats

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Finalisiert mit „René“

Auch intern galt alles: „bis Rene es freigegeben hat“. Christoph Stadlhuber, damals Vorstand der Signa Prime, schrieb im Juni 2021 über ein Dokument: „Bitte nochmal um kritische Durchsicht, bevor wir es von Rene freigeben lassen. Ziel wäre, dass wir die interne Kommunikation über ICE (Anm.: internes Buchhaltungssystem) am Donnerstag Früh kommunizieren.“ Wenige Tage später meldete er zurück: „Hier die heute Früh mit Rene finalisierte Version, die so morgen Vormittag übers ICE veröffentlicht werden soll.“

Damit nicht genug: Schon im Mai 2020 hatte Stadlhuber Benko bei einer geplanten Transaktion von Aktien einer Signa-Tochter eingebunden. „Nachdem wir im Sept das Aktienpaket besprochen haben, müsste die Basis für den Discount (…) sein. Korrekt? Mit TPA muss ich noch das Steuerthema für den ‚geldwerten Vorteil‘ final klären.“ Auch hier legte er Benko die Berechnungen vor und bat um dessen Zustimmung. Selbst Vorstandspapiere und interne Kommunikationslinien gingen nicht ohne die letzte Hand des Gründers hinaus – steuerliche Fragen und Discounts liefen über seinen Schreibtisch.

„Großes Problem mit der Bank“

Besonders plakativ wird Benkos Zugriffin den Nachrichten mit seinem Investor und Förderer Hans Peter Haselsteiner, die sich wohl um ein Sponsoring der Tiroler Festspiele Erl drehten. Am 27. Dezember 2022 schrieb Haselsteiner: „Servus aus Erl! Dürfen sie noch mit deiner zugesagten Unterstützung rechnen? Lg hph.“ Benko antwortete kurz darauf: „Ja bin mit meiner Stiftung und Bank dran für morgen – bin mit Harder (Anm. ein Vorstand der Haselsteiner-Stiftung und Finanzchef der Strabag) auch direkt in Kontakt – melde mich gleich morgen früh bei Harder – Grüße von Lech nach Erl, herzliche Grüße RB.“

Wenige Tage später, am 3. Jänner 2023, meldete sich Haselsteiner erneut: „Lieber Rene! Die Erler haben ein großes Problem mit der Bank, weil die 1,420 Mio. fehlen! Kannst du eruieren, wo sie hängen geblieben sind und wann sie verlässlich angewiesen werden? Lg hph.“ Benko reagierte prompt: „Mach ich sofort, herzliche Grüße.“ Am 4. Jänner 2023 folgte schließlich die Bestätigung: „Guten Morgen! 1,42m werden heute angewiesen, unser Leiter Buchhaltung fährt am Vormittag ins Büro. Herzliche Grüße Rene.“

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