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Glücklicherweise wird das Virus, das vor allem unter Wildtieren und seit einiger Zeit auch unter Nutztieren kursiert, wahrscheinlich noch nicht von Mensch zu Mensch übertragen. Bei dem momentan global munter zirkulierenden Vogelgrippevirus handelt es sich um eine laut Krammer "sehr fitte" neue Variante, die die Bezeichnung "Klade 2.3.4.4b" trägt und im Jahr 2020 auftauchte. Für den am Ignaz Semmelweis Institut in Wien sowie der Icahn School of Medicine at Mount Sinai in New York (USA) tätigen Virologen ist die aktuelle Situation ein Paradebeispiel für "One Health" - also das gesamthafte Betrachten der Gesundheit von Mensch und Tier. Dieses Konzept ist auch das Thema der AGES-Veranstaltung, die am Dienstag endet.
Auf die Entwicklung von H5N1 "muss man ein Auge haben", betonte Krammer. Denn die größeren Influenza-Pandemien der vergangenen mehr als 100 Jahre mit immer wieder auch Millionen toten Menschen tauchten immer dann auf, wenn ein Abkömmling der "Influenza A", wie es auch H5N1 ist, von Tieren auf den Menschen übergesprungen ist. Von derartigen Erregern zirkulieren in Tieren insgesamt recht viele Subtypen. Als Reservoirs fungieren vor allem Meeresvögel, Fledermäuse, aber auch Säuge- und Nutztiere. Zum Problem wird das, wenn es viel genetischen Austausch zwischen Mensch und Tier und viel Mensch-Tier-Interaktion gibt.
Besonders gefährlich könnte es werden, wenn Menschen gleichzeitig mit saisonalen Grippeviren und H5N1, angesteckt durch direkten Tierkontakt, infiziert sind. Mischt sich das Erbgut dieser beiden Varianten auf sehr ungünstige Weise - übernimmt eine neue Variante also sozusagen die Gefährlichkeit und Übertragbarkeit der Vogelgrippe und zusätzlich die gute Anpassung an Mensch bzw. Säugetier der saisonalen Viren - dann hätte man es mit einer "gefährlichen Situation" zu tun, die historisch zu Pandemien geführt hat, sagte Krammer.
Glücklicherweise gab es bisher vor allem in Europa noch wenige nachgewiesene Infektionen in Menschen, von denen die allermeisten glimpflich verlaufen sind. Weiter ein Problem ist aber, dass H5N1 in Nordamerika den Sprung in Kühe geschafft hat, was man dort "nach wie vor nicht unter Kontrolle" hat. Hier infiziert das Virus vornehmlich die Milchdrüsen und erreicht dort auch besonders hohe Konzentrationen. In abgetöteter Form findet man es seit einiger Zeit auch in der Milch in den USA.
Nicht komplett auszuschließen sei, dass es in Nordamerika bereits zu Mensch-zu-Mensch-Übertragungen mit H5N1 gekommen ist, meinte Krammer. Eine Bestätigung dafür stehe aber noch aus. Gäbe es mehr Vogelgrippe-Infektionen unter Menschen, könnte man jedenfalls etwas tun: Die Medikamente Baloxavir und Tamiflu sollten hier hilfreich sein. Laut Krammer könnte man auch die gängigen saisonalen Grippe-Impfstoffe relativ rasch auf H5 umstellen.
Menschen, die viel Kontakt mit gefährdeten Tieren haben, wie Veterinäre, Geflügelbauern und Jäger, sollten jedenfalls unbedingt heuer eine Impfung gegen die saisonale Influenza in Erwägung ziehen. Zusätzlich gibt es auch in Österreich bereits "die Möglichkeit, dass sich Leute in Risikogruppen mit einem H5-Impfstoff immunisieren lassen", sagte der Virologe bereits vor der Konferenz gegenüber APA-Science: "Dies schützt natürlich auch vor solchen Infektionen." Für Hühner ist ebenfalls ein Impfstoff verfügbar. "Er wird zum Beispiel in Frankreich erfolgreich angewendet", so Krammer.
Service: Ein Vorab-Bericht zu der AGES-Veranstaltung "Eine Gesundheit für alle" (https://go.apa.at/KYc3cB0W) ist im Rahmen einer Medienkooperation auf APA-Science am Montag erschienen und unter https://science.apa.at/power-search/6198455693878374273 einsehbar.






